Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.Die Religion ist die centripetale und centrifugale Kraft im menschlichen Geiste, und was beyde verbindet. Ob denn das Heil der Welt von den Gelehrten zu erwarten sey? Jch weiß es nicht. Aber Zeit ist es, daß alle Künstler zusammentreten als Eidgenossen zu ewigem Bündniß. Das Moralische einer Schrift liegt nicht im Gegenstande, oder im Verhältniß des Redenden zu den Angeredeten, sondern im Geist der Behandlung. Athmet dieser die ganze Fülle der Menschheit, so ist sie moralisch. Jst sie nur das Werk einer abgesonderten Kraft und Kunst, so ist sie es nicht. Wer Religion hat, wird Poesie reden. Aber um sie zu suchen und zu entdecken, ist Philosophie das Werkzeug. Wie die Feldherrn der Alten zu den Kriegern vor der Schlacht redeten, so sollte der Moralist zu den Menschen in dem Kampf des Zeitalters reden. Jeder vollständige Mensch hat einen Genius. Die wahre Tugend ist Genialität. Das höchste Gut und das allein Nützliche ist die Bildung. Die Religion ist die centripetale und centrifugale Kraft im menschlichen Geiste, und was beyde verbindet. Ob denn das Heil der Welt von den Gelehrten zu erwarten sey? Jch weiß es nicht. Aber Zeit ist es, daß alle Kuͤnstler zusammentreten als Eidgenossen zu ewigem Buͤndniß. Das Moralische einer Schrift liegt nicht im Gegenstande, oder im Verhaͤltniß des Redenden zu den Angeredeten, sondern im Geist der Behandlung. Athmet dieser die ganze Fuͤlle der Menschheit, so ist sie moralisch. Jst sie nur das Werk einer abgesonderten Kraft und Kunst, so ist sie es nicht. Wer Religion hat, wird Poesie reden. Aber um sie zu suchen und zu entdecken, ist Philosophie das Werkzeug. Wie die Feldherrn der Alten zu den Kriegern vor der Schlacht redeten, so sollte der Moralist zu den Menschen in dem Kampf des Zeitalters reden. Jeder vollstaͤndige Mensch hat einen Genius. Die wahre Tugend ist Genialitaͤt. Das hoͤchste Gut und das allein Nuͤtzliche ist die Bildung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0017" n="9"/> <p>Die Religion ist die centripetale und centrifugale Kraft im menschlichen Geiste, und was beyde verbindet.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ob denn das Heil der Welt von den Gelehrten zu erwarten sey? Jch weiß es nicht. Aber Zeit ist es, daß alle Kuͤnstler zusammentreten als <hi rendition="#g">Eid</hi>genossen zu ewigem Buͤndniß.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Das Moralische einer Schrift liegt nicht im Gegenstande, oder im Verhaͤltniß des Redenden zu den Angeredeten, sondern im Geist der Behandlung. Athmet dieser die ganze Fuͤlle der Menschheit, so ist sie moralisch. Jst sie nur das Werk einer abgesonderten Kraft und Kunst, so ist sie es nicht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Wer Religion hat, wird Poesie reden. Aber um sie zu suchen und zu entdecken, ist Philosophie das Werkzeug.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Wie die Feldherrn der Alten zu den Kriegern vor der Schlacht redeten, so sollte der Moralist zu den Menschen in dem Kampf des Zeitalters reden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Jeder vollstaͤndige Mensch hat einen Genius. Die wahre Tugend ist Genialitaͤt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Das hoͤchste Gut und das allein Nuͤtzliche ist die Bildung.</p><lb/><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0017]
Die Religion ist die centripetale und centrifugale Kraft im menschlichen Geiste, und was beyde verbindet.
Ob denn das Heil der Welt von den Gelehrten zu erwarten sey? Jch weiß es nicht. Aber Zeit ist es, daß alle Kuͤnstler zusammentreten als Eidgenossen zu ewigem Buͤndniß.
Das Moralische einer Schrift liegt nicht im Gegenstande, oder im Verhaͤltniß des Redenden zu den Angeredeten, sondern im Geist der Behandlung. Athmet dieser die ganze Fuͤlle der Menschheit, so ist sie moralisch. Jst sie nur das Werk einer abgesonderten Kraft und Kunst, so ist sie es nicht.
Wer Religion hat, wird Poesie reden. Aber um sie zu suchen und zu entdecken, ist Philosophie das Werkzeug.
Wie die Feldherrn der Alten zu den Kriegern vor der Schlacht redeten, so sollte der Moralist zu den Menschen in dem Kampf des Zeitalters reden.
Jeder vollstaͤndige Mensch hat einen Genius. Die wahre Tugend ist Genialitaͤt.
Das hoͤchste Gut und das allein Nuͤtzliche ist die Bildung.
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