Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.Die ursprünglichen Protestanten wollten treuherzig nach der Schrift leben und Ernst machen, und alles andre vernichten. Religion und Moral sind sich symmetrisch entgegengesetzt, wie Poesie und Philosophie. Euer Leben bildet nur menschlich, so habt ihr genug gethan: aber die Höhe der Kunst und die Tiefe der Wissenschaft werdet ihr nie erreichen ohne ein Göttliches. Jronie ist klares Bewußtsern der ewigen Agilität, des unendlich vollen Chaos. Musik ist der Moral verwandter, Historie der Religion: denn Rhythmus ist die Jdee der Musik, die Historie aber geht aufs Primitive. Nur diejenige Verworrenheit ist ein Chaos, aus der eine Welt entspringen kann. Vergeblich sucht ihr in dem was ihr Aesthetik nennt die harmonische Fülle der Menschheit, Anfang und Ende der Bildung. Versucht es die Elemente der Bildung und der Menschheit zu erkennen und betet sie an, vor allen das Feuer. Es giebt keinen Dualismus ohne Primat; so ist auch die Moral der Religion nicht gleich sondern untergeordnet. Die urspruͤnglichen Protestanten wollten treuherzig nach der Schrift leben und Ernst machen, und alles andre vernichten. Religion und Moral sind sich symmetrisch entgegengesetzt, wie Poesie und Philosophie. Euer Leben bildet nur menschlich, so habt ihr genug gethan: aber die Hoͤhe der Kunst und die Tiefe der Wissenschaft werdet ihr nie erreichen ohne ein Goͤttliches. Jronie ist klares Bewußtsern der ewigen Agilitaͤt, des unendlich vollen Chaos. Musik ist der Moral verwandter, Historie der Religion: denn Rhythmus ist die Jdee der Musik, die Historie aber geht aufs Primitive. Nur diejenige Verworrenheit ist ein Chaos, aus der eine Welt entspringen kann. Vergeblich sucht ihr in dem was ihr Aesthetik nennt die harmonische Fuͤlle der Menschheit, Anfang und Ende der Bildung. Versucht es die Elemente der Bildung und der Menschheit zu erkennen und betet sie an, vor allen das Feuer. Es giebt keinen Dualismus ohne Primat; so ist auch die Moral der Religion nicht gleich sondern untergeordnet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0024" n="16"/> <p>Die urspruͤnglichen Protestanten wollten treuherzig nach der Schrift leben und Ernst machen, und alles andre vernichten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Religion und Moral sind sich symmetrisch entgegengesetzt, wie Poesie und Philosophie.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Euer Leben bildet nur menschlich, so habt ihr genug gethan: aber die Hoͤhe der Kunst und die Tiefe der Wissenschaft werdet ihr nie erreichen ohne ein Goͤttliches.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Jronie ist klares Bewußtsern der ewigen Agilitaͤt, des unendlich vollen Chaos.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Musik ist der Moral verwandter, Historie der Religion: denn Rhythmus ist die Jdee der Musik, die Historie aber geht aufs Primitive.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Nur diejenige Verworrenheit ist ein Chaos, aus der eine Welt entspringen kann.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Vergeblich sucht ihr in dem was ihr Aesthetik nennt die harmonische Fuͤlle der Menschheit, Anfang und Ende der Bildung. Versucht es die Elemente der Bildung und der Menschheit zu erkennen und betet sie an, vor allen das Feuer.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Es giebt keinen Dualismus ohne Primat; so ist auch die Moral der Religion nicht gleich sondern untergeordnet.</p><lb/><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0024]
Die urspruͤnglichen Protestanten wollten treuherzig nach der Schrift leben und Ernst machen, und alles andre vernichten.
Religion und Moral sind sich symmetrisch entgegengesetzt, wie Poesie und Philosophie.
Euer Leben bildet nur menschlich, so habt ihr genug gethan: aber die Hoͤhe der Kunst und die Tiefe der Wissenschaft werdet ihr nie erreichen ohne ein Goͤttliches.
Jronie ist klares Bewußtsern der ewigen Agilitaͤt, des unendlich vollen Chaos.
Musik ist der Moral verwandter, Historie der Religion: denn Rhythmus ist die Jdee der Musik, die Historie aber geht aufs Primitive.
Nur diejenige Verworrenheit ist ein Chaos, aus der eine Welt entspringen kann.
Vergeblich sucht ihr in dem was ihr Aesthetik nennt die harmonische Fuͤlle der Menschheit, Anfang und Ende der Bildung. Versucht es die Elemente der Bildung und der Menschheit zu erkennen und betet sie an, vor allen das Feuer.
Es giebt keinen Dualismus ohne Primat; so ist auch die Moral der Religion nicht gleich sondern untergeordnet.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |