Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.Da er ihren Gesang vernahm, der Da er ihren Geſang vernahm, der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0199" n="194"/> Da er ihren Geſang vernahm, der<lb/> ſich rein und ſtark gebildet aus tie-<lb/> fer weicher Seele hob, da er ihn<lb/> mit dem ſeinigen begleitete, und ihre<lb/> Stimmen bald in Eins floſſen, bald<lb/> Fragen und Antworten der zarteſten<lb/> Empfindung wechſelten, für die es<lb/> keine Sprache giebt! Er konnte nicht<lb/> widerſtehn, er drückte einen ſchüch-<lb/> ternen Kuß auf die friſchen Lippen<lb/> und die feurigen Augen. Mit ewi-<lb/> gem Entzücken fühlte er das gött-<lb/> liche Haupt der hohen Geſtalt auf<lb/> ſeine Schulter ſinken, die ſchwarzen<lb/> Locken floſſen über den Schnee des<lb/> vollen Buſens und des ſchönen Rük-<lb/> kens, leiſe ſagte er <hi rendition="#g">herrliche Frau</hi>!<lb/> als die fatale Geſellſchaft unerwartet<lb/> hereintrat.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [194/0199]
Da er ihren Geſang vernahm, der
ſich rein und ſtark gebildet aus tie-
fer weicher Seele hob, da er ihn
mit dem ſeinigen begleitete, und ihre
Stimmen bald in Eins floſſen, bald
Fragen und Antworten der zarteſten
Empfindung wechſelten, für die es
keine Sprache giebt! Er konnte nicht
widerſtehn, er drückte einen ſchüch-
ternen Kuß auf die friſchen Lippen
und die feurigen Augen. Mit ewi-
gem Entzücken fühlte er das gött-
liche Haupt der hohen Geſtalt auf
ſeine Schulter ſinken, die ſchwarzen
Locken floſſen über den Schnee des
vollen Buſens und des ſchönen Rük-
kens, leiſe ſagte er herrliche Frau!
als die fatale Geſellſchaft unerwartet
hereintrat.
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