Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.Canut, Gottschalk. Du fragest, ob mein Herz nach Ruhme streben kann? Die Frage hat man mir nie ungestraft gethan? Ulfo. Und gleich wohl führest du von hier zu deiner Schande Das Joch der Dienstbarkeit nach deinem Vaterlande. Zeig nur mit diesem Volk die Wege durch das Meer, Dem Heere folget bald vielleicht ein andres Heer. Zuletzt wird man dahin mit Schaaren über Schaa- ren, Dir anfangs beyzustehn, dann dich zu stürzen, fahren, Dein Volk wird nicht zu erst so listig unterdrückt, Und an der Hülfe statt ihm Fessel zugeschickt. Sieh alle Reich umher, die schon in Ketten liegen! Nun trifft dein kleines Land die Reyh, es zu besiegen. Und dennoch nimmst du den zu deinem Helfer an, Der dich als Nachbarhaßt, als mächtig schaden kann. Jtzt eile diesem Schlag durch Klugheit vorzukommen, Bald ist dir auch die Macht dir vorzusehn benommen. Jtzt ist der Augenblick. Ein Schluß, ein Wort, ein Streich Erobert deinem Volk der Dänen ganzes Reich. Denn hast du Zeit genug, des Vaters Tod zu rächen, Dann, Godschalk, laß uns erst von unserm Aufbruch sprechen. Godschalk. Was sagst du? Ulfo. Du erstaunst und bebst bey meinem Rath. Den schwachen Geist betäubt die Grösse dieser That. Getrost!
Canut, Gottſchalk. Du frageſt, ob mein Herz nach Ruhme ſtreben kann? Die Frage hat man mir nie ungeſtraft gethan? Ulfo. Und gleich wohl fuͤhreſt du von hier zu deiner Schande Das Joch der Dienſtbarkeit nach deinem Vaterlande. Zeig nur mit dieſem Volk die Wege durch das Meer, Dem Heere folget bald vielleicht ein andres Heer. Zuletzt wird man dahin mit Schaaren uͤber Schaa- ren, Dir anfangs beyzuſtehn, dann dich zu ſtuͤrzen, fahren, Dein Volk wird nicht zu erſt ſo liſtig unterdruͤckt, Und an der Huͤlfe ſtatt ihm Feſſel zugeſchickt. Sieh alle Reich umher, die ſchon in Ketten liegen! Nun trifft dein kleines Land die Reyh, es zu beſiegen. Und dennoch nimmſt du den zu deinem Helfer an, Der dich als Nachbarhaßt, als maͤchtig ſchaden kann. Jtzt eile dieſem Schlag durch Klugheit vorzukommen, Bald iſt dir auch die Macht dir vorzuſehn benommen. Jtzt iſt der Augenblick. Ein Schluß, ein Wort, ein Streich Erobert deinem Volk der Daͤnen ganzes Reich. Denn haſt du Zeit genug, des Vaters Tod zu raͤchen, Dann, Godſchalk, laß uns erſt von unſerm Aufbruch ſprechen. Godſchalk. Was ſagſt du? Ulfo. Du erſtaunſt und bebſt bey meinem Rath. Den ſchwachen Geiſt betaͤubt die Groͤſſe dieſer That. Getroſt!
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Canut,
Gottſchalk.
Du frageſt, ob mein Herz nach Ruhme ſtreben kann?
Die Frage hat man mir nie ungeſtraft gethan?
Ulfo.
Und gleich wohl fuͤhreſt du von hier zu deiner Schande
Das Joch der Dienſtbarkeit nach deinem Vaterlande.
Zeig nur mit dieſem Volk die Wege durch das Meer,
Dem Heere folget bald vielleicht ein andres Heer.
Zuletzt wird man dahin mit Schaaren uͤber Schaa-
ren,
Dir anfangs beyzuſtehn, dann dich zu ſtuͤrzen, fahren,
Dein Volk wird nicht zu erſt ſo liſtig unterdruͤckt,
Und an der Huͤlfe ſtatt ihm Feſſel zugeſchickt.
Sieh alle Reich umher, die ſchon in Ketten liegen!
Nun trifft dein kleines Land die Reyh, es zu beſiegen.
Und dennoch nimmſt du den zu deinem Helfer an,
Der dich als Nachbarhaßt, als maͤchtig ſchaden kann.
Jtzt eile dieſem Schlag durch Klugheit vorzukommen,
Bald iſt dir auch die Macht dir vorzuſehn benommen.
Jtzt iſt der Augenblick. Ein Schluß, ein Wort, ein
Streich
Erobert deinem Volk der Daͤnen ganzes Reich.
Denn haſt du Zeit genug, des Vaters Tod zu raͤchen,
Dann, Godſchalk, laß uns erſt von unſerm Aufbruch
ſprechen.
Godſchalk.
Was ſagſt du?
Ulfo.
Du erſtaunſt und bebſt bey meinem Rath.
Den ſchwachen Geiſt betaͤubt die Groͤſſe dieſer That.
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Zitationshilfe: | Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/68>, abgerufen am 17.02.2025. |