Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Marcus. Und sollte Plato von dieser nicht eben so viel gewußt haben als Spinosa, der mir wegen seiner barbarischen Form nun einmal nicht genießbar ist.

Antonio. Gesetzt, Plato wäre auch was er doch nicht ist, eben so objektiv in dieser Hinsicht als Spinosa: so war es doch besser, daß unser Freund den letzten wählte, um uns den Urquell der Poesie in den Mysterien des Realismus zu zeigen, grade weil bey ihm an keine Poesie der Form zu denken ist. Dem Plato hingegen ist die Darstellung und ihre Vollkommenheit und Schönheit nicht Mittel, sondern Zweck an sich. Darum ist schon seine Form, streng genommen, durchaus poetisch.

Ludoviko. Jch habe in der Rede selbst gesagt, daß ich den Spinosa nur als Repräsentanten anführe. Hätte ich weitläuftiger seyn wollen, so würde ich auch vom großen Jacob Böhme geredet haben.

Antonio. An dem Sie zugleich hätten zeigen können, ob sich die Jdeen über das Universum in christlicher Gestalt schlechter ausnehmen, als die alten, die Sie wieder einführen wollen.

Andrea. Jch bitte die alten Götter in Ehren zu halten.

Lothario. Und ich bitte sich an die Eleusinischen Mysterien zu erinnern. Jch wünschte, ich hätte meine Gedanken darüber zu Papiere gebracht, um sie Euch in der Ordnung und Ausführlichkeit vorlegen zu können, welche die Würde und Wichtigkeit des Gegenstandes erfodert. Nur durch die Spuren von den

Marcus. Und sollte Plato von dieser nicht eben so viel gewußt haben als Spinosa, der mir wegen seiner barbarischen Form nun einmal nicht genießbar ist.

Antonio. Gesetzt, Plato waͤre auch was er doch nicht ist, eben so objektiv in dieser Hinsicht als Spinosa: so war es doch besser, daß unser Freund den letzten waͤhlte, um uns den Urquell der Poesie in den Mysterien des Realismus zu zeigen, grade weil bey ihm an keine Poesie der Form zu denken ist. Dem Plato hingegen ist die Darstellung und ihre Vollkommenheit und Schoͤnheit nicht Mittel, sondern Zweck an sich. Darum ist schon seine Form, streng genommen, durchaus poetisch.

Ludoviko. Jch habe in der Rede selbst gesagt, daß ich den Spinosa nur als Repraͤsentanten anfuͤhre. Haͤtte ich weitlaͤuftiger seyn wollen, so wuͤrde ich auch vom großen Jacob Boͤhme geredet haben.

Antonio. An dem Sie zugleich haͤtten zeigen koͤnnen, ob sich die Jdeen uͤber das Universum in christlicher Gestalt schlechter ausnehmen, als die alten, die Sie wieder einfuͤhren wollen.

Andrea. Jch bitte die alten Goͤtter in Ehren zu halten.

Lothario. Und ich bitte sich an die Eleusinischen Mysterien zu erinnern. Jch wuͤnschte, ich haͤtte meine Gedanken daruͤber zu Papiere gebracht, um sie Euch in der Ordnung und Ausfuͤhrlichkeit vorlegen zu koͤnnen, welche die Wuͤrde und Wichtigkeit des Gegenstandes erfodert. Nur durch die Spuren von den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0117" n="109"/>
            <p><hi rendition="#g">Marcus</hi>. Und sollte Plato von dieser nicht eben so viel gewußt haben als Spinosa, der mir wegen seiner barbarischen Form nun einmal nicht genießbar ist.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Antonio</hi>. Gesetzt, Plato wa&#x0364;re auch was er doch nicht ist, eben so objektiv in dieser Hinsicht als Spinosa: so war es doch besser, daß unser Freund den letzten wa&#x0364;hlte, um uns den Urquell der Poesie in den Mysterien des Realismus zu zeigen, grade weil bey ihm an keine Poesie der Form zu denken ist. Dem Plato hingegen ist die Darstellung und ihre Vollkommenheit und Scho&#x0364;nheit nicht Mittel, sondern Zweck an sich. Darum ist schon seine Form, streng genommen, durchaus poetisch.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Ludoviko</hi>. Jch habe in der Rede selbst gesagt, daß ich den Spinosa nur als Repra&#x0364;sentanten anfu&#x0364;hre. Ha&#x0364;tte ich weitla&#x0364;uftiger seyn wollen, so wu&#x0364;rde ich auch vom großen Jacob Bo&#x0364;hme geredet haben.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Antonio</hi>. An dem Sie zugleich ha&#x0364;tten zeigen ko&#x0364;nnen, ob sich die Jdeen u&#x0364;ber das Universum in christlicher Gestalt schlechter ausnehmen, als die alten, die Sie wieder einfu&#x0364;hren wollen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Andrea</hi>. Jch bitte die alten Go&#x0364;tter in Ehren zu halten.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Lothario</hi>. Und ich bitte sich an die Eleusinischen Mysterien zu erinnern. Jch wu&#x0364;nschte, ich ha&#x0364;tte meine Gedanken daru&#x0364;ber zu Papiere gebracht, um sie Euch in der Ordnung und Ausfu&#x0364;hrlichkeit vorlegen zu ko&#x0364;nnen, welche die Wu&#x0364;rde und Wichtigkeit des Gegenstandes erfodert. Nur durch die Spuren von den
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0117] Marcus. Und sollte Plato von dieser nicht eben so viel gewußt haben als Spinosa, der mir wegen seiner barbarischen Form nun einmal nicht genießbar ist. Antonio. Gesetzt, Plato waͤre auch was er doch nicht ist, eben so objektiv in dieser Hinsicht als Spinosa: so war es doch besser, daß unser Freund den letzten waͤhlte, um uns den Urquell der Poesie in den Mysterien des Realismus zu zeigen, grade weil bey ihm an keine Poesie der Form zu denken ist. Dem Plato hingegen ist die Darstellung und ihre Vollkommenheit und Schoͤnheit nicht Mittel, sondern Zweck an sich. Darum ist schon seine Form, streng genommen, durchaus poetisch. Ludoviko. Jch habe in der Rede selbst gesagt, daß ich den Spinosa nur als Repraͤsentanten anfuͤhre. Haͤtte ich weitlaͤuftiger seyn wollen, so wuͤrde ich auch vom großen Jacob Boͤhme geredet haben. Antonio. An dem Sie zugleich haͤtten zeigen koͤnnen, ob sich die Jdeen uͤber das Universum in christlicher Gestalt schlechter ausnehmen, als die alten, die Sie wieder einfuͤhren wollen. Andrea. Jch bitte die alten Goͤtter in Ehren zu halten. Lothario. Und ich bitte sich an die Eleusinischen Mysterien zu erinnern. Jch wuͤnschte, ich haͤtte meine Gedanken daruͤber zu Papiere gebracht, um sie Euch in der Ordnung und Ausfuͤhrlichkeit vorlegen zu koͤnnen, welche die Wuͤrde und Wichtigkeit des Gegenstandes erfodert. Nur durch die Spuren von den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/117
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/117>, abgerufen am 25.11.2024.