Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

bukolischen Darstellungsart. Der kleine Gegenstand ist darin mit zarter Liebe behandelt und auf das Wechselverhältniß der verschiednen Stämme bezogen; es läßt uns einen Blick in das heitre ruhige Familienleben der Hellenen thun.

Man wird wie von selbst zu Vermuthungen der Art geführt, bey einer Sammlung von Werkchen und Bruchstücken, in die offenbar so viel fremdartiges eingeflossen ist, wie in die bukolische.

Warum ich der Meynung beystimme, welche die drey in ihr befindliche Bruchstücke aus der Sage des Herkules dem Pisandros zuspricht, habe ich in der Geschichte der alten Poesie gemeldet. Jch wage es bey der gegenwärtigen Gelegenheit den Freunden und Kennern der Kunstgeschichte einige ähnliche Bemerkungen mitzutheilen. Die Europa kann, wie ich dafür halte, von keinem der Bukoliker seyn; es ist ein Bruchstück aus Metamorphosen irgend eines gelehrten Dichters dieser Zeit; welches etwa, behalte ich mir vor, weiter nachzuforschen. Ein Bruchstück wie dieses, zusammengenommen mit der allgemeinen Thatsache, daß Ovidius Metamorphosen Alexandrinischer Dichter vor Augen hatte, kann uns ein Bild geben, wie viel ihm vorgearbeitet war. So könnten auch die bakxai Bruchstück eines epischen Gedichts seyn. Jn dem unzusammenhängenden Gesang an Hieron ist der 76te -- 100te Vers ein vortreffliches Siegeslied, so schön man es nur irgend aus dieser Zeit erwarten darf, weit über

bukolischen Darstellungsart. Der kleine Gegenstand ist darin mit zarter Liebe behandelt und auf das Wechselverhaͤltniß der verschiednen Staͤmme bezogen; es laͤßt uns einen Blick in das heitre ruhige Familienleben der Hellenen thun.

Man wird wie von selbst zu Vermuthungen der Art gefuͤhrt, bey einer Sammlung von Werkchen und Bruchstuͤcken, in die offenbar so viel fremdartiges eingeflossen ist, wie in die bukolische.

Warum ich der Meynung beystimme, welche die drey in ihr befindliche Bruchstuͤcke aus der Sage des Herkules dem Pisandros zuspricht, habe ich in der Geschichte der alten Poesie gemeldet. Jch wage es bey der gegenwaͤrtigen Gelegenheit den Freunden und Kennern der Kunstgeschichte einige aͤhnliche Bemerkungen mitzutheilen. Die Europa kann, wie ich dafuͤr halte, von keinem der Bukoliker seyn; es ist ein Bruchstuͤck aus Metamorphosen irgend eines gelehrten Dichters dieser Zeit; welches etwa, behalte ich mir vor, weiter nachzuforschen. Ein Bruchstuͤck wie dieses, zusammengenommen mit der allgemeinen Thatsache, daß Ovidius Metamorphosen Alexandrinischer Dichter vor Augen hatte, kann uns ein Bild geben, wie viel ihm vorgearbeitet war. So koͤnnten auch die βακξαι Bruchstuͤck eines epischen Gedichts seyn. Jn dem unzusammenhaͤngenden Gesang an Hieron ist der 76te — 100te Vers ein vortreffliches Siegeslied, so schoͤn man es nur irgend aus dieser Zeit erwarten darf, weit uͤber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0243" n="231"/>
bukolischen Darstellungsart. Der kleine Gegenstand ist darin mit zarter Liebe behandelt und auf das Wechselverha&#x0364;ltniß der verschiednen Sta&#x0364;mme bezogen; es la&#x0364;ßt uns einen Blick in das heitre ruhige Familienleben der Hellenen thun.</p><lb/>
            <p>Man wird wie von selbst zu Vermuthungen der Art gefu&#x0364;hrt, bey einer Sammlung von Werkchen und Bruchstu&#x0364;cken, in die offenbar so viel fremdartiges eingeflossen ist, wie in die bukolische.</p><lb/>
            <p>Warum ich der Meynung beystimme, welche die drey in ihr befindliche Bruchstu&#x0364;cke aus der Sage des Herkules dem Pisandros zuspricht, habe ich in der Geschichte der alten Poesie gemeldet. Jch wage es bey der gegenwa&#x0364;rtigen Gelegenheit den Freunden und Kennern der Kunstgeschichte einige a&#x0364;hnliche Bemerkungen mitzutheilen. Die <hi rendition="#g">Europa</hi> kann, wie ich dafu&#x0364;r halte, von keinem der Bukoliker seyn; es ist ein Bruchstu&#x0364;ck aus <hi rendition="#g">Metamorphosen</hi> irgend eines gelehrten Dichters dieser Zeit; welches etwa, behalte ich mir vor, weiter nachzuforschen. Ein Bruchstu&#x0364;ck wie dieses, zusammengenommen mit der allgemeinen Thatsache, daß Ovidius Metamorphosen Alexandrinischer Dichter vor Augen hatte, kann uns ein Bild geben, wie viel ihm vorgearbeitet war. So ko&#x0364;nnten auch die <foreign xml:lang="el">&#x03B2;&#x03B1;&#x03BA;&#x03BE;&#x03B1;&#x03B9;</foreign> Bruchstu&#x0364;ck eines epischen Gedichts seyn. Jn dem unzusammenha&#x0364;ngenden Gesang an Hieron ist der 76te &#x2014; 100te Vers ein vortreffliches Siegeslied, so scho&#x0364;n man es nur irgend aus dieser Zeit erwarten darf, weit u&#x0364;ber
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0243] bukolischen Darstellungsart. Der kleine Gegenstand ist darin mit zarter Liebe behandelt und auf das Wechselverhaͤltniß der verschiednen Staͤmme bezogen; es laͤßt uns einen Blick in das heitre ruhige Familienleben der Hellenen thun. Man wird wie von selbst zu Vermuthungen der Art gefuͤhrt, bey einer Sammlung von Werkchen und Bruchstuͤcken, in die offenbar so viel fremdartiges eingeflossen ist, wie in die bukolische. Warum ich der Meynung beystimme, welche die drey in ihr befindliche Bruchstuͤcke aus der Sage des Herkules dem Pisandros zuspricht, habe ich in der Geschichte der alten Poesie gemeldet. Jch wage es bey der gegenwaͤrtigen Gelegenheit den Freunden und Kennern der Kunstgeschichte einige aͤhnliche Bemerkungen mitzutheilen. Die Europa kann, wie ich dafuͤr halte, von keinem der Bukoliker seyn; es ist ein Bruchstuͤck aus Metamorphosen irgend eines gelehrten Dichters dieser Zeit; welches etwa, behalte ich mir vor, weiter nachzuforschen. Ein Bruchstuͤck wie dieses, zusammengenommen mit der allgemeinen Thatsache, daß Ovidius Metamorphosen Alexandrinischer Dichter vor Augen hatte, kann uns ein Bild geben, wie viel ihm vorgearbeitet war. So koͤnnten auch die βακξαι Bruchstuͤck eines epischen Gedichts seyn. Jn dem unzusammenhaͤngenden Gesang an Hieron ist der 76te — 100te Vers ein vortreffliches Siegeslied, so schoͤn man es nur irgend aus dieser Zeit erwarten darf, weit uͤber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/243
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/243>, abgerufen am 24.11.2024.