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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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So günstig nun auch diese Denkart im
Vergleich mit den andern erscheint, so hat sich
doch auch hier, wie überall, wo nicht eine höhere
Fügung das Licht des Geistes in seiner Reinheit
erhält, unstreitig Irrthum und Aberglauben
schon frühzeitig an der Wahrheit angeschlossen,
und ein falscher Schritt war in jenen alten
Zeiten, die alles mit solcher Kraft und Einsei-
tigkeit durchführten, oft genug, um von der
schönsten Idee zu Einrichtungen und Gebräuchen
zu kommen, die wir kaum ohne Abscheu betrach-
ten mögen. Aus dem nicht nur dichterisch schö-
nen, sondern viel tiefsinnige Wahrheit enthal-
tenden Gedanken von der Schönheit, Reinheit
und Heiligkeit der obersten Grundwesen oder
Elemente, entstand eine ängstlich furchtsame Be-
sorgniß, diese heiligen Lebensquellen und Natur-
geister ja nicht durch Berührung mit dem Todten
und Leichenhaften zu beflecken und zu vergiften.
Daher ist es in der persischen Religion fast das
größte aller Verbrechen einen Leichnam in die
Erde zu versenken, oder gar durch die noch heili-
gere Flamme verzehren zu lassen; und so entstand
der schreckliche Gebrauch der alten Magier, die

So guͤnſtig nun auch dieſe Denkart im
Vergleich mit den andern erſcheint, ſo hat ſich
doch auch hier, wie uͤberall, wo nicht eine hoͤhere
Fuͤgung das Licht des Geiſtes in ſeiner Reinheit
erhaͤlt, unſtreitig Irrthum und Aberglauben
ſchon fruͤhzeitig an der Wahrheit angeſchloſſen,
und ein falſcher Schritt war in jenen alten
Zeiten, die alles mit ſolcher Kraft und Einſei-
tigkeit durchfuͤhrten, oft genug, um von der
ſchoͤnſten Idee zu Einrichtungen und Gebraͤuchen
zu kommen, die wir kaum ohne Abſcheu betrach-
ten moͤgen. Aus dem nicht nur dichteriſch ſchoͤ-
nen, ſondern viel tiefſinnige Wahrheit enthal-
tenden Gedanken von der Schoͤnheit, Reinheit
und Heiligkeit der oberſten Grundweſen oder
Elemente, entſtand eine aͤngſtlich furchtſame Be-
ſorgniß, dieſe heiligen Lebensquellen und Natur-
geiſter ja nicht durch Beruͤhrung mit dem Todten
und Leichenhaften zu beflecken und zu vergiften.
Daher iſt es in der perſiſchen Religion faſt das
groͤßte aller Verbrechen einen Leichnam in die
Erde zu verſenken, oder gar durch die noch heili-
gere Flamme verzehren zu laſſen; und ſo entſtand
der ſchreckliche Gebrauch der alten Magier, die

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[136/0155] So guͤnſtig nun auch dieſe Denkart im Vergleich mit den andern erſcheint, ſo hat ſich doch auch hier, wie uͤberall, wo nicht eine hoͤhere Fuͤgung das Licht des Geiſtes in ſeiner Reinheit erhaͤlt, unſtreitig Irrthum und Aberglauben ſchon fruͤhzeitig an der Wahrheit angeſchloſſen, und ein falſcher Schritt war in jenen alten Zeiten, die alles mit ſolcher Kraft und Einſei- tigkeit durchfuͤhrten, oft genug, um von der ſchoͤnſten Idee zu Einrichtungen und Gebraͤuchen zu kommen, die wir kaum ohne Abſcheu betrach- ten moͤgen. Aus dem nicht nur dichteriſch ſchoͤ- nen, ſondern viel tiefſinnige Wahrheit enthal- tenden Gedanken von der Schoͤnheit, Reinheit und Heiligkeit der oberſten Grundweſen oder Elemente, entſtand eine aͤngſtlich furchtſame Be- ſorgniß, dieſe heiligen Lebensquellen und Natur- geiſter ja nicht durch Beruͤhrung mit dem Todten und Leichenhaften zu beflecken und zu vergiften. Daher iſt es in der perſiſchen Religion faſt das groͤßte aller Verbrechen einen Leichnam in die Erde zu verſenken, oder gar durch die noch heili- gere Flamme verzehren zu laſſen; und ſo entſtand der ſchreckliche Gebrauch der alten Magier, die

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/155>, abgerufen am 22.11.2024.