größere Unruhen und Veränderungen geben. Auch, nachdem die unbezwingliche Uebermacht des erblichen Priesterstandes einmal entschieden war, blieb dem Kriegerstande desto freierer Spielraum zu einzelnen Fehden unter sich, die der Ver- fassung ja doch keinen wesentlichen Eintrag thun konnten. Und wovon handelt eine der ältesten indischen Dichtersagen im Mohabharot anders als von dem großen Bürgerkriege zweier ver- wandten uralten göttlichen Königs- und Hel- denstämme? Ehe sich aber die Kshetrya's, die ursprünglich derselben Abkunft waren, von den erblichen Priestern absonderten, und das Ver- hältniß der beiden Stände ganz so bestimmt ward, wie es nachher blieb, mußte mancher harte Kampf und manche Erschütterung vorangehn. Nicht umsonst wird vom Pocosramo gerühmt, daß er die bösen Könige vertilgt, den verwilder- ten Adel bestraft und seine Macht beschränkt habe.
In den Stammverzeichnissen der Indier wird nicht selten von einem oder dem andern Geschlecht bemerkt, daß sie ausgeartet und Bar- baren -- Mleccha's -- geworden, d. h. zu an-
groͤßere Unruhen und Veraͤnderungen geben. Auch, nachdem die unbezwingliche Uebermacht des erblichen Prieſterſtandes einmal entſchieden war, blieb dem Kriegerſtande deſto freierer Spielraum zu einzelnen Fehden unter ſich, die der Ver- faſſung ja doch keinen weſentlichen Eintrag thun konnten. Und wovon handelt eine der aͤlteſten indiſchen Dichterſagen im Mohabharot anders als von dem großen Buͤrgerkriege zweier ver- wandten uralten goͤttlichen Koͤnigs- und Hel- denſtaͤmme? Ehe ſich aber die Kſhetrya’s, die urſpruͤnglich derſelben Abkunft waren, von den erblichen Prieſtern abſonderten, und das Ver- haͤltniß der beiden Staͤnde ganz ſo beſtimmt ward, wie es nachher blieb, mußte mancher harte Kampf und manche Erſchuͤtterung vorangehn. Nicht umſonſt wird vom Pocosramo geruͤhmt, daß er die boͤſen Koͤnige vertilgt, den verwilder- ten Adel beſtraft und ſeine Macht beſchraͤnkt habe.
In den Stammverzeichniſſen der Indier wird nicht ſelten von einem oder dem andern Geſchlecht bemerkt, daß ſie ausgeartet und Bar- baren — Mleccha’s — geworden, d. h. zu an-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0203"n="184"/>
groͤßere Unruhen und Veraͤnderungen geben.<lb/>
Auch, nachdem die unbezwingliche Uebermacht des<lb/>
erblichen Prieſterſtandes einmal entſchieden war,<lb/>
blieb dem Kriegerſtande deſto freierer Spielraum<lb/>
zu einzelnen Fehden unter ſich, die der Ver-<lb/>
faſſung ja doch keinen weſentlichen Eintrag thun<lb/>
konnten. Und wovon handelt eine der aͤlteſten<lb/>
indiſchen Dichterſagen im Mohabharot anders<lb/>
als von dem großen Buͤrgerkriege zweier ver-<lb/>
wandten uralten goͤttlichen Koͤnigs- und Hel-<lb/>
denſtaͤmme? Ehe ſich aber die Kſhetrya’s, die<lb/>
urſpruͤnglich derſelben Abkunft waren, von den<lb/>
erblichen Prieſtern abſonderten, und das Ver-<lb/>
haͤltniß der beiden Staͤnde ganz ſo beſtimmt<lb/>
ward, wie es nachher blieb, mußte mancher harte<lb/>
Kampf und manche Erſchuͤtterung vorangehn.<lb/>
Nicht umſonſt wird vom <hirendition="#g">Pocosramo</hi> geruͤhmt,<lb/>
daß er die boͤſen Koͤnige vertilgt, den verwilder-<lb/>
ten Adel beſtraft und ſeine Macht beſchraͤnkt<lb/>
habe.</p><lb/><p>In den Stammverzeichniſſen der Indier<lb/>
wird nicht ſelten von einem oder dem andern<lb/>
Geſchlecht bemerkt, daß ſie ausgeartet und Bar-<lb/>
baren —<hirendition="#g">Mleccha’s</hi>— geworden, d. h. zu an-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[184/0203]
groͤßere Unruhen und Veraͤnderungen geben.
Auch, nachdem die unbezwingliche Uebermacht des
erblichen Prieſterſtandes einmal entſchieden war,
blieb dem Kriegerſtande deſto freierer Spielraum
zu einzelnen Fehden unter ſich, die der Ver-
faſſung ja doch keinen weſentlichen Eintrag thun
konnten. Und wovon handelt eine der aͤlteſten
indiſchen Dichterſagen im Mohabharot anders
als von dem großen Buͤrgerkriege zweier ver-
wandten uralten goͤttlichen Koͤnigs- und Hel-
denſtaͤmme? Ehe ſich aber die Kſhetrya’s, die
urſpruͤnglich derſelben Abkunft waren, von den
erblichen Prieſtern abſonderten, und das Ver-
haͤltniß der beiden Staͤnde ganz ſo beſtimmt
ward, wie es nachher blieb, mußte mancher harte
Kampf und manche Erſchuͤtterung vorangehn.
Nicht umſonſt wird vom Pocosramo geruͤhmt,
daß er die boͤſen Koͤnige vertilgt, den verwilder-
ten Adel beſtraft und ſeine Macht beſchraͤnkt
habe.
In den Stammverzeichniſſen der Indier
wird nicht ſelten von einem oder dem andern
Geſchlecht bemerkt, daß ſie ausgeartet und Bar-
baren — Mleccha’s — geworden, d. h. zu an-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/203>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.