Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.30 Schlafen doch auf dem Lager allein wir: jene verhaßte Und arglistige Wand, sie scheidet böslich von dir mich. Denn ich könnte ja nicht ... Nachdem die großen Formen der alten Poesie aufgehört hatten, zeigte sich die neue zierliche Kunst gelehrter Dichter in mancherley geistreichen Versuchen neu ersonnener oder neu gewendeter Dichtungsarten, unter denen die Jdylle noch früher blühte oder doch gleich früh mit der spätern Elegie, der Hellenen, von welcher einige der merkwürdigsten und berühmtesten Ueberbleibsel im ersten Stücke des Athenaeums mitgetheilt worden sind. Jdyllen sind in der ursprünglichsten Bedeutung, was wir vermischte Gedichte, Darstellungen nach dem Leben nennen würden; der Name Bildchen ist unbestimmt und allgemein genug für solchen Jnhalt, und erinnert zugleich an die Form und das Maaß derselben. Jede Sammlung solcher Werkchen wird mehr oder minder zur lyrischen Gattung gehören, welche die erzählende, dialogische und selbst die lehrende Form in einem gewissen Grade annehmen darf, ohne darum ihr Wesen zu verlieren. Denn die Einheit einer solchen Sammlung liegt nicht in den einzelnen Gedichten, sondern in ihrem geselligen Zusammenhange, im Ganzen, im Dichter selbst und in dem Eigenthümlichen 30 Schlafen doch auf dem Lager allein wir: jene verhaßte Und arglistige Wand, sie scheidet boͤslich von dir mich. Denn ich koͤnnte ja nicht … Nachdem die großen Formen der alten Poesie aufgehoͤrt hatten, zeigte sich die neue zierliche Kunst gelehrter Dichter in mancherley geistreichen Versuchen neu ersonnener oder neu gewendeter Dichtungsarten, unter denen die Jdylle noch fruͤher bluͤhte oder doch gleich fruͤh mit der spaͤtern Elegie, der Hellenen, von welcher einige der merkwuͤrdigsten und beruͤhmtesten Ueberbleibsel im ersten Stuͤcke des Athenaeums mitgetheilt worden sind. Jdyllen sind in der urspruͤnglichsten Bedeutung, was wir vermischte Gedichte, Darstellungen nach dem Leben nennen wuͤrden; der Name Bildchen ist unbestimmt und allgemein genug fuͤr solchen Jnhalt, und erinnert zugleich an die Form und das Maaß derselben. Jede Sammlung solcher Werkchen wird mehr oder minder zur lyrischen Gattung gehoͤren, welche die erzaͤhlende, dialogische und selbst die lehrende Form in einem gewissen Grade annehmen darf, ohne darum ihr Wesen zu verlieren. Denn die Einheit einer solchen Sammlung liegt nicht in den einzelnen Gedichten, sondern in ihrem geselligen Zusammenhange, im Ganzen, im Dichter selbst und in dem Eigenthuͤmlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0239" n="227"/> <p>30 Schlafen doch auf dem Lager allein wir: jene verhaßte</p><lb/> <p>Und arglistige Wand, sie scheidet boͤslich von dir mich.</p><lb/> <p>Denn ich koͤnnte ja nicht …</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="3"> <p>Nachdem die großen Formen der alten Poesie aufgehoͤrt hatten, zeigte sich die neue zierliche Kunst gelehrter Dichter in mancherley geistreichen Versuchen neu ersonnener oder neu gewendeter Dichtungsarten, unter denen die <hi rendition="#g">Jdylle</hi> noch fruͤher bluͤhte oder doch gleich fruͤh mit der spaͤtern Elegie, der Hellenen, von welcher einige der merkwuͤrdigsten und beruͤhmtesten Ueberbleibsel im ersten Stuͤcke des Athenaeums mitgetheilt worden sind.</p><lb/> <p>Jdyllen sind in der urspruͤnglichsten Bedeutung, was wir vermischte Gedichte, Darstellungen nach dem Leben nennen wuͤrden; der Name <hi rendition="#g">Bildchen</hi> ist unbestimmt und allgemein genug fuͤr solchen Jnhalt, und erinnert zugleich an die Form und das Maaß derselben. Jede Sammlung solcher Werkchen wird mehr oder minder zur lyrischen Gattung gehoͤren, welche die erzaͤhlende, dialogische und selbst die lehrende Form in einem gewissen Grade annehmen darf, ohne darum ihr Wesen zu verlieren. Denn die Einheit einer solchen Sammlung liegt nicht in den einzelnen Gedichten, sondern in ihrem geselligen Zusammenhange, im Ganzen, im Dichter selbst und in dem Eigenthuͤmlichen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [227/0239]
30 Schlafen doch auf dem Lager allein wir: jene verhaßte
Und arglistige Wand, sie scheidet boͤslich von dir mich.
Denn ich koͤnnte ja nicht …
Nachdem die großen Formen der alten Poesie aufgehoͤrt hatten, zeigte sich die neue zierliche Kunst gelehrter Dichter in mancherley geistreichen Versuchen neu ersonnener oder neu gewendeter Dichtungsarten, unter denen die Jdylle noch fruͤher bluͤhte oder doch gleich fruͤh mit der spaͤtern Elegie, der Hellenen, von welcher einige der merkwuͤrdigsten und beruͤhmtesten Ueberbleibsel im ersten Stuͤcke des Athenaeums mitgetheilt worden sind.
Jdyllen sind in der urspruͤnglichsten Bedeutung, was wir vermischte Gedichte, Darstellungen nach dem Leben nennen wuͤrden; der Name Bildchen ist unbestimmt und allgemein genug fuͤr solchen Jnhalt, und erinnert zugleich an die Form und das Maaß derselben. Jede Sammlung solcher Werkchen wird mehr oder minder zur lyrischen Gattung gehoͤren, welche die erzaͤhlende, dialogische und selbst die lehrende Form in einem gewissen Grade annehmen darf, ohne darum ihr Wesen zu verlieren. Denn die Einheit einer solchen Sammlung liegt nicht in den einzelnen Gedichten, sondern in ihrem geselligen Zusammenhange, im Ganzen, im Dichter selbst und in dem Eigenthuͤmlichen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |