Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.gewesen sei, wird niemand bezweiflen, der ihre Die unendliche Fülle der Fantasie hat die- geweſen ſei, wird niemand bezweiflen, der ihre Die unendliche Fuͤlle der Fantaſie hat die- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0141" n="122"/> geweſen ſei, wird niemand bezweiflen, der ihre<lb/> Goͤtterfabel nicht bloß antiquariſch betrachtet<lb/> hat. Nur war bei den Roͤmern der wilde Na-<lb/> turdienſt durch eine ſtrengere Sittlichkeit gezuͤ-<lb/> gelt; entweder weil ſich mehr Einzelnes von dem<lb/> urſpruͤnglichen Beſſern erhalten hatte, oder durch<lb/> vortrefliche Geſetzgeber der aͤlteſten Zeiten. Bei<lb/> den Griechen ward wegen ihrer Zerſtreuung und<lb/> Regſamkeit die Verfaſſung loſe und frei, und<lb/> der alte Aberglaube loͤste ſich faſt ganz in eine<lb/> heitere Mythologie auf, in die aber auch ein-<lb/> zelne Ideen aus einem noch andern und beſſern<lb/> Syſtem gekommen ſein moͤgen, von denen wir<lb/> gleich reden werden.</p><lb/> <p>Die unendliche Fuͤlle der Fantaſie hat die-<lb/> ſer orientaliſche Materialismus mit dem Syſtem<lb/> der Emanation gemein; ja die wilde Begeiſtrung,<lb/> welche nun an die Stelle der alten Betruͤbniß<lb/> trat, iſt die eigentliche Quelle aller Rieſengebur-<lb/> ten der Dichtung und Fabel. Auch in dieſer<lb/> Anſicht war die Vergoͤtterung auſſerordentlicher<lb/> Menſchen begruͤndet, da die bildende oder zer-<lb/> ſtoͤrende Naturkraft in den Heroen ſo vorzuͤglich<lb/> ſichtbar ward, und gleichſam perſoͤnlich erſchien.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0141]
geweſen ſei, wird niemand bezweiflen, der ihre
Goͤtterfabel nicht bloß antiquariſch betrachtet
hat. Nur war bei den Roͤmern der wilde Na-
turdienſt durch eine ſtrengere Sittlichkeit gezuͤ-
gelt; entweder weil ſich mehr Einzelnes von dem
urſpruͤnglichen Beſſern erhalten hatte, oder durch
vortrefliche Geſetzgeber der aͤlteſten Zeiten. Bei
den Griechen ward wegen ihrer Zerſtreuung und
Regſamkeit die Verfaſſung loſe und frei, und
der alte Aberglaube loͤste ſich faſt ganz in eine
heitere Mythologie auf, in die aber auch ein-
zelne Ideen aus einem noch andern und beſſern
Syſtem gekommen ſein moͤgen, von denen wir
gleich reden werden.
Die unendliche Fuͤlle der Fantaſie hat die-
ſer orientaliſche Materialismus mit dem Syſtem
der Emanation gemein; ja die wilde Begeiſtrung,
welche nun an die Stelle der alten Betruͤbniß
trat, iſt die eigentliche Quelle aller Rieſengebur-
ten der Dichtung und Fabel. Auch in dieſer
Anſicht war die Vergoͤtterung auſſerordentlicher
Menſchen begruͤndet, da die bildende oder zer-
ſtoͤrende Naturkraft in den Heroen ſo vorzuͤglich
ſichtbar ward, und gleichſam perſoͤnlich erſchien.
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Zitationshilfe: | Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/141>, abgerufen am 25.07.2024. |