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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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Fünftes Kapitel.
Vom Ursprunge der Sprachen
.

Es würden die Hypothesen über den Ursprung
der Sprache entweder ganz weggefallen sein, oder
doch eine ganz andre Gestalt gewonnen haben,
wenn man sie, statt sich willkührlicher Dichtung
zu überlassen, auf historische Forschung gegründet
hätte. Besonders aber ist es eine ganz willkühr-
liche und irrige Voraussetzung, daß Sprache und
Geistesentwickelung überall auf gleiche Weise an-
gefangen habe. Die Mannichfaltigkeit ist im
Gegentheile auch in dieser Rücksicht so groß, daß
man unter der Menge leicht irgend eine Spra-
che als bestätigendes Beispiel fast für jede bis
jetzt ersonnene Hypothese über den Ursprung der
Sprachen wird auffinden können.

Man gehe zum Beispiel das Wörterbuch
der Mantchousprache durch, und man wird erstau-


Fuͤnftes Kapitel.
Vom Urſprunge der Sprachen
.

Es wuͤrden die Hypotheſen uͤber den Urſprung
der Sprache entweder ganz weggefallen ſein, oder
doch eine ganz andre Geſtalt gewonnen haben,
wenn man ſie, ſtatt ſich willkuͤhrlicher Dichtung
zu uͤberlaſſen, auf hiſtoriſche Forſchung gegruͤndet
haͤtte. Beſonders aber iſt es eine ganz willkuͤhr-
liche und irrige Vorausſetzung, daß Sprache und
Geiſtesentwickelung uͤberall auf gleiche Weiſe an-
gefangen habe. Die Mannichfaltigkeit iſt im
Gegentheile auch in dieſer Ruͤckſicht ſo groß, daß
man unter der Menge leicht irgend eine Spra-
che als beſtaͤtigendes Beiſpiel faſt fuͤr jede bis
jetzt erſonnene Hypotheſe uͤber den Urſprung der
Sprachen wird auffinden koͤnnen.

Man gehe zum Beiſpiel das Woͤrterbuch
der Mantchouſprache durch, und man wird erſtau-

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[60/0079] Fuͤnftes Kapitel. Vom Urſprunge der Sprachen. Es wuͤrden die Hypotheſen uͤber den Urſprung der Sprache entweder ganz weggefallen ſein, oder doch eine ganz andre Geſtalt gewonnen haben, wenn man ſie, ſtatt ſich willkuͤhrlicher Dichtung zu uͤberlaſſen, auf hiſtoriſche Forſchung gegruͤndet haͤtte. Beſonders aber iſt es eine ganz willkuͤhr- liche und irrige Vorausſetzung, daß Sprache und Geiſtesentwickelung uͤberall auf gleiche Weiſe an- gefangen habe. Die Mannichfaltigkeit iſt im Gegentheile auch in dieſer Ruͤckſicht ſo groß, daß man unter der Menge leicht irgend eine Spra- che als beſtaͤtigendes Beiſpiel faſt fuͤr jede bis jetzt erſonnene Hypotheſe uͤber den Urſprung der Sprachen wird auffinden koͤnnen. Man gehe zum Beiſpiel das Woͤrterbuch der Mantchouſprache durch, und man wird erſtau-

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/79>, abgerufen am 23.11.2024.