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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

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Griechisch. Vocalische lautgesetze.
servus, ursprünglich gewiss hostis, inimicus), davon *dasja-ja-
mi
= desio-jo-mi, worauß deio-o wird, davon 3. plur. optat.
grundf. das-ja-jai-nt, im griechischen mit überflüßigem, unur-
sprünglichem e vor der personalendung, als laute die grundf.
*dasja-jai-ant = deio-oi-en und sodann mit o = ai in folge
unursprünglicher denung des oi zu o, deiooen. Nach Aufrecht
in Kuhns Zeitschrift VII, 312 flg. gehört deios, in der form
dawios als äolisch bezeugt, zu wurz. du; die grundformen von
deios, deiooen wären demnach *davja-s, *davja-jai-ant). Die diph-
thonge a, e, o sind nur secundäre zusammenziehungsproducte.

Wärend der außlaut, wenige erscheinungen, wie die teil-
weise kürzung von a zu a im femininum und änliches auß ge-
nommen (vgl. §. 34) noch nicht auf die vocale zerstörend wirkt,
und auch die vocale der inlautenden silben keinen nachweisba-
ren einfluß auf einander auß üben, tritt eine wesentliche und
für die sprache charakteristische veränderung des ursprüngli-
cheren vocalismus durch consonantische einflüße hervor. Wich-
tig sind vor allem die veränderungen in folge der abneigung
der griechischen sprache gegen die im indogermanischen ur-
sprünglich häufigen spiranten j, v, s; j und v werden zu i
und u, in gewissen fällen auch zu e, und treten auch als i und u
auß der folgenden silbe in die vorher gehende; j, v und s fallen
ferner zwischen vocalen auß. Nach abfall und erweichung von
consonanten treten häufige vocaldenungen ein. Consonantischem
anlaute wird nicht selten ein vocalischer vorschlag bei gegeben.

Vocalisierung und umstellung von j und u.

§. 40.

1. j wird zu i und v zu u, z. b. stammbildungselement
urspr. ja, griech. io: patr-io-s, vgl. patr-ius, von stamm pater,
vgl. altind. pitr-ja-s urspr. patar-ja-s; ag-io-s, vgl. altind. jag-
ja-s
(colendus); in den dorischen futurformen auf sio für
*sjo urspr. sjami; im genit. sg. msc. neutr. der a-stämme auf
urspr. -asja, griech. mit verlust des s, -oio, z. b. ippo-io auß
*ikwo-sjo = altind. acva-sja urspr. akva-sja; optativelement ie
urspr. u. altind. ja, z. b. eien für *es-je-m = urspr. as-ja-m
mit verlust des s zwischen vocalen u. a. m.; part. praeter. act.
femin. auf uia auß ursprünglichen -vant-ja, -vans-ja; auß lezte-

Griechisch. Vocalische lautgesetze.
servus, ursprünglich gewiss hostis, inimicus), davon *dâsja-jâ-
mi
= δησιο-ϳω-μι, worauß δηϊό-ω wird, davon 3. plur. optat.
grundf. dâs-ja-jai-nt, im griechischen mit überflüßigem, unur-
sprünglichem ε vor der personalendung, als laute die grundf.
*dâsja-jai-ant = δηϊό-οι-εν und sodann mit = ai in folge
unursprünglicher denung des οι zu , δηϊόῳεν. Nach Aufrecht
in Kuhns Zeitschrift VII, 312 flg. gehört δήϊος, in der form
δάϝιος als äolisch bezeugt, zu wurz. du; die grundformen von
δήϊος, δηιόῳεν wären demnach *dâvja-s, *dâvja-jai-ant). Die diph-
thonge , , sind nur secundäre zusammenziehungsproducte.

Wärend der außlaut, wenige erscheinungen, wie die teil-
weise kürzung von zu α im femininum und änliches auß ge-
nommen (vgl. §. 34) noch nicht auf die vocale zerstörend wirkt,
und auch die vocale der inlautenden silben keinen nachweisba-
ren einfluß auf einander auß üben, tritt eine wesentliche und
für die sprache charakteristische veränderung des ursprüngli-
cheren vocalismus durch consonantische einflüße hervor. Wich-
tig sind vor allem die veränderungen in folge der abneigung
der griechischen sprache gegen die im indogermanischen ur-
sprünglich häufigen spiranten j, v, s; j und v werden zu ι
und υ, in gewissen fällen auch zu ε, und treten auch als ι und υ
auß der folgenden silbe in die vorher gehende; j, v und s fallen
ferner zwischen vocalen auß. Nach abfall und erweichung von
consonanten treten häufige vocaldenungen ein. Consonantischem
anlaute wird nicht selten ein vocalischer vorschlag bei gegeben.

Vocalisierung und umstellung von j und υ.

§. 40.

1. j wird zu ι und v zu υ, z. b. stammbildungselement
urspr. ja, griech. ιο: πάτϱ-ιο-ς, vgl. patr-ius, von stamm πατεϱ,
vgl. altind. pítr-ja-s urspr. patar-ja-s; ἅγ-ιο-ς, vgl. altind. jaǵ-
ja-s
(colendus); in den dorischen futurformen auf σίω für
*σϳω urspr. sjâmi; im genit. sg. msc. neutr. der a-stämme auf
urspr. -asja, griech. mit verlust des s, -οιο, z. b. ἵππο-ιο auß
*ἰϰϝο-σϳο = altind. áçva-sja urspr. akva-sja; optativelement ιη
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mit verlust des s zwischen vocalen u. a. m.; part. praeter. act.
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[57/0071] Griechisch. Vocalische lautgesetze. servus, ursprünglich gewiss hostis, inimicus), davon *dâsja-jâ- mi = δησιο-ϳω-μι, worauß δηϊό-ω wird, davon 3. plur. optat. grundf. dâs-ja-jai-nt, im griechischen mit überflüßigem, unur- sprünglichem ε vor der personalendung, als laute die grundf. *dâsja-jai-ant = δηϊό-οι-εν und sodann mit ῳ = ai in folge unursprünglicher denung des οι zu ῳ, δηϊόῳεν. Nach Aufrecht in Kuhns Zeitschrift VII, 312 flg. gehört δήϊος, in der form δάϝιος als äolisch bezeugt, zu wurz. du; die grundformen von δήϊος, δηιόῳεν wären demnach *dâvja-s, *dâvja-jai-ant). Die diph- thonge ᾳ, ῃ, ῳ sind nur secundäre zusammenziehungsproducte. Wärend der außlaut, wenige erscheinungen, wie die teil- weise kürzung von ᾱ zu α im femininum und änliches auß ge- nommen (vgl. §. 34) noch nicht auf die vocale zerstörend wirkt, und auch die vocale der inlautenden silben keinen nachweisba- ren einfluß auf einander auß üben, tritt eine wesentliche und für die sprache charakteristische veränderung des ursprüngli- cheren vocalismus durch consonantische einflüße hervor. Wich- tig sind vor allem die veränderungen in folge der abneigung der griechischen sprache gegen die im indogermanischen ur- sprünglich häufigen spiranten j, v, s; j und v werden zu ι und υ, in gewissen fällen auch zu ε, und treten auch als ι und υ auß der folgenden silbe in die vorher gehende; j, v und s fallen ferner zwischen vocalen auß. Nach abfall und erweichung von consonanten treten häufige vocaldenungen ein. Consonantischem anlaute wird nicht selten ein vocalischer vorschlag bei gegeben. Vocalisierung und umstellung von j und υ. 1. j wird zu ι und v zu υ, z. b. stammbildungselement urspr. ja, griech. ιο: πάτϱ-ιο-ς, vgl. patr-ius, von stamm πατεϱ, vgl. altind. pítr-ja-s urspr. patar-ja-s; ἅγ-ιο-ς, vgl. altind. jaǵ- ja-s (colendus); in den dorischen futurformen auf σίω für *σϳω urspr. sjâmi; im genit. sg. msc. neutr. der a-stämme auf urspr. -asja, griech. mit verlust des s, -οιο, z. b. ἵππο-ιο auß *ἰϰϝο-σϳο = altind. áçva-sja urspr. akva-sja; optativelement ιη urspr. u. altind. jâ, z. b. εἴην für *ἐσ-ϳη-μ = urspr. as-jâ-m mit verlust des s zwischen vocalen u. a. m.; part. praeter. act. femin. auf υια auß ursprünglichen -vant-jâ, -vans-jâ; auß lezte-

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/71>, abgerufen am 05.12.2024.