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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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verwahrt, und zum Basrelief fehlen ihm nur Figuren und Styl, die Kälte und Härte des Steins hat es, aber nicht einmal einer edlen Steinart: das Velin, worauf es gedruckt ist, stellt geglätteten Marmor weit besser vor.

Mit eben solcher typographischen Pracht, und noch mit Vignetten verziert, erscheinen Alins Abenteuer. Daß der Dichter uns gleich auf dem Titelblatt das Haupt der Gorgo entgegenwirft, darf den Beurtheiler nicht schrecken: auswärts gewandt, wie es jetzt steht, muß es sich auf die unausbleibliche Verwunderung des Lesers beziehn; nach dem Gedichte zugekehrt hätte ihre versteinernde Kraft seine Beschaffenheit erklären können. Die Zueignung an den Luftgeist Ariel kündigt fälschlich eine recht leichte hingegaukelte Dichtung an, sie ist aber ehrlicher als sie selbst weiß, indem sie es durch ihre ungemeine Geschraubtheit deutlich wieder zurücknimmt. Das Gedicht soll, so viel wir haben entdecken können, ein spaßhaftes Mährchen seyn: aber der Himmel weiß was für ein Mährchen und was für Spaß! Ein Mährchen ohne Verwickelung und Auflösung, überhaupt ohne Fortgang, ohne Erfindung, ohne Darstellung; und erzwungener, frostiger, feyerlich-ernsthafter, unlustiger Spaß ohne Geist und Gehalt. Spaßhaft wird demjenigen gewiß nicht zu Muth, der diese Lektüre mit der Vorstellung unternimmt, es müsse in einem angeblichen Kunstwerke doch irgend ein Sinn, ein Zusammenhang, eine Beziehung der Theile auf einander zu finden seyn. Alin, ein spanischer Ritter, verrichtet erst in Afrika eine Menge

verwahrt, und zum Basrelief fehlen ihm nur Figuren und Styl, die Kaͤlte und Haͤrte des Steins hat es, aber nicht einmal einer edlen Steinart: das Velin, worauf es gedruckt ist, stellt geglaͤtteten Marmor weit besser vor.

Mit eben solcher typographischen Pracht, und noch mit Vignetten verziert, erscheinen Alins Abenteuer. Daß der Dichter uns gleich auf dem Titelblatt das Haupt der Gorgo entgegenwirft, darf den Beurtheiler nicht schrecken: auswaͤrts gewandt, wie es jetzt steht, muß es sich auf die unausbleibliche Verwunderung des Lesers beziehn; nach dem Gedichte zugekehrt haͤtte ihre versteinernde Kraft seine Beschaffenheit erklaͤren koͤnnen. Die Zueignung an den Luftgeist Ariel kuͤndigt faͤlschlich eine recht leichte hingegaukelte Dichtung an, sie ist aber ehrlicher als sie selbst weiß, indem sie es durch ihre ungemeine Geschraubtheit deutlich wieder zuruͤcknimmt. Das Gedicht soll, so viel wir haben entdecken koͤnnen, ein spaßhaftes Maͤhrchen seyn: aber der Himmel weiß was fuͤr ein Maͤhrchen und was fuͤr Spaß! Ein Maͤhrchen ohne Verwickelung und Aufloͤsung, uͤberhaupt ohne Fortgang, ohne Erfindung, ohne Darstellung; und erzwungener, frostiger, feyerlich-ernsthafter, unlustiger Spaß ohne Geist und Gehalt. Spaßhaft wird demjenigen gewiß nicht zu Muth, der diese Lektuͤre mit der Vorstellung unternimmt, es muͤsse in einem angeblichen Kunstwerke doch irgend ein Sinn, ein Zusammenhang, eine Beziehung der Theile auf einander zu finden seyn. Alin, ein spanischer Ritter, verrichtet erst in Afrika eine Menge

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[142/0150] verwahrt, und zum Basrelief fehlen ihm nur Figuren und Styl, die Kaͤlte und Haͤrte des Steins hat es, aber nicht einmal einer edlen Steinart: das Velin, worauf es gedruckt ist, stellt geglaͤtteten Marmor weit besser vor. Mit eben solcher typographischen Pracht, und noch mit Vignetten verziert, erscheinen Alins Abenteuer. Daß der Dichter uns gleich auf dem Titelblatt das Haupt der Gorgo entgegenwirft, darf den Beurtheiler nicht schrecken: auswaͤrts gewandt, wie es jetzt steht, muß es sich auf die unausbleibliche Verwunderung des Lesers beziehn; nach dem Gedichte zugekehrt haͤtte ihre versteinernde Kraft seine Beschaffenheit erklaͤren koͤnnen. Die Zueignung an den Luftgeist Ariel kuͤndigt faͤlschlich eine recht leichte hingegaukelte Dichtung an, sie ist aber ehrlicher als sie selbst weiß, indem sie es durch ihre ungemeine Geschraubtheit deutlich wieder zuruͤcknimmt. Das Gedicht soll, so viel wir haben entdecken koͤnnen, ein spaßhaftes Maͤhrchen seyn: aber der Himmel weiß was fuͤr ein Maͤhrchen und was fuͤr Spaß! Ein Maͤhrchen ohne Verwickelung und Aufloͤsung, uͤberhaupt ohne Fortgang, ohne Erfindung, ohne Darstellung; und erzwungener, frostiger, feyerlich-ernsthafter, unlustiger Spaß ohne Geist und Gehalt. Spaßhaft wird demjenigen gewiß nicht zu Muth, der diese Lektuͤre mit der Vorstellung unternimmt, es muͤsse in einem angeblichen Kunstwerke doch irgend ein Sinn, ein Zusammenhang, eine Beziehung der Theile auf einander zu finden seyn. Alin, ein spanischer Ritter, verrichtet erst in Afrika eine Menge

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/150>, abgerufen am 04.12.2024.