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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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Es ist die älteste kindlichste ein-
fachste Religion, zu der ich zurück-
gekehrt bin. Ich verehre als vor-
züglichstes Sinnbild der Gottheit das
Feuer; und wo giebts ein schöneres,
als das was die Natur tief in die
weiche Brust der Frauen verschloß?
-- Weihe du mich zum Priester, nicht
um es müßig zu beschauen, sondern
um es zu befreyen, zu wecken, und
zu reinigen: wo es rein ist, erhält
es sich selber, ohne Wache und ohne
Vestalinnen.

Ich schreibe und schwärme, wie
du siehst, nicht ohne Salbung; aber
es geschieht auch nicht ohne Beruf,
und zwar göttlichen Beruf. Was
darf sich der nicht zutrauen, zu dem
der Witz selbst durch eine Stimme

Es iſt die älteſte kindlichſte ein-
fachſte Religion, zu der ich zurück-
gekehrt bin. Ich verehre als vor-
züglichſtes Sinnbild der Gottheit das
Feuer; und wo giebts ein ſchöneres,
als das was die Natur tief in die
weiche Bruſt der Frauen verſchloß?
— Weihe du mich zum Prieſter, nicht
um es müßig zu beſchauen, ſondern
um es zu befreyen, zu wecken, und
zu reinigen: wo es rein iſt, erhält
es ſich ſelber, ohne Wache und ohne
Veſtalinnen.

Ich ſchreibe und ſchwärme, wie
du ſiehſt, nicht ohne Salbung; aber
es geſchieht auch nicht ohne Beruf,
und zwar göttlichen Beruf. Was
darf ſich der nicht zutrauen, zu dem
der Witz ſelbſt durch eine Stimme

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[71/0076] Es iſt die älteſte kindlichſte ein- fachſte Religion, zu der ich zurück- gekehrt bin. Ich verehre als vor- züglichſtes Sinnbild der Gottheit das Feuer; und wo giebts ein ſchöneres, als das was die Natur tief in die weiche Bruſt der Frauen verſchloß? — Weihe du mich zum Prieſter, nicht um es müßig zu beſchauen, ſondern um es zu befreyen, zu wecken, und zu reinigen: wo es rein iſt, erhält es ſich ſelber, ohne Wache und ohne Veſtalinnen. Ich ſchreibe und ſchwärme, wie du ſiehſt, nicht ohne Salbung; aber es geſchieht auch nicht ohne Beruf, und zwar göttlichen Beruf. Was darf ſich der nicht zutrauen, zu dem der Witz ſelbſt durch eine Stimme

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/76>, abgerufen am 25.11.2024.