Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

werden; und ich habe versucht das wesentliche davon auszudrücken, indem ich mich an einen eben so tiefsinnigen als liebenswürdigen Vers des Dichters anschloß, in derjenigen Form der Dichtung, welche die Spanier Glosse nennen; und es bleibt nun nichts zu wünschen übrig, als daß einer unsrer vortrefflichen Componisten die meinige würdig finden mag, ihr eine musikalische Begleitung zu geben. Schöneres giebt es nichts auf der Erde, als wenn Poesie und Musik in holder Eintracht zur Veredlung der Menschheit wirken.

Eines schickt sich nicht für alle,
Sehe jeder wie ers treibe,
Sehe jeder wo er bleibe,
Und wer steht daß er nicht falle.
Dieser weiß sich sehr bescheiden
Jener bläs't die Backen voll;
Dieser ist im Ernste toll,
Jener muß ihn noch beneiden.
Alle Narrheit kann ich leiden,
Ob sie genialisch knalle,
Oder blumenlieblich walle;
Denn ich werd' es nie vergessen,
Was des Meisters Kraft ermessen:
Eines schickt sich nicht für alle.
Um das Feuer zu ernähren,
Sind viel zarte Geister nöthig,
Die zu allem Dienst erbötig,
Um die Heiden zu bekehren.
Mag der Lärm sich nun vermehren,
Suche jeder wen er reibe,

werden; und ich habe versucht das wesentliche davon auszudruͤcken, indem ich mich an einen eben so tiefsinnigen als liebenswuͤrdigen Vers des Dichters anschloß, in derjenigen Form der Dichtung, welche die Spanier Glosse nennen; und es bleibt nun nichts zu wuͤnschen uͤbrig, als daß einer unsrer vortrefflichen Componisten die meinige wuͤrdig finden mag, ihr eine musikalische Begleitung zu geben. Schoͤneres giebt es nichts auf der Erde, als wenn Poesie und Musik in holder Eintracht zur Veredlung der Menschheit wirken.

Eines schickt sich nicht fuͤr alle,
Sehe jeder wie ers treibe,
Sehe jeder wo er bleibe,
Und wer steht daß er nicht falle.
Dieser weiß sich sehr bescheiden
Jener blaͤs't die Backen voll;
Dieser ist im Ernste toll,
Jener muß ihn noch beneiden.
Alle Narrheit kann ich leiden,
Ob sie genialisch knalle,
Oder blumenlieblich walle;
Denn ich werd' es nie vergessen,
Was des Meisters Kraft ermessen:
Eines schickt sich nicht fuͤr alle.
Um das Feuer zu ernaͤhren,
Sind viel zarte Geister noͤthig,
Die zu allem Dienst erboͤtig,
Um die Heiden zu bekehren.
Mag der Laͤrm sich nun vermehren,
Suche jeder wen er reibe,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0365" n="353"/>
werden; und ich habe versucht das wesentliche davon auszudru&#x0364;cken, indem ich mich an einen eben so tiefsinnigen als liebenswu&#x0364;rdigen Vers des Dichters anschloß, in derjenigen Form der Dichtung, welche die Spanier Glosse nennen; und es bleibt nun nichts zu wu&#x0364;nschen u&#x0364;brig, als daß einer unsrer vortrefflichen Componisten die meinige wu&#x0364;rdig finden mag, ihr eine musikalische Begleitung zu geben. Scho&#x0364;neres giebt es nichts auf der Erde, als wenn Poesie und Musik in holder Eintracht zur Veredlung der Menschheit wirken.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Eines schickt sich nicht fu&#x0364;r alle,</l><lb/>
              <l>Sehe jeder wie ers treibe,</l><lb/>
              <l>Sehe jeder wo er bleibe,</l><lb/>
              <l>Und wer steht daß er nicht falle.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Dieser weiß sich sehr bescheiden</l><lb/>
              <l>Jener bla&#x0364;s't die Backen voll;</l><lb/>
              <l>Dieser ist im Ernste toll,</l><lb/>
              <l>Jener muß ihn noch beneiden.</l><lb/>
              <l>Alle Narrheit kann ich leiden,</l><lb/>
              <l>Ob sie genialisch knalle,</l><lb/>
              <l>Oder blumenlieblich walle;</l><lb/>
              <l>Denn ich werd' es nie vergessen,</l><lb/>
              <l>Was des Meisters Kraft ermessen:</l><lb/>
              <l>Eines schickt sich nicht fu&#x0364;r alle.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Um das Feuer zu erna&#x0364;hren,</l><lb/>
              <l>Sind viel zarte Geister no&#x0364;thig,</l><lb/>
              <l>Die zu allem Dienst erbo&#x0364;tig,</l><lb/>
              <l>Um die Heiden zu bekehren.</l><lb/>
              <l>Mag der La&#x0364;rm sich nun vermehren,</l><lb/>
              <l>Suche jeder wen er reibe,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0365] werden; und ich habe versucht das wesentliche davon auszudruͤcken, indem ich mich an einen eben so tiefsinnigen als liebenswuͤrdigen Vers des Dichters anschloß, in derjenigen Form der Dichtung, welche die Spanier Glosse nennen; und es bleibt nun nichts zu wuͤnschen uͤbrig, als daß einer unsrer vortrefflichen Componisten die meinige wuͤrdig finden mag, ihr eine musikalische Begleitung zu geben. Schoͤneres giebt es nichts auf der Erde, als wenn Poesie und Musik in holder Eintracht zur Veredlung der Menschheit wirken. Eines schickt sich nicht fuͤr alle, Sehe jeder wie ers treibe, Sehe jeder wo er bleibe, Und wer steht daß er nicht falle. Dieser weiß sich sehr bescheiden Jener blaͤs't die Backen voll; Dieser ist im Ernste toll, Jener muß ihn noch beneiden. Alle Narrheit kann ich leiden, Ob sie genialisch knalle, Oder blumenlieblich walle; Denn ich werd' es nie vergessen, Was des Meisters Kraft ermessen: Eines schickt sich nicht fuͤr alle. Um das Feuer zu ernaͤhren, Sind viel zarte Geister noͤthig, Die zu allem Dienst erboͤtig, Um die Heiden zu bekehren. Mag der Laͤrm sich nun vermehren, Suche jeder wen er reibe,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/365
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/365>, abgerufen am 21.11.2024.