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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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samkeit wieder kindlich und schüch-
tern geworden. Er sehnte sich nach
einer Heimath und dachte an eine
schöne Ehe, die mit den Foderungen
der Kunst nicht streiten sollte. War
er dann unter der Blüthe junger
Mädchen, so fand er leicht eine oder
mehrere von ihnen liebenswürdig.
Heyrathen, meinte er, wolle er sie
gleich, wenn er sie schon nicht lie-
ben könne. Denn der Begriff und
selbst der Namen der Liebe war ihm
überheilig und blieb ganz in der
Ferne. Bey solchen Gelegenheiten
lächelte er dann über die scheinbare
Beschränktheit seiner augenblicklichen
Wünsche und fühlte wohl, wie un-
ermeßlich viel ihm noch fehlen möchte,
wenn sie durch einen Zauberschlag

ſamkeit wieder kindlich und ſchüch-
tern geworden. Er ſehnte ſich nach
einer Heimath und dachte an eine
ſchöne Ehe, die mit den Foderungen
der Kunſt nicht ſtreiten ſollte. War
er dann unter der Blüthe junger
Mädchen, ſo fand er leicht eine oder
mehrere von ihnen liebenswürdig.
Heyrathen, meinte er, wolle er ſie
gleich, wenn er ſie ſchon nicht lie-
ben könne. Denn der Begriff und
ſelbſt der Namen der Liebe war ihm
überheilig und blieb ganz in der
Ferne. Bey ſolchen Gelegenheiten
lächelte er dann über die ſcheinbare
Beſchränktheit ſeiner augenblicklichen
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ermeßlich viel ihm noch fehlen möchte,
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[186/0191] ſamkeit wieder kindlich und ſchüch- tern geworden. Er ſehnte ſich nach einer Heimath und dachte an eine ſchöne Ehe, die mit den Foderungen der Kunſt nicht ſtreiten ſollte. War er dann unter der Blüthe junger Mädchen, ſo fand er leicht eine oder mehrere von ihnen liebenswürdig. Heyrathen, meinte er, wolle er ſie gleich, wenn er ſie ſchon nicht lie- ben könne. Denn der Begriff und ſelbſt der Namen der Liebe war ihm überheilig und blieb ganz in der Ferne. Bey ſolchen Gelegenheiten lächelte er dann über die ſcheinbare Beſchränktheit ſeiner augenblicklichen Wünſche und fühlte wohl, wie un- ermeßlich viel ihm noch fehlen möchte, wenn ſie durch einen Zauberſchlag

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/191>, abgerufen am 25.11.2024.