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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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daß wahre Geschichte zum Grunde liegt, wenn gleich vielfach umgebildet. Boccaz ist fast durchaus wahre Geschichte, eben so andre Quellen, aus denen alle romantische Erfindung hergeleitet ist.

Jch habe ein bestimmtes Merkmahl des Gegensatzes zwischen dem Antiken und dem Romantischen aufgestellt. Jndessen bitte ich Sie doch, nun nicht sogleich anzunehmen, daß mir das Romantische und das Moderne völlig gleich gelte. Jch denke es ist etwa eben so verschieden, wie die Gemählde des Raphael und Correggio von den Kupferstichen die jetzt Mode sind. Wollen Sie sich den Unterschied völlig klar machen, so lesen Sie gefälligst etwa die Emilia Galotti, die so unaussprechlich modern und doch im geringsten nicht romantisch ist, und erinnern sich dann an Shakspeare, in den ich das eigentliche Centrum, den Kern der romantischen Fantasie setzen möchte. Da suche und finde ich das Romantische, bey den ältern Modernen, bey Shakspeare, Cervantes, in der italiänischen Poesie, in jenem Zeitalter der Ritter, der Liebe und der Mährchen, aus welchem die Sache und das Wort selbst herstammt. Dieses ist bis jetzt das einzige, was einen Gegensatz zu den classischen Dichtungen des Alterthums abgeben kann; nur diese ewig frischen Blüthen der Fantasie sind würdig die alten Götterbilder zu umkränzen. Und gewiß ist es, daß alles vorzüglichste der modernen Poesie dem Geist und selbst der Art nach dahinneigt; es müßte denn eine Rückkehr zum Antiken seyn sollen. Wie unsre Dichtkunst mit dem Roman, so fing

daß wahre Geschichte zum Grunde liegt, wenn gleich vielfach umgebildet. Boccaz ist fast durchaus wahre Geschichte, eben so andre Quellen, aus denen alle romantische Erfindung hergeleitet ist.

Jch habe ein bestimmtes Merkmahl des Gegensatzes zwischen dem Antiken und dem Romantischen aufgestellt. Jndessen bitte ich Sie doch, nun nicht sogleich anzunehmen, daß mir das Romantische und das Moderne voͤllig gleich gelte. Jch denke es ist etwa eben so verschieden, wie die Gemaͤhlde des Raphael und Correggio von den Kupferstichen die jetzt Mode sind. Wollen Sie sich den Unterschied voͤllig klar machen, so lesen Sie gefaͤlligst etwa die Emilia Galotti, die so unaussprechlich modern und doch im geringsten nicht romantisch ist, und erinnern sich dann an Shakspeare, in den ich das eigentliche Centrum, den Kern der romantischen Fantasie setzen moͤchte. Da suche und finde ich das Romantische, bey den aͤltern Modernen, bey Shakspeare, Cervantes, in der italiaͤnischen Poesie, in jenem Zeitalter der Ritter, der Liebe und der Maͤhrchen, aus welchem die Sache und das Wort selbst herstammt. Dieses ist bis jetzt das einzige, was einen Gegensatz zu den classischen Dichtungen des Alterthums abgeben kann; nur diese ewig frischen Bluͤthen der Fantasie sind wuͤrdig die alten Goͤtterbilder zu umkraͤnzen. Und gewiß ist es, daß alles vorzuͤglichste der modernen Poesie dem Geist und selbst der Art nach dahinneigt; es muͤßte denn eine Ruͤckkehr zum Antiken seyn sollen. Wie unsre Dichtkunst mit dem Roman, so fing

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[122/0130] daß wahre Geschichte zum Grunde liegt, wenn gleich vielfach umgebildet. Boccaz ist fast durchaus wahre Geschichte, eben so andre Quellen, aus denen alle romantische Erfindung hergeleitet ist. Jch habe ein bestimmtes Merkmahl des Gegensatzes zwischen dem Antiken und dem Romantischen aufgestellt. Jndessen bitte ich Sie doch, nun nicht sogleich anzunehmen, daß mir das Romantische und das Moderne voͤllig gleich gelte. Jch denke es ist etwa eben so verschieden, wie die Gemaͤhlde des Raphael und Correggio von den Kupferstichen die jetzt Mode sind. Wollen Sie sich den Unterschied voͤllig klar machen, so lesen Sie gefaͤlligst etwa die Emilia Galotti, die so unaussprechlich modern und doch im geringsten nicht romantisch ist, und erinnern sich dann an Shakspeare, in den ich das eigentliche Centrum, den Kern der romantischen Fantasie setzen moͤchte. Da suche und finde ich das Romantische, bey den aͤltern Modernen, bey Shakspeare, Cervantes, in der italiaͤnischen Poesie, in jenem Zeitalter der Ritter, der Liebe und der Maͤhrchen, aus welchem die Sache und das Wort selbst herstammt. Dieses ist bis jetzt das einzige, was einen Gegensatz zu den classischen Dichtungen des Alterthums abgeben kann; nur diese ewig frischen Bluͤthen der Fantasie sind wuͤrdig die alten Goͤtterbilder zu umkraͤnzen. Und gewiß ist es, daß alles vorzuͤglichste der modernen Poesie dem Geist und selbst der Art nach dahinneigt; es muͤßte denn eine Ruͤckkehr zum Antiken seyn sollen. Wie unsre Dichtkunst mit dem Roman, so fing

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/130>, abgerufen am 12.12.2024.