Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Lateinisch. Consonanten. Lautgesetze. Assimilation.
vocale ist dagegen die verdoppelung des zweiten lautes das
unterscheidende kenzeichen der wirklichen assimilation. Da
jedoch die verflüchtigung eines consonanten vor einem andern
wol kaum anders gefaßt werden mag, als durch anänlichung
an den folgenden bedingt, so bringen wir die fälle von conso-
nantenschwund vor consonanten ebenfals hier zur sprache.

Die verdoppelung der consonanten ward vor Ennius in
der schrift nicht bezeichnet; auf inschriften erscheint sie durch
greifend an gewant erst seit 640 d. st.

Beispile volkommener assimilation des vorher gehenden an
den folgenden consonanten nach kurzem vocale sind sum-mu-s
auß *sup-mu-s, vgl. sup-er, sup-erior, sup-remus; sel-la, lapil-
lus
auß *sed-la, vgl. sed-ere, *lapid-lus, vgl. lapid-em; puel-la
auß *puer-la, *pueru-la; asel-lus auß *asin-lus, *asinu-lus u. s. f.

Volkommene assimilation des vorher gehenden consonanten
an den folgenden nach langen vocalen; die schrift bezeichnet
in disem falle die verdoppelung nicht. Bekant ist die assimi-
lation (der wegfall) von d, t und häufig auch von n vor fol-
gendem s, ein vorher gehender kurzer vocal wird dann lang,
worin wir ein zeugnis für die einst wirklich vorhandene ver-
doppelung des consonanten zu sehen glauben, z. b. pes = ped-s,
vgl. ped-em, *miles, später erst miles, auß milet-s, vgl. milit-em;
formosus
auß formonsus, das suffix ist ursprünglich -vans auß
-vant, dessen v schwand; equos auß *equon-s, d. i. acc. equo-m
mit dem pluralzeichen s; consul neben cosul, quotiens = *quo-
tient-s
neben quoties; censor, censeo neben seltnerem cesor, ceseo
u. s. f. Bisweilen hat sich also die sprache früh für den auß-
fall von n entschiden, bisweilen hat dagegen das n länger und
in der späteren schriftsprache außschließlichen bestand.

Einem folgenden j assimiliert sich nicht selten vorher ge-
hendes g, j wird dann stäts einfach geschriben, aber der vor-
her gehende vocal wird lang, wenn er kurz war (vgl. §. 53, 1),
z. b. ma-jor auß *mag-jor, vgl. mag-nus wurz. mag urspr. magh
(crescere); a-jo auß *ag-jo, vgl. ad-ag-ium wurz. ag, altind. ah
urspr. agh (dicere); me-jo durch dissimilation (§. 52) auß *mei-jo
für *mig-jo, vgl. mi-n-g-o, wurz. mig, griech. mikh, urspr. migh.

Lateinisch. Consonanten. Lautgesetze. Assimilation.
vocale ist dagegen die verdoppelung des zweiten lautes das
unterscheidende kenzeichen der wirklichen assimilation. Da
jedoch die verflüchtigung eines consonanten vor einem andern
wol kaum anders gefaßt werden mag, als durch anänlichung
an den folgenden bedingt, so bringen wir die fälle von conso-
nantenschwund vor consonanten ebenfals hier zur sprache.

Die verdoppelung der consonanten ward vor Ennius in
der schrift nicht bezeichnet; auf inschriften erscheint sie durch
greifend an gewant erst seit 640 d. st.

Beispile volkommener assimilation des vorher gehenden an
den folgenden consonanten nach kurzem vocale sind sum-mu-s
auß *sup-mu-s, vgl. sup-er, sup-erior, sup-remus; sel-la, lapil-
lus
auß *sed-la, vgl. sed-ere, *lapid-lus, vgl. lapid-em; puel-la
auß *puer-la, *pueru-la; asel-lus auß *asin-lus, *asinu-lus u. s. f.

Volkommene assimilation des vorher gehenden consonanten
an den folgenden nach langen vocalen; die schrift bezeichnet
in disem falle die verdoppelung nicht. Bekant ist die assimi-
lation (der wegfall) von d, t und häufig auch von n vor fol-
gendem s, ein vorher gehender kurzer vocal wird dann lang,
worin wir ein zeugnis für die einst wirklich vorhandene ver-
doppelung des consonanten zu sehen glauben, z. b. pês = pĕd-s,
vgl. pĕd-em, *milês, später erst milĕs, auß milet-s, vgl. milit-em;
formôsus
auß formonsus, das suffix ist ursprünglich -vans auß
-vant, dessen v schwand; equôs auß *equon-s, d. i. acc. equo-m
mit dem pluralzeichen s; consul neben cosul, quotiens = *quo-
tient-s
neben quoties; censor, censeo neben seltnerem cesor, ceseo
u. s. f. Bisweilen hat sich also die sprache früh für den auß-
fall von n entschiden, bisweilen hat dagegen das n länger und
in der späteren schriftsprache außschließlichen bestand.

