Wir müßten freilich erst mehr Urkunden haben, um zu prüfen was in den indischen Bü- chern von Religionskriegen aus uralten Zeiten vorkömmt. An sich aber ist nicht unwahrschein- lich, daß schon sehr frühe, was später bei Gele- genheit der Buddhisten, geschehen sein mag, da die Neuerung zu sehr auch die alte Verfassung berührte, als daß sie ohne Krieg hätte vorüber- gehen können. Stoff genug zu Unruhen und Zwiespalt enthielt die große Verschiedenheit der Secten und Denkarten, die in Indien ehedem geherrscht haben, von denen allen das heutige System, welches sie nur in eine erträgliche Ver- einigung zu bringen suchte, noch Spuren ent- hält. Der gegenseitige Religionshaß der Perser und Aegypter könnte allein hinreichen, um die gewöhnliche Meinung, daß der Polytheismus der alten Welt durchaus tolerant sei, zu widerlegen. Wenn die Geringschätzung der Anhänger einer intellektuellen Religion, wie die persische war, gegen den polytheistischen Aberglauben oft in gewaltsame Bekehrungssucht übergeht, wie beim Kambyses, so erzeugt der mythische Volksglaube gegen die, welche sich absondern und höher er-
Wir muͤßten freilich erſt mehr Urkunden haben, um zu pruͤfen was in den indiſchen Buͤ- chern von Religionskriegen aus uralten Zeiten vorkoͤmmt. An ſich aber iſt nicht unwahrſchein- lich, daß ſchon ſehr fruͤhe, was ſpaͤter bei Gele- genheit der Buddhiſten, geſchehen ſein mag, da die Neuerung zu ſehr auch die alte Verfaſſung beruͤhrte, als daß ſie ohne Krieg haͤtte voruͤber- gehen koͤnnen. Stoff genug zu Unruhen und Zwieſpalt enthielt die große Verſchiedenheit der Secten und Denkarten, die in Indien ehedem geherrſcht haben, von denen allen das heutige Syſtem, welches ſie nur in eine ertraͤgliche Ver- einigung zu bringen ſuchte, noch Spuren ent- haͤlt. Der gegenſeitige Religionshaß der Perſer und Aegypter koͤnnte allein hinreichen, um die gewoͤhnliche Meinung, daß der Polytheismus der alten Welt durchaus tolerant ſei, zu widerlegen. Wenn die Geringſchaͤtzung der Anhaͤnger einer intellektuellen Religion, wie die perſiſche war, gegen den polytheiſtiſchen Aberglauben oft in gewaltſame Bekehrungsſucht uͤbergeht, wie beim Kambyſes, ſo erzeugt der mythiſche Volksglaube gegen die, welche ſich abſondern und hoͤher er-
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Wir muͤßten freilich erſt mehr Urkunden
haben, um zu pruͤfen was in den indiſchen Buͤ-
chern von Religionskriegen aus uralten Zeiten
vorkoͤmmt. An ſich aber iſt nicht unwahrſchein-
lich, daß ſchon ſehr fruͤhe, was ſpaͤter bei Gele-
genheit der Buddhiſten, geſchehen ſein mag, da
die Neuerung zu ſehr auch die alte Verfaſſung
beruͤhrte, als daß ſie ohne Krieg haͤtte voruͤber-
gehen koͤnnen. Stoff genug zu Unruhen und
Zwieſpalt enthielt die große Verſchiedenheit der
Secten und Denkarten, die in Indien ehedem
geherrſcht haben, von denen allen das heutige
Syſtem, welches ſie nur in eine ertraͤgliche Ver-
einigung zu bringen ſuchte, noch Spuren ent-
haͤlt. Der gegenſeitige Religionshaß der Perſer
und Aegypter koͤnnte allein hinreichen, um die
gewoͤhnliche Meinung, daß der Polytheismus der
alten Welt durchaus tolerant ſei, zu widerlegen.
Wenn die Geringſchaͤtzung der Anhaͤnger einer
intellektuellen Religion, wie die perſiſche war,
gegen den polytheiſtiſchen Aberglauben oft in
gewaltſame Bekehrungsſucht uͤbergeht, wie beim
Kambyſes, ſo erzeugt der mythiſche Volksglaube
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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/205>, abgerufen am 23.11.2024.
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