Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Amalia hingegen tadelte es, und behauptete, es sey von Kunst ja von Verstand durchaus keine Ahndung darin. Jhre Freundin gab dies sogleich zu; aber, sagte sie, es ist doch wild und lebendig genug, oder wenigstens können es gute Schauspieler, wenn sie guter Laune sind, dazu machen. -- Wenn sie wirklich gute Schauspieler sind, sagte Andrea, indem er auf seine Rolle und nach der Thüre sah, ob die fehlenden nicht bald kommen würden; wenn sie wirklich gute Schauspieler sind, so müssen sie eigentlich alle gute Laune verlieren, daß sie die der Dichter erst machen sollen. -- Jhre gute Laune, Freund, erwiederte Amalia, macht Sie Selbst zum Dichter; denn daß man dergleichen Schauspielschreiber Dichter heißt, ist doch nur ein Gedicht, und eigentlich viel ärger als wenn die Komödianten sich Künstler nennen oder nennen lassen. -- Gönnt uns aber doch unsre Weise, sagte Antonio, indem er sichtbar Camillens Parthey nahm; wenn sich einmal durch glücklichen Zufall ein Funken von Leben, von Freude und Geist in der gemeinen Masse entwickelt, so wollen wirs lieber erkennen, als uns immer wiederholen, wie gemein nun eben die gemeine Masse ist. -- Darüber ist ja grade der Streit, sagte Amalia; gewiß es hat sich in dem Stück von dem wir reden, gar nichts weiter entwickelt, als was sich fast alle Tage da entwickelt; eine gute Portion Albernheit. Sie fing hierauf an, Beyspiele anzuführen, worin sie aber bald gebeten wurde nicht länger fortzufahren, und in der That bewiesen sie nur zu sehr was sie beweisen sollten.

Camilla erwiederte dagegen, dieses treffe sie gar nicht, denn sie habe auf die Reden und Redensarten der

Amalia hingegen tadelte es, und behauptete, es sey von Kunst ja von Verstand durchaus keine Ahndung darin. Jhre Freundin gab dies sogleich zu; aber, sagte sie, es ist doch wild und lebendig genug, oder wenigstens koͤnnen es gute Schauspieler, wenn sie guter Laune sind, dazu machen. — Wenn sie wirklich gute Schauspieler sind, sagte Andrea, indem er auf seine Rolle und nach der Thuͤre sah, ob die fehlenden nicht bald kommen wuͤrden; wenn sie wirklich gute Schauspieler sind, so muͤssen sie eigentlich alle gute Laune verlieren, daß sie die der Dichter erst machen sollen. — Jhre gute Laune, Freund, erwiederte Amalia, macht Sie Selbst zum Dichter; denn daß man dergleichen Schauspielschreiber Dichter heißt, ist doch nur ein Gedicht, und eigentlich viel aͤrger als wenn die Komoͤdianten sich Kuͤnstler nennen oder nennen lassen. — Goͤnnt uns aber doch unsre Weise, sagte Antonio, indem er sichtbar Camillens Parthey nahm; wenn sich einmal durch gluͤcklichen Zufall ein Funken von Leben, von Freude und Geist in der gemeinen Masse entwickelt, so wollen wirs lieber erkennen, als uns immer wiederholen, wie gemein nun eben die gemeine Masse ist. — Daruͤber ist ja grade der Streit, sagte Amalia; gewiß es hat sich in dem Stuͤck von dem wir reden, gar nichts weiter entwickelt, als was sich fast alle Tage da entwickelt; eine gute Portion Albernheit. Sie fing hierauf an, Beyspiele anzufuͤhren, worin sie aber bald gebeten wurde nicht laͤnger fortzufahren, und in der That bewiesen sie nur zu sehr was sie beweisen sollten.