Einem folgenden j assimiliert sich nicht selten vorher ge-
hendes g, j wird dann stäts einfach geschriben, aber der vor-
her gehende vocal wird lang, wenn er kurz war (vgl. §. 53, 1),
z. b. mâ-jor auß *măg-jor, vgl. mag-nus wurz. mag urspr. magh
(crescere); â-jo auß *ăg-jo, vgl. ad-ăg-ium wurz. ag, altind. ah
urspr. agh (dicere); mê-jo durch dissimilation (§. 52) auß *mî-jo
für *mĭg-jo, vgl. mi-n-g-o, wurz. mig, griech. μιχ, urspr. migh.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0222" n="208"/><fw place="top" type="header">Lateinisch. Consonanten. Lautgesetze. Assimilation.</fw><lb/>
vocale ist dagegen die verdoppelung des zweiten lautes das<lb/>
unterscheidende kenzeichen der wirklichen assimilation. Da<lb/>
jedoch die verflüchtigung eines consonanten vor einem andern<lb/>
wol kaum anders gefaßt werden mag, als durch anänlichung<lb/>
an den folgenden bedingt, so bringen wir die fälle von conso-<lb/>
nantenschwund vor consonanten ebenfals hier zur sprache.</p><lb/>
                <p>Die verdoppelung der consonanten ward vor <hi rendition="#g">Ennius</hi> in<lb/>
der schrift nicht bezeichnet; auf inschriften erscheint sie durch<lb/>
greifend an gewant erst seit 640 d. st.</p><lb/>
                <p>Beispile volkommener assimilation des vorher gehenden an<lb/>
den folgenden consonanten nach kurzem vocale sind <hi rendition="#i">sum-mu-s</hi><lb/>
auß *<hi rendition="#i">sup-mu-s,</hi> vgl. <hi rendition="#i">sup-er</hi>, <hi rendition="#i">sup-erior</hi>, <hi rendition="#i">sup-remus; sel-la</hi>, <hi rendition="#i">lapil-<lb/>
lus</hi> auß *<hi rendition="#i">sed-la</hi>, vgl. <hi rendition="#i">sed-ere</hi>, *<hi rendition="#i">lapid-lus</hi>, vgl. <hi rendition="#i">lapid-em; puel-la</hi><lb/>
auß *<hi rendition="#i">puer-la</hi>, *<hi rendition="#i">pueru-la; asel-lus</hi> auß *<hi rendition="#i">asin-lus</hi>, *<hi rendition="#i">asinu-lus</hi> u. s. f.</p><lb/>
                <p>Volkommene assimilation des vorher gehenden consonanten<lb/>
an den folgenden nach langen vocalen; die schrift bezeichnet<lb/>
in disem falle die verdoppelung nicht. Bekant ist die assimi-<lb/>
lation (der wegfall) von <hi rendition="#i">d</hi>, <hi rendition="#i">t</hi> und häufig auch von <hi rendition="#i">n</hi> vor fol-<lb/>
gendem <hi rendition="#i">s</hi>, ein vorher gehender kurzer vocal wird dann lang,<lb/>
worin wir ein zeugnis für die einst wirklich vorhandene ver-<lb/>
doppelung des consonanten zu sehen glauben, z. b. <hi rendition="#i">pês</hi> = <hi rendition="#i">p&#x0115;d-s</hi>,<lb/>
vgl. <hi rendition="#i">p&#x0115;d-em</hi>, *<hi rendition="#i">milês</hi>, später erst <hi rendition="#i">mil&#x0115;s</hi>, auß <hi rendition="#i">milet-s</hi>, vgl. <hi rendition="#i">milit-em;<lb/>
formôsus</hi> auß <hi rendition="#i">formonsus,</hi> das suffix ist ursprünglich <hi rendition="#i">-vans</hi> auß<lb/><hi rendition="#i">-vant,</hi> dessen <hi rendition="#i">v</hi> schwand; <hi rendition="#i">equôs</hi> auß *<hi rendition="#i">equon-s</hi>, d. i. acc. <hi rendition="#i">equo-m</hi><lb/>
mit dem pluralzeichen <hi rendition="#i">s; consul</hi> neben <hi rendition="#i">cosul</hi>, <hi rendition="#i">quotiens</hi> = *<hi rendition="#i">quo-<lb/>
tient-s</hi> neben <hi rendition="#i">quoties; censor, censeo</hi> neben seltnerem <hi rendition="#i">cesor, ceseo</hi><lb/>
u. s. f. Bisweilen hat sich also die sprache früh für den auß-<lb/>
fall von <hi rendition="#i">n</hi> entschiden, bisweilen hat dagegen das <hi rendition="#i">n</hi> länger und<lb/>
