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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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Du wirst Mutter seyn! --

Lebe wohl Sehnsucht und du
leise Klage, die Welt ist wieder
schön, jetzt liebe ich die Erde, und
die Morgenröthe eines neuen Früh-
lings hebt ihr Rosenstrahlendes Haupt
über mein unsterbliches Daseyn.
Wenn ich Lorbeern hätte, würde ich
sie um deine Stirn flechten, um dich
einzuweihen zu neuem Ernst und zu
neuer Thätigkeit; denn auch für dich
beginnt nun ein anderes Leben. Da-
für gieb du mir den Myrthenkranz.
Es steht mir wohl an, mich jugend-
lich zu schmücken mit dem Sinnbilde
der Unschuld, da ich im Paradiese
der Natur wandle. Was vorher
war zwischen uns, ist nur Liebe ge-
wesen und Leidenschaft. Nun hat

Du wirſt Mutter ſeyn! —

Lebe wohl Sehnſucht und du
leiſe Klage, die Welt iſt wieder
ſchön, jetzt liebe ich die Erde, und
die Morgenröthe eines neuen Früh-
lings hebt ihr Roſenſtrahlendes Haupt
über mein unſterbliches Daſeyn.
Wenn ich Lorbeern hätte, würde ich
ſie um deine Stirn flechten, um dich
einzuweihen zu neuem Ernſt und zu
neuer Thätigkeit; denn auch für dich
beginnt nun ein anderes Leben. Da-
für gieb du mir den Myrthenkranz.
Es ſteht mir wohl an, mich jugend-
lich zu ſchmücken mit dem Sinnbilde
der Unſchuld, da ich im Paradieſe
der Natur wandle. Was vorher
war zwiſchen uns, iſt nur Liebe ge-
weſen und Leidenſchaft. Nun hat

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[223/0228] Du wirſt Mutter ſeyn! — Lebe wohl Sehnſucht und du leiſe Klage, die Welt iſt wieder ſchön, jetzt liebe ich die Erde, und die Morgenröthe eines neuen Früh- lings hebt ihr Roſenſtrahlendes Haupt über mein unſterbliches Daſeyn. Wenn ich Lorbeern hätte, würde ich ſie um deine Stirn flechten, um dich einzuweihen zu neuem Ernſt und zu neuer Thätigkeit; denn auch für dich beginnt nun ein anderes Leben. Da- für gieb du mir den Myrthenkranz. Es ſteht mir wohl an, mich jugend- lich zu ſchmücken mit dem Sinnbilde der Unſchuld, da ich im Paradieſe der Natur wandle. Was vorher war zwiſchen uns, iſt nur Liebe ge- weſen und Leidenſchaft. Nun hat

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/228>, abgerufen am 28.11.2024.