Camilla erwiederte dagegen, dieses treffe sie gar nicht, denn sie habe auf die Reden und Redensarten der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0072" n="64"/>
Amalia hingegen tadelte es, und behauptete, es sey von Kunst ja von Verstand durchaus keine Ahndung darin. Jhre Freundin gab dies sogleich zu; aber, sagte sie, es ist doch wild und lebendig genug, oder wenigstens ko&#x0364;nnen es gute Schauspieler, wenn sie guter Laune sind, dazu machen. &#x2014; Wenn sie wirklich gute Schauspieler sind, sagte Andrea, indem er auf seine Rolle und nach der Thu&#x0364;re sah, ob die fehlenden nicht bald kommen wu&#x0364;rden; wenn sie wirklich gute Schauspieler sind, so mu&#x0364;ssen sie eigentlich alle gute Laune verlieren, daß sie die der Dichter erst machen sollen. &#x2014; Jhre gute Laune, Freund, erwiederte Amalia, macht Sie Selbst zum Dichter; denn daß man dergleichen Schauspielschreiber Dichter heißt, ist doch nur ein Gedicht, und eigentlich viel a&#x0364;rger als wenn die Komo&#x0364;dianten sich Ku&#x0364;nstler nennen oder nennen lassen. &#x2014; Go&#x0364;nnt uns aber doch unsre Weise, sagte Antonio, indem er sichtbar Camillens Parthey nahm; wenn sich einmal durch glu&#x0364;cklichen Zufall ein Funken von Leben, von Freude und Geist in der gemeinen Masse entwickelt, so wollen wirs lieber erkennen, als uns immer wiederholen, wie gemein nun eben die gemeine Masse ist. &#x2014; Daru&#x0364;ber ist ja grade der Streit, sagte Amalia; gewiß es hat sich in dem Stu&#x0364;ck von dem wir reden, gar nichts weiter entwickelt, als was sich fast alle Tage da entwickelt; eine gute Portion Albernheit. Sie fing hierauf an, Beyspiele anzufu&#x0364;hren, worin sie aber bald gebeten wurde nicht la&#x0364;nger fortzufahren, und in der That bewiesen sie nur zu sehr was sie beweisen sollten.</p><lb/>
          <p>Camilla erwiederte dagegen, dieses treffe sie gar nicht, denn sie habe auf die Reden und Redensarten der
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0072] Amalia hingegen tadelte es, und behauptete, es sey von Kunst ja von Verstand durchaus keine Ahndung darin. Jhre Freundin gab dies sogleich zu; aber, sagte sie, es ist doch wild und lebendig genug, oder wenigstens koͤnnen es gute Schauspieler, wenn sie guter Laune sind, dazu machen. — Wenn sie wirklich gute Schauspieler sind, sagte Andrea, indem er auf seine Rolle und nach der Thuͤre sah, ob die fehlenden nicht bald kommen wuͤrden; wenn sie wirklich gute Schauspieler sind, so muͤssen sie eigentlich alle gute Laune verlieren, daß sie die der Dichter erst machen sollen. — Jhre gute Laune, Freund, erwiederte Amalia, macht Sie Selbst zum Dichter; denn daß man dergleichen Schauspielschreiber Dichter heißt, ist doch nur ein Gedicht, und eigentlich viel aͤrger als wenn die Komoͤdianten sich Kuͤnstler nennen oder nennen lassen. — Goͤnnt uns aber doch unsre Weise, sagte Antonio, indem er sichtbar Camillens Parthey nahm; wenn sich einmal durch gluͤcklichen Zufall ein Funken von Leben, von Freude und Geist in der gemeinen Masse entwickelt, so wollen wirs lieber erkennen, als uns immer wiederholen, wie gemein nun eben die gemeine Masse ist. — Daruͤber ist ja grade der Streit, sagte Amalia; gewiß es hat sich in dem Stuͤck von dem wir reden, gar nichts weiter entwickelt, als was sich fast alle Tage da entwickelt; eine gute Portion Albernheit. Sie fing hierauf an, Beyspiele anzufuͤhren, worin sie aber bald gebeten wurde nicht laͤnger fortzufahren, und in der That bewiesen sie nur zu sehr was sie beweisen sollten. Camilla erwiederte dagegen, dieses treffe sie gar nicht, denn sie habe auf die Reden und Redensarten der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/72
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/72>, abgerufen am 25.11.2024.