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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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Ich erinnere dieß nur darum, damit man
nicht glaube, daß eine Mythologie, die wie die
griechische vom Chaos ausgeht, oder von der Nacht
als Mutter der Dinge, darum rein materialistisch
sein müsse, und gar keinen Theil an der hellern
und heitern Ansicht dieser Denkart gehabt habe,
deren Einfluß auch im Gebiet der Fantasie so weit
verbreitet ist.

Noch auf eine andre Art ist die ursprünglich
so schöne Religion des Lichts sehr gemisbraucht
worden. Nebst dem astrologischen Aberglauben
hat im Alterthum nichts so viel Einfluß auf Ent-
stehung und Ausbildung der geheimen Gesellschaf-
ten und Mysterien gehabt, als grade diese Lehre.
Die höhere Erleuchtung sollte zwar Demuth und
Liebe von selbst mit sich führen; wir sehen aber,
daß sie oft auch dann, wenn sie wenigstens aus
der wahren Quelle abgeleitet ist, dennoch mehr
den Stolz der Erleuchteten als jene Gesinnungen
in Bewegung setzt, und daß die, welche im Besitz
höherer Einsicht und geheimer Weisheit zu sein
glauben, mit verschmähender Absonderung und
geheimnißvollem Eigennutz, gern im Verborgenen,
sich selbst an die Stelle der Vorsehung setzend,

Ich erinnere dieß nur darum, damit man
nicht glaube, daß eine Mythologie, die wie die
griechiſche vom Chaos ausgeht, oder von der Nacht
als Mutter der Dinge, darum rein materialiſtiſch
ſein muͤſſe, und gar keinen Theil an der hellern
und heitern Anſicht dieſer Denkart gehabt habe,
deren Einfluß auch im Gebiet der Fantaſie ſo weit
verbreitet iſt.

Noch auf eine andre Art iſt die urſpruͤnglich
ſo ſchoͤne Religion des Lichts ſehr gemisbraucht
worden. Nebſt dem aſtrologiſchen Aberglauben
hat im Alterthum nichts ſo viel Einfluß auf Ent-
ſtehung und Ausbildung der geheimen Geſellſchaf-
ten und Myſterien gehabt, als grade dieſe Lehre.
Die hoͤhere Erleuchtung ſollte zwar Demuth und
Liebe von ſelbſt mit ſich fuͤhren; wir ſehen aber,
daß ſie oft auch dann, wenn ſie wenigſtens aus
der wahren Quelle abgeleitet iſt, dennoch mehr
den Stolz der Erleuchteten als jene Geſinnungen
in Bewegung ſetzt, und daß die, welche im Beſitz
hoͤherer Einſicht und geheimer Weisheit zu ſein
glauben, mit verſchmaͤhender Abſonderung und
geheimnißvollem Eigennutz, gern im Verborgenen,
ſich ſelbſt an die Stelle der Vorſehung ſetzend,

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[138/0157] Ich erinnere dieß nur darum, damit man nicht glaube, daß eine Mythologie, die wie die griechiſche vom Chaos ausgeht, oder von der Nacht als Mutter der Dinge, darum rein materialiſtiſch ſein muͤſſe, und gar keinen Theil an der hellern und heitern Anſicht dieſer Denkart gehabt habe, deren Einfluß auch im Gebiet der Fantaſie ſo weit verbreitet iſt. Noch auf eine andre Art iſt die urſpruͤnglich ſo ſchoͤne Religion des Lichts ſehr gemisbraucht worden. Nebſt dem aſtrologiſchen Aberglauben hat im Alterthum nichts ſo viel Einfluß auf Ent- ſtehung und Ausbildung der geheimen Geſellſchaf- ten und Myſterien gehabt, als grade dieſe Lehre. Die hoͤhere Erleuchtung ſollte zwar Demuth und Liebe von ſelbſt mit ſich fuͤhren; wir ſehen aber, daß ſie oft auch dann, wenn ſie wenigſtens aus der wahren Quelle abgeleitet iſt, dennoch mehr den Stolz der Erleuchteten als jene Geſinnungen in Bewegung ſetzt, und daß die, welche im Beſitz hoͤherer Einſicht und geheimer Weisheit zu ſein glauben, mit verſchmaͤhender Abſonderung und geheimnißvollem Eigennutz, gern im Verborgenen, ſich ſelbſt an die Stelle der Vorſehung ſetzend,

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/157>, abgerufen am 22.11.2024.