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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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Und sie berief das Volk, das Achaeische: keiner aus Hellas,

Von den Mykenern auch, von Elis, von den Lakonen,

Blieb daheim; sie brachten Vergeltungen, schreckliche Kriegswuth.

15 Bey Lykomedes Töchtern versteckte sich einzig Achilleus.

Statt der Waffen erlernt' er die Wolle nur, übte mit weißer

Hand jungfräulichen Fleiß, und völlig als Mädchen erschien er.

Denn er war gleich jenen verweiblichet, eben die Blüthe

Hatt' ihm die schneeichten Wangen bepurpurt; auch mit der Jungfrau

20 Tritten ging er einher, und umgab mit dem Netze die Locken:

Ares Muth doch hatt er, und hatte die Liebe des Mannes.

Von der Frühe zur Nacht nun saß er bey Deidamia,

Küßte bald ihr die Hand, oft hob er wiedernm ihren

Schönen Leib in die Höh, es entflossen ihm zärtliche Thränen.

25 Nimmer aß er mit andern Gespielinnen; alles ersann er,

Snchend gemeinsamen Schlaf; so redet' er dieses zu ihr auch:

Alle die übrigen Schwestern, sie schlummern neben einander,

Jch nur muß allein, allein du, Nymphe, nur schlafen.

Beyde Gespielinnen wir, jungfräuliche, beyde die schönen,

Und sie berief das Volk, das Achaeische: keiner aus Hellas,

Von den Mykenern auch, von Elis, von den Lakonen,

Blieb daheim; sie brachten Vergeltungen, schreckliche Kriegswuth.

15 Bey Lykomedes Toͤchtern versteckte sich einzig Achilleus.

Statt der Waffen erlernt' er die Wolle nur, uͤbte mit weißer

Hand jungfraͤulichen Fleiß, und voͤllig als Maͤdchen erschien er.

Denn er war gleich jenen verweiblichet, eben die Bluͤthe

Hatt' ihm die schneeichten Wangen bepurpurt; auch mit der Jungfrau

20 Tritten ging er einher, und umgab mit dem Netze die Locken:

Ares Muth doch hatt er, und hatte die Liebe des Mannes.

Von der Fruͤhe zur Nacht nun saß er bey Deidamia,

Kuͤßte bald ihr die Hand, oft hob er wiedernm ihren

Schoͤnen Leib in die Hoͤh, es entflossen ihm zaͤrtliche Thraͤnen.

25 Nimmer aß er mit andern Gespielinnen; alles ersann er,

Snchend gemeinsamen Schlaf; so redet' er dieses zu ihr auch:

Alle die uͤbrigen Schwestern, sie schlummern neben einander,

Jch nur muß allein, allein du, Nymphe, nur schlafen.

Beyde Gespielinnen wir, jungfraͤuliche, beyde die schoͤnen,

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[226/0238] Und sie berief das Volk, das Achaeische: keiner aus Hellas, Von den Mykenern auch, von Elis, von den Lakonen, Blieb daheim; sie brachten Vergeltungen, schreckliche Kriegswuth. 15 Bey Lykomedes Toͤchtern versteckte sich einzig Achilleus. Statt der Waffen erlernt' er die Wolle nur, uͤbte mit weißer Hand jungfraͤulichen Fleiß, und voͤllig als Maͤdchen erschien er. Denn er war gleich jenen verweiblichet, eben die Bluͤthe Hatt' ihm die schneeichten Wangen bepurpurt; auch mit der Jungfrau 20 Tritten ging er einher, und umgab mit dem Netze die Locken: Ares Muth doch hatt er, und hatte die Liebe des Mannes. Von der Fruͤhe zur Nacht nun saß er bey Deidamia, Kuͤßte bald ihr die Hand, oft hob er wiedernm ihren Schoͤnen Leib in die Hoͤh, es entflossen ihm zaͤrtliche Thraͤnen. 25 Nimmer aß er mit andern Gespielinnen; alles ersann er, Snchend gemeinsamen Schlaf; so redet' er dieses zu ihr auch: Alle die uͤbrigen Schwestern, sie schlummern neben einander, Jch nur muß allein, allein du, Nymphe, nur schlafen. Beyde Gespielinnen wir, jungfraͤuliche, beyde die schoͤnen,

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/238>, abgerufen am 24.11.2024.