in der späteren schriftsprache außschließlichen bestand.</p><lb/>
                <p>Einem folgenden <hi rendition="#i">j</hi> assimiliert sich nicht selten vorher ge-<lb/>
hendes <hi rendition="#i">g, j</hi> wird dann stäts einfach geschriben, aber der vor-<lb/>
her gehende vocal wird lang, wenn er kurz war (vgl. §. 53, 1),<lb/>
z. b. <hi rendition="#i">mâ-jor</hi> auß *<hi rendition="#i">m&#x0103;g-jor</hi>, vgl. <hi rendition="#i">mag-nus</hi> wurz. <hi rendition="#i">mag</hi> urspr. <hi rendition="#i">magh</hi><lb/>
(crescere); <hi rendition="#i">â-jo</hi> auß *<hi rendition="#i">&#x0103;g-jo</hi>, vgl. <hi rendition="#i">ad-&#x0103;g-ium</hi> wurz. <hi rendition="#i">ag</hi>, altind. <hi rendition="#i">ah</hi><lb/>
urspr. <hi rendition="#i">agh</hi> (dicere); <hi rendition="#i">mê-jo</hi> durch dissimilation (§. 52) auß *<hi rendition="#i">mî-jo</hi><lb/>
für *<hi rendition="#i">m&#x012D;g-jo,</hi> vgl. <hi rendition="#i">mi-n-g-o,</hi> wurz. <hi rendition="#i">mig</hi>, griech. <hi rendition="#i">&#x03BC;&#x03B9;&#x03C7;</hi>, urspr. <hi rendition="#i">migh</hi>.<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0222] Lateinisch. Consonanten. Lautgesetze. Assimilation. vocale ist dagegen die verdoppelung des zweiten lautes das unterscheidende kenzeichen der wirklichen assimilation. Da jedoch die verflüchtigung eines consonanten vor einem andern wol kaum anders gefaßt werden mag, als durch anänlichung an den folgenden bedingt, so bringen wir die fälle von conso- nantenschwund vor consonanten ebenfals hier zur sprache. Die verdoppelung der consonanten ward vor Ennius in der schrift nicht bezeichnet; auf inschriften erscheint sie durch greifend an gewant erst seit 640 d. st. Beispile volkommener assimilation des vorher gehenden an den folgenden consonanten nach kurzem vocale sind sum-mu-s auß *sup-mu-s, vgl. sup-er, sup-erior, sup-remus; sel-la, lapil- lus auß *sed-la, vgl. sed-ere, *lapid-lus, vgl. lapid-em; puel-la auß *puer-la, *pueru-la; asel-lus auß *asin-lus, *asinu-lus u. s. f. Volkommene assimilation des vorher gehenden consonanten an den folgenden nach langen vocalen; die schrift bezeichnet in disem falle die verdoppelung nicht. Bekant ist die assimi- lation (der wegfall) von d, t und häufig auch von n vor fol- gendem s, ein vorher gehender kurzer vocal wird dann lang, worin wir ein zeugnis für die einst wirklich vorhandene ver- doppelung des consonanten zu sehen glauben, z. b. pês = pĕd-s, vgl. pĕd-em, *milês, später erst milĕs, auß milet-s, vgl. milit-em; formôsus auß formonsus, das suffix ist ursprünglich -vans auß -vant, dessen v schwand; equôs auß *equon-s, d. i. acc. equo-m mit dem pluralzeichen s; consul neben cosul, quotiens = *quo- tient-s neben quoties; censor, censeo neben seltnerem cesor, ceseo u. s. f. Bisweilen hat sich also die sprache früh für den auß- fall von n entschiden, bisweilen hat dagegen das n länger und in der späteren schriftsprache außschließlichen bestand. Einem folgenden j assimiliert sich nicht selten vorher ge- hendes g, j wird dann stäts einfach geschriben, aber der vor- her gehende vocal wird lang, wenn er kurz war (vgl. §. 53, 1), z. b. mâ-jor auß *măg-jor, vgl. mag-nus wurz. mag urspr. magh (crescere); â-jo auß *ăg-jo, vgl. ad-ăg-ium wurz. ag, altind. ah urspr. agh (dicere); mê-jo durch dissimilation (§. 52) auß *mî-jo für *mĭg-jo, vgl. mi-n-g-o, wurz. mig, griech. μιχ, urspr. migh.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/222
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/222>, abgerufen am 05.12.2024.