Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
ein Trauerspiel.
Was hilft es, daß man hier Muth und Gehorsam
preist,
Eh sich Gelegenheit sie auszuüben weist?
Wenn wir das Land erreicht, nach welchem wir uns
sähnen,
Dann ist es Zeit genug, dieß alles zu erwähnen.
Ulfo.
Dieß sagst du, weil dein Geist, der ohn Erfahrung
denkt,
Den Weg noch nicht erkannt, der dich zum Zwecke
lenkt.
Godschalk.
Jst denn nicht dieser Zweck, des Vaters Mord zu
strafen?
Ulfo.
Jst dieser Zweck denn nicht die Wohlfarth deiner
Glaven?
Godschalk.
Er ist es. Doch dabey vergiß die Rache nicht.
Ulfo.
Lern einen Weg von mir, der beydes dir verspricht.
Doch, hast du auch ein Herz, das wahre Grösse schätzet?
Das kein gewohnter Glanz, kein niedrig Lob ergötzet?
Das keine steile Höh, kein tiefer Abgrund schreckt,
An deren Aeusserstem für dich ein Lorbeer steckt?
Das für gleich schimpflich hält, sich alles Ruhms be-
geben,
Als in der dunkeln Schaar gemeiner Helden leben?

God-
D 3
ein Trauerſpiel.
Was hilft es, daß man hier Muth und Gehorſam
preiſt,
Eh ſich Gelegenheit ſie auszuuͤben weiſt?
Wenn wir das Land erreicht, nach welchem wir uns
ſaͤhnen,
Dann iſt es Zeit genug, dieß alles zu erwaͤhnen.
Ulfo.
Dieß ſagſt du, weil dein Geiſt, der ohn Erfahrung
denkt,
Den Weg noch nicht erkannt, der dich zum Zwecke
lenkt.
Godſchalk.
Jſt denn nicht dieſer Zweck, des Vaters Mord zu
ſtrafen?
Ulfo.
Jſt dieſer Zweck denn nicht die Wohlfarth deiner
Glaven?
Godſchalk.
Er iſt es. Doch dabey vergiß die Rache nicht.
Ulfo.
Lern einen Weg von mir, der beydes dir verſpricht.
Doch, haſt du auch ein Herz, das wahre Groͤſſe ſchaͤtzet?
Das kein gewohnter Glanz, kein niedrig Lob ergoͤtzet?
Das keine ſteile Hoͤh, kein tiefer Abgrund ſchreckt,
An deren Aeuſſerſtem fuͤr dich ein Lorbeer ſteckt?
Das fuͤr gleich ſchimpflich haͤlt, ſich alles Ruhms be-
geben,
Als in der dunkeln Schaar gemeiner Helden leben?

God-
D 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#GOT">
            <p><pb facs="#f0067" n="53"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ein Trauer&#x017F;piel.</hi></fw><lb/>
Was hilft es, daß man hier Muth und Gehor&#x017F;am<lb/><hi rendition="#et">prei&#x017F;t,</hi><lb/>
Eh &#x017F;ich Gelegenheit &#x017F;ie auszuu&#x0364;ben wei&#x017F;t?<lb/>
Wenn wir das Land erreicht, nach welchem wir uns<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;a&#x0364;hnen,</hi><lb/>
Dann i&#x017F;t es Zeit genug, dieß alles zu erwa&#x0364;hnen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ULF">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ulfo.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Dieß &#x017F;ag&#x017F;t du, weil dein Gei&#x017F;t, der ohn Erfahrung<lb/><hi rendition="#et">denkt,</hi><lb/>
Den Weg noch nicht erkannt, der dich zum Zwecke<lb/><hi rendition="#et">lenkt.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GOT">
            <speaker> <hi rendition="#fr">God&#x017F;chalk.</hi> </speaker><lb/>
            <p>J&#x017F;t denn nicht die&#x017F;er Zweck, des Vaters Mord zu<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;trafen?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ULF">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ulfo.</hi> </speaker><lb/>
            <p>J&#x017F;t die&#x017F;er Zweck denn nicht die Wohlfarth deiner<lb/><hi rendition="#et">Glaven?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GOT">
            <speaker> <hi rendition="#fr">God&#x017F;chalk.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Er i&#x017F;t es. Doch dabey vergiß die Rache nicht.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ULF">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ulfo.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Lern einen Weg von mir, der beydes dir ver&#x017F;pricht.<lb/>
Doch, ha&#x017F;t du auch ein Herz, das wahre Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;cha&#x0364;tzet?<lb/>
Das kein gewohnter Glanz, kein niedrig Lob ergo&#x0364;tzet?<lb/>
Das keine &#x017F;teile Ho&#x0364;h, kein tiefer Abgrund &#x017F;chreckt,<lb/>
An deren Aeu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;tem fu&#x0364;r dich ein Lorbeer &#x017F;teckt?<lb/>
Das fu&#x0364;r gleich &#x017F;chimpflich ha&#x0364;lt, &#x017F;ich alles Ruhms be-<lb/><hi rendition="#et">geben,</hi><lb/>
Als in der dunkeln Schaar gemeiner Helden leben<choice><sic>&#x2E2E;</sic><corr>?</corr></choice></p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">God-</hi> </fw>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0067] ein Trauerſpiel. Was hilft es, daß man hier Muth und Gehorſam preiſt, Eh ſich Gelegenheit ſie auszuuͤben weiſt? Wenn wir das Land erreicht, nach welchem wir uns ſaͤhnen, Dann iſt es Zeit genug, dieß alles zu erwaͤhnen. Ulfo. Dieß ſagſt du, weil dein Geiſt, der ohn Erfahrung denkt, Den Weg noch nicht erkannt, der dich zum Zwecke lenkt. Godſchalk. Jſt denn nicht dieſer Zweck, des Vaters Mord zu ſtrafen? Ulfo. Jſt dieſer Zweck denn nicht die Wohlfarth deiner Glaven? Godſchalk. Er iſt es. Doch dabey vergiß die Rache nicht. Ulfo. Lern einen Weg von mir, der beydes dir verſpricht. Doch, haſt du auch ein Herz, das wahre Groͤſſe ſchaͤtzet? Das kein gewohnter Glanz, kein niedrig Lob ergoͤtzet? Das keine ſteile Hoͤh, kein tiefer Abgrund ſchreckt, An deren Aeuſſerſtem fuͤr dich ein Lorbeer ſteckt? Das fuͤr gleich ſchimpflich haͤlt, ſich alles Ruhms be- geben, Als in der dunkeln Schaar gemeiner Helden leben? God- D 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/67
Zitationshilfe: Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/67>, abgerufen am 27.11.2024.