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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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Und schaute voll entbrannter Krater,
Den Mond? O nein! den Ring Saturns. u. s. w.

Die Art, wie in der zuletzt angeführten Strophe Alins Geschmack am französischen Trauerspiel mit seinen astronomischen Träumereyen durch ein und verknüpft ist, kann ein Bild vom Zusammenhange des Ganzen abgeben. Wie stimmt es zusammen, daß der Bewunderer der ehemaligen französischen Litteratur, der Goethe unregelmäßig findet, die deutschen Ritterromane vorzieht? daß der, welcher Garve und Mendelsohn Frömmler nennt, aus abergläubischem Eifer die Denkmäler des Alterthums schändet? Haben nur eine Menge Verkehrtheiten des Zeitalters auf Eine Person zusammengehäuft werden sollen, so ist auch das gänzlich verfehlt: wer setzt heutiges Tages Bernini über die Antike? Eben so sind die gelehrten Anspielungen zum Theil veraltet: wo ist z. B. noch von der Einschachtelungs-Theorie die Rede? Dazwischen stehen nun ganz erlaubte und ehrbare Untersuchungen, die Alinen allerdings Ehre gemacht haben würden, wenn er etwas taugliches darüber geschrieben hätte. Man sieht also von keiner Seite, wo es hinaus will, und wenn man damit die ersten Abentheuer zusammenhält, die ohne weitere Beziehung doch gar zu ungesalzen wären, so wird man fast versucht zu glauben, das Ganze sey nicht buchstäblich zu nehmen, es stecke irgend eine allegorische Bedeutung dahinter. Aber, nicht gerechnet, daß es eine unchristliche Zumuthung wäre, sich an einer solchen Einkleidung derselben den Kopf zu zerbrechen, so mußte doch irgendwo ein Endchen

Und schaute voll entbrannter Krater,
Den Mond? O nein! den Ring Saturns. u. s. w.

Die Art, wie in der zuletzt angefuͤhrten Strophe Alins Geschmack am franzoͤsischen Trauerspiel mit seinen astronomischen Traͤumereyen durch ein und verknuͤpft ist, kann ein Bild vom Zusammenhange des Ganzen abgeben. Wie stimmt es zusammen, daß der Bewunderer der ehemaligen franzoͤsischen Litteratur, der Goethe unregelmaͤßig findet, die deutschen Ritterromane vorzieht? daß der, welcher Garve und Mendelsohn Froͤmmler nennt, aus aberglaͤubischem Eifer die Denkmaͤler des Alterthums schaͤndet? Haben nur eine Menge Verkehrtheiten des Zeitalters auf Eine Person zusammengehaͤuft werden sollen, so ist auch das gaͤnzlich verfehlt: wer setzt heutiges Tages Bernini uͤber die Antike? Eben so sind die gelehrten Anspielungen zum Theil veraltet: wo ist z. B. noch von der Einschachtelungs-Theorie die Rede? Dazwischen stehen nun ganz erlaubte und ehrbare Untersuchungen, die Alinen allerdings Ehre gemacht haben wuͤrden, wenn er etwas taugliches daruͤber geschrieben haͤtte. Man sieht also von keiner Seite, wo es hinaus will, und wenn man damit die ersten Abentheuer zusammenhaͤlt, die ohne weitere Beziehung doch gar zu ungesalzen waͤren, so wird man fast versucht zu glauben, das Ganze sey nicht buchstaͤblich zu nehmen, es stecke irgend eine allegorische Bedeutung dahinter. Aber, nicht gerechnet, daß es eine unchristliche Zumuthung waͤre, sich an einer solchen Einkleidung derselben den Kopf zu zerbrechen, so mußte doch irgendwo ein Endchen

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[147/0155] Und schaute voll entbrannter Krater, Den Mond? O nein! den Ring Saturns. u. s. w. Die Art, wie in der zuletzt angefuͤhrten Strophe Alins Geschmack am franzoͤsischen Trauerspiel mit seinen astronomischen Traͤumereyen durch ein und verknuͤpft ist, kann ein Bild vom Zusammenhange des Ganzen abgeben. Wie stimmt es zusammen, daß der Bewunderer der ehemaligen franzoͤsischen Litteratur, der Goethe unregelmaͤßig findet, die deutschen Ritterromane vorzieht? daß der, welcher Garve und Mendelsohn Froͤmmler nennt, aus aberglaͤubischem Eifer die Denkmaͤler des Alterthums schaͤndet? Haben nur eine Menge Verkehrtheiten des Zeitalters auf Eine Person zusammengehaͤuft werden sollen, so ist auch das gaͤnzlich verfehlt: wer setzt heutiges Tages Bernini uͤber die Antike? Eben so sind die gelehrten Anspielungen zum Theil veraltet: wo ist z. B. noch von der Einschachtelungs-Theorie die Rede? Dazwischen stehen nun ganz erlaubte und ehrbare Untersuchungen, die Alinen allerdings Ehre gemacht haben wuͤrden, wenn er etwas taugliches daruͤber geschrieben haͤtte. Man sieht also von keiner Seite, wo es hinaus will, und wenn man damit die ersten Abentheuer zusammenhaͤlt, die ohne weitere Beziehung doch gar zu ungesalzen waͤren, so wird man fast versucht zu glauben, das Ganze sey nicht buchstaͤblich zu nehmen, es stecke irgend eine allegorische Bedeutung dahinter. Aber, nicht gerechnet, daß es eine unchristliche Zumuthung waͤre, sich an einer solchen Einkleidung derselben den Kopf zu zerbrechen, so mußte doch irgendwo ein Endchen

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/155>, abgerufen am 24.11.2024.