Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

gehörig zu versichern, auf die uninteressanteste Weise fort. Aus denselben Gründen hat auch die Carakteristik eines bestimmten Jndividuums ein ganz verfehltes Werk werden müssen. Eine solche soll das Jndividuum chemisch zerlegen, die innerlich verschiedenen Bestandtheile desselben von einander sondern, und in ihrem quantitativen Verhältniß darstellen, dann das innere Princip ihrer Verbindung, das tiefste Geheimniß der Jndividualität aufsuchen, und so das Jndividuum auf eine künstliche Weise nachconstruiren. Das kann aber freilich nur geschehen, wenn man die verschiedenen Erscheinungen desselben combinirt und vorher über die Jdee, wie überhaupt Erscheinungen im Menschen combinirt werden müssen, einigermaßen reflectirt hat. Darauf versteht sich nun Garve nicht, weil so etwas gar nicht in der Sphäre seines Denkens liegt: daher nimmt er Handlungen nur einzeln, und so wie die gemeine Betrachtung sie auch findet und sondert, das heißt nach dem Objekt auf welches gehandelt wird. Durch diesen Proceß wird das Jndividuum natürlich nur mechanisch zerstückelt, die Einheiten sind noch an mehreren Orten zerstreut, und in allem, was für einfach gegeben wird, ist noch die ganze Mannigfaltigkeit welche eigentlich aufgelöset werden sollte. Dies ist eine schlechte Operation, und bewährt sich als solche unter andern auch dadurch, daß sie gar keine Form annehmen will. Sehr naiv klagt deshalb Garve darüber, daß das Mannigfaltige durch seine Menge ihn gedrückt habe, und freilich waren der Objekte auf welche der König gehandelt hat, und der Materien

gehoͤrig zu versichern, auf die uninteressanteste Weise fort. Aus denselben Gruͤnden hat auch die Carakteristik eines bestimmten Jndividuums ein ganz verfehltes Werk werden muͤssen. Eine solche soll das Jndividuum chemisch zerlegen, die innerlich verschiedenen Bestandtheile desselben von einander sondern, und in ihrem quantitativen Verhaͤltniß darstellen, dann das innere Princip ihrer Verbindung, das tiefste Geheimniß der Jndividualitaͤt aufsuchen, und so das Jndividuum auf eine kuͤnstliche Weise nachconstruiren. Das kann aber freilich nur geschehen, wenn man die verschiedenen Erscheinungen desselben combinirt und vorher uͤber die Jdee, wie uͤberhaupt Erscheinungen im Menschen combinirt werden muͤssen, einigermaßen reflectirt hat. Darauf versteht sich nun Garve nicht, weil so etwas gar nicht in der Sphaͤre seines Denkens liegt: daher nimmt er Handlungen nur einzeln, und so wie die gemeine Betrachtung sie auch findet und sondert, das heißt nach dem Objekt auf welches gehandelt wird. Durch diesen Proceß wird das Jndividuum natuͤrlich nur mechanisch zerstuͤckelt, die Einheiten sind noch an mehreren Orten zerstreut, und in allem, was fuͤr einfach gegeben wird, ist noch die ganze Mannigfaltigkeit welche eigentlich aufgeloͤset werden sollte. Dies ist eine schlechte Operation, und bewaͤhrt sich als solche unter andern auch dadurch, daß sie gar keine Form annehmen will. Sehr naiv klagt deshalb Garve daruͤber, daß das Mannigfaltige durch seine Menge ihn gedruͤckt habe, und freilich waren der Objekte auf welche der Koͤnig gehandelt hat, und der Materien

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0142" n="134"/>
geho&#x0364;rig zu versichern, auf die uninteressanteste Weise fort. Aus denselben Gru&#x0364;nden hat auch die Carakteristik eines bestimmten Jndividuums ein ganz verfehltes Werk werden mu&#x0364;ssen. Eine solche soll das Jndividuum chemisch zerlegen, die innerlich verschiedenen Bestandtheile desselben von einander sondern, und in ihrem quantitativen Verha&#x0364;ltniß darstellen, dann das innere Princip ihrer Verbindung, das tiefste Geheimniß der Jndividualita&#x0364;t aufsuchen, und so das Jndividuum auf eine ku&#x0364;nstliche Weise nachconstruiren. Das kann aber freilich nur geschehen, wenn man die verschiedenen Erscheinungen desselben combinirt und vorher u&#x0364;ber die Jdee, wie u&#x0364;berhaupt Erscheinungen im Menschen combinirt werden mu&#x0364;ssen, einigermaßen reflectirt hat. Darauf versteht sich nun Garve nicht, weil so etwas gar nicht in der Spha&#x0364;re seines Denkens liegt: daher nimmt er Handlungen nur einzeln, und so wie die gemeine Betrachtung sie auch findet und sondert, das heißt nach dem Objekt auf welches gehandelt wird. Durch diesen Proceß wird das Jndividuum natu&#x0364;rlich nur mechanisch zerstu&#x0364;ckelt, die Einheiten sind noch an mehreren Orten zerstreut, und in allem, was fu&#x0364;r einfach gegeben wird, ist noch die ganze Mannigfaltigkeit welche eigentlich aufgelo&#x0364;set werden sollte. Dies ist eine schlechte Operation, und bewa&#x0364;hrt sich als solche unter andern auch dadurch, daß sie gar keine Form annehmen will. Sehr naiv klagt deshalb Garve daru&#x0364;ber, daß das Mannigfaltige durch seine Menge ihn gedru&#x0364;ckt habe, und freilich waren der Objekte auf welche der Ko&#x0364;nig gehandelt hat, und der Materien
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0142] gehoͤrig zu versichern, auf die uninteressanteste Weise fort. Aus denselben Gruͤnden hat auch die Carakteristik eines bestimmten Jndividuums ein ganz verfehltes Werk werden muͤssen. Eine solche soll das Jndividuum chemisch zerlegen, die innerlich verschiedenen Bestandtheile desselben von einander sondern, und in ihrem quantitativen Verhaͤltniß darstellen, dann das innere Princip ihrer Verbindung, das tiefste Geheimniß der Jndividualitaͤt aufsuchen, und so das Jndividuum auf eine kuͤnstliche Weise nachconstruiren. Das kann aber freilich nur geschehen, wenn man die verschiedenen Erscheinungen desselben combinirt und vorher uͤber die Jdee, wie uͤberhaupt Erscheinungen im Menschen combinirt werden muͤssen, einigermaßen reflectirt hat. Darauf versteht sich nun Garve nicht, weil so etwas gar nicht in der Sphaͤre seines Denkens liegt: daher nimmt er Handlungen nur einzeln, und so wie die gemeine Betrachtung sie auch findet und sondert, das heißt nach dem Objekt auf welches gehandelt wird. Durch diesen Proceß wird das Jndividuum natuͤrlich nur mechanisch zerstuͤckelt, die Einheiten sind noch an mehreren Orten zerstreut, und in allem, was fuͤr einfach gegeben wird, ist noch die ganze Mannigfaltigkeit welche eigentlich aufgeloͤset werden sollte. Dies ist eine schlechte Operation, und bewaͤhrt sich als solche unter andern auch dadurch, daß sie gar keine Form annehmen will. Sehr naiv klagt deshalb Garve daruͤber, daß das Mannigfaltige durch seine Menge ihn gedruͤckt habe, und freilich waren der Objekte auf welche der Koͤnig gehandelt hat, und der Materien

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/142
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/142>, abgerufen am 04.12.2024.