Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.Canut, Wenn einmal unser Herz mit unverfälschter TreuEin Bündniß festgestellt, daß es untrennbar sey: Wie viel ertragen wir um dieses Bundes willen! Wie vieles thun wir nicht, die Pflichten zu erfüllen! Man bittet, ängstet sich, man leidet, man verzeyht, Man sieht oft, den man liebt, zu seinem Fall bereit, Man muß entschuldigen, was man doch niemals billigt, Und büsset Fehler mit, worein man nie gewilligt. Canut. Jch seh, daß Ulfo kömmt. Estrithe, laß mich nun. Jtzt will ich auf sein Herz allein den Angriff thun. Dritter Auftritt. Canut, Ulfo. Canut. So muß ich, dich als Freund versöhnet zu umfassen, Dir selbst entgegen gehn und erst dich ruffen lassen? Du brauchst nicht mein Gesicht zu meiden noch zu scheun. Mein Herz ist stets gewohnt, aufrichtig zu verzeyhn. Vom abgelegten Zorn bleibt mir kein Ernst im Blicke, Jm Herzen kein Verdruß und kein Verdacht zurücke. Wer die verletzte Treu mir ernstlich wiedergiebt, Und wer sie niemals brach, sind beyde gleich geliebt, Und keiner, der mich sucht, ist meines Blicks beraubet, Wem sein Gewissen nur mich anzusehn erlaubet. Du weißt, wie gern mein Blick vergnügte Menschen sieht, Und ieden, der mir dient, zu kennen sich bemüht: Und
Canut, Wenn einmal unſer Herz mit unverfaͤlſchter TreuEin Buͤndniß feſtgeſtellt, daß es untrennbar ſey: Wie viel ertragen wir um dieſes Bundes willen! Wie vieles thun wir nicht, die Pflichten zu erfuͤllen! Man bittet, aͤngſtet ſich, man leidet, man verzeyht, Man ſieht oft, den man liebt, zu ſeinem Fall bereit, Man muß entſchuldigen, was man doch niemals billigt, Und buͤſſet Fehler mit, worein man nie gewilligt. Canut. Jch ſeh, daß Ulfo koͤmmt. Eſtrithe, laß mich nun. Jtzt will ich auf ſein Herz allein den Angriff thun. Dritter Auftritt. Canut, Ulfo. Canut. So muß ich, dich als Freund verſoͤhnet zu umfaſſen, Dir ſelbſt entgegen gehn und erſt dich ruffen laſſen? Du brauchſt nicht mein Geſicht zu meiden noch zu ſcheun. Mein Herz iſt ſtets gewohnt, aufrichtig zu verzeyhn. Vom abgelegten Zorn bleibt mir kein Ernſt im Blicke, Jm Herzen kein Verdruß und kein Verdacht zuruͤcke. Wer die verletzte Treu mir ernſtlich wiedergiebt, Und wer ſie niemals brach, ſind beyde gleich geliebt, Und keiner, der mich ſucht, iſt meines Blicks beraubet, Wem ſein Gewiſſen nur mich anzuſehn erlaubet. Du weißt, wie gern mein Blick vergnuͤgte Menſchen ſieht, Und ieden, der mir dient, zu kennen ſich bemuͤht: Und
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Wenn einmal unſer Herz mit unverfaͤlſchter Treu
Ein Buͤndniß feſtgeſtellt, daß es untrennbar ſey:
Wie viel ertragen wir um dieſes Bundes willen!
Wie vieles thun wir nicht, die Pflichten zu erfuͤllen!
Man bittet, aͤngſtet ſich, man leidet, man verzeyht,
Man ſieht oft, den man liebt, zu ſeinem Fall bereit,
Man muß entſchuldigen, was man doch niemals
billigt,
Und buͤſſet Fehler mit, worein man nie gewilligt.
Canut.
Jch ſeh, daß Ulfo koͤmmt. Eſtrithe, laß mich nun.
Jtzt will ich auf ſein Herz allein den Angriff thun.
Dritter Auftritt.
Canut, Ulfo.
Canut.
So muß ich, dich als Freund verſoͤhnet zu umfaſſen,
Dir ſelbſt entgegen gehn und erſt dich ruffen laſſen?
Du brauchſt nicht mein Geſicht zu meiden noch zu
ſcheun.
Mein Herz iſt ſtets gewohnt, aufrichtig zu verzeyhn.
Vom abgelegten Zorn bleibt mir kein Ernſt im Blicke,
Jm Herzen kein Verdruß und kein Verdacht zuruͤcke.
Wer die verletzte Treu mir ernſtlich wiedergiebt,
Und wer ſie niemals brach, ſind beyde gleich geliebt,
Und keiner, der mich ſucht, iſt meines Blicks beraubet,
Wem ſein Gewiſſen nur mich anzuſehn erlaubet.
Du weißt, wie gern mein Blick vergnuͤgte Menſchen
ſieht,
Und ieden, der mir dient, zu kennen ſich bemuͤht:
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Zitationshilfe: | Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/52>, abgerufen am 17.02.2025. |