Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.vor jenem System der allgemeinen Naturnothwendigkeit? Weil seine Liebe dabei verloren gehen mußte, sein Jnteresse an sich selbst, an seiner Persönlichkeit als endlichem Wesen; weil es schlechterdings nichts an einem andern und für ein anderes, sondern nur etwas an und für sich selbst sein wollte. Dann weil es Zurechnung wollte, Verdienst und Schuld an seinem Werden und seinem einzelnen Handeln in der Welt. Dies wollte es eigentlich; und nun -- wie fern ist es davon, es noch zu wollen! wie sind ihm alle diese schwankenden Begriffe und kleinen Tendenzen wie unter den Händen verschwunden, seitdem es die unselige Vorstellung von einem Unendlichen als Natur in sich zerstört hat, und das Unendliche nun als das ursprünglich Geistige kennt. Jetzt weiß es, daß es überall nicht giebt Verdienst und Schuld im Einzelnen, sondern nur daran, daß man ist, was man ist; es weiß, daß es auch mit dieser Anwendung dieses Begriffs in das absolut Unbegreifliche hineinfällt, und es beruhigt sich dabei. Jetzt weiß es, daß die Stimme des Gewissens, welche Jedem seinen besondern Beruf auflegt, und durch welche der unendliche Wille einfließt in das Endliche, der Strahl ist, an welchem wir aus dem Unendlichen ausgehn, und als einzelne und besondere Wesen hingestellt werden; es weiß, daß das Unendliche das einzige mögliche Medium ist unserer Gemeinschaft und Wechselwirkung mit den andern Endlichen: es weiß dies, und will nun gern etwas an einem andern und für ein anderes sein; und alle Verwirrung ist gelöst zwischen dem, vor jenem System der allgemeinen Naturnothwendigkeit? Weil seine Liebe dabei verloren gehen mußte, sein Jnteresse an sich selbst, an seiner Persoͤnlichkeit als endlichem Wesen; weil es schlechterdings nichts an einem andern und fuͤr ein anderes, sondern nur etwas an und fuͤr sich selbst sein wollte. Dann weil es Zurechnung wollte, Verdienst und Schuld an seinem Werden und seinem einzelnen Handeln in der Welt. Dies wollte es eigentlich; und nun — wie fern ist es davon, es noch zu wollen! wie sind ihm alle diese schwankenden Begriffe und kleinen Tendenzen wie unter den Haͤnden verschwunden, seitdem es die unselige Vorstellung von einem Unendlichen als Natur in sich zerstoͤrt hat, und das Unendliche nun als das urspruͤnglich Geistige kennt. Jetzt weiß es, daß es uͤberall nicht giebt Verdienst und Schuld im Einzelnen, sondern nur daran, daß man ist, was man ist; es weiß, daß es auch mit dieser Anwendung dieses Begriffs in das absolut Unbegreifliche hineinfaͤllt, und es beruhigt sich dabei. Jetzt weiß es, daß die Stimme des Gewissens, welche Jedem seinen besondern Beruf auflegt, und durch welche der unendliche Wille einfließt in das Endliche, der Strahl ist, an welchem wir aus dem Unendlichen ausgehn, und als einzelne und besondere Wesen hingestellt werden; es weiß, daß das Unendliche das einzige moͤgliche Medium ist unserer Gemeinschaft und Wechselwirkung mit den andern Endlichen: es weiß dies, und will nun gern etwas an einem andern und fuͤr ein anderes sein; und alle Verwirrung ist geloͤst zwischen dem, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0308" n="296"/> vor jenem System der allgemeinen Naturnothwendigkeit? Weil seine Liebe dabei verloren gehen mußte, sein Jnteresse an sich selbst, an seiner Persoͤnlichkeit als endlichem Wesen; weil es schlechterdings nichts an einem andern und fuͤr ein anderes, sondern nur etwas an und fuͤr sich selbst sein wollte. Dann weil es Zurechnung wollte, Verdienst und Schuld an seinem Werden und seinem einzelnen Handeln in der Welt. Dies wollte es eigentlich; und nun — wie fern ist es davon, es noch zu wollen! wie sind ihm alle diese schwankenden Begriffe und kleinen Tendenzen wie unter den Haͤnden verschwunden, seitdem es die unselige Vorstellung von einem Unendlichen als Natur in sich zerstoͤrt hat, und das Unendliche nun als das urspruͤnglich Geistige kennt. Jetzt weiß es, daß es uͤberall nicht giebt Verdienst und Schuld im Einzelnen, sondern nur daran, daß man ist, was man ist; es weiß, daß es auch mit dieser Anwendung dieses Begriffs in das absolut Unbegreifliche hineinfaͤllt, und es beruhigt sich dabei. Jetzt weiß es, daß die Stimme des Gewissens, welche Jedem seinen besondern Beruf auflegt, und durch welche der unendliche Wille einfließt in das Endliche, der Strahl ist, an welchem wir aus dem Unendlichen ausgehn, und als einzelne und besondere Wesen hingestellt werden; es weiß, daß das Unendliche das einzige moͤgliche Medium ist unserer Gemeinschaft und Wechselwirkung mit den andern Endlichen: es weiß dies, und will nun gern etwas an einem andern und fuͤr ein anderes sein; und alle Verwirrung ist geloͤst zwischen dem, </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [296/0308]
vor jenem System der allgemeinen Naturnothwendigkeit? Weil seine Liebe dabei verloren gehen mußte, sein Jnteresse an sich selbst, an seiner Persoͤnlichkeit als endlichem Wesen; weil es schlechterdings nichts an einem andern und fuͤr ein anderes, sondern nur etwas an und fuͤr sich selbst sein wollte. Dann weil es Zurechnung wollte, Verdienst und Schuld an seinem Werden und seinem einzelnen Handeln in der Welt. Dies wollte es eigentlich; und nun — wie fern ist es davon, es noch zu wollen! wie sind ihm alle diese schwankenden Begriffe und kleinen Tendenzen wie unter den Haͤnden verschwunden, seitdem es die unselige Vorstellung von einem Unendlichen als Natur in sich zerstoͤrt hat, und das Unendliche nun als das urspruͤnglich Geistige kennt. Jetzt weiß es, daß es uͤberall nicht giebt Verdienst und Schuld im Einzelnen, sondern nur daran, daß man ist, was man ist; es weiß, daß es auch mit dieser Anwendung dieses Begriffs in das absolut Unbegreifliche hineinfaͤllt, und es beruhigt sich dabei. Jetzt weiß es, daß die Stimme des Gewissens, welche Jedem seinen besondern Beruf auflegt, und durch welche der unendliche Wille einfließt in das Endliche, der Strahl ist, an welchem wir aus dem Unendlichen ausgehn, und als einzelne und besondere Wesen hingestellt werden; es weiß, daß das Unendliche das einzige moͤgliche Medium ist unserer Gemeinschaft und Wechselwirkung mit den andern Endlichen: es weiß dies, und will nun gern etwas an einem andern und fuͤr ein anderes sein; und alle Verwirrung ist geloͤst zwischen dem,
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/308>, abgerufen am 27.07.2024. |