Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.für den Gang des Ganzen erwarten lassen, darin kann unsre Erwartung nicht getäuscht werden. Der Jdealismus in jeder Form muß auf eine oder die andre Art aus sich herausgehn, um in sich zurückkehren zu können, und zu bleiben was er ist. Deswegen muß und wird sich aus seinem Schooß ein neuer eben so gränzenloser Realismus erheben; und der Jdealismus also nicht bloß in seiner Entstehungsart ein Beyspiel für die neue Mythologie, sondern selbst auf indirekte Art Quelle derselben werden. Die Spuren einer ähnlichen Tendenz könnt ihr schon jetzt fast überall wahrnehmen; besonders in der Physik, der es an nichts mehr zu fehlen scheint, als an einer mythologischen Ansicht der Natur. Auch ich trage schon lange das Jdeal eines solchen Realismus in mir, und wenn es bisher nicht zur Mittheilung gekommen ist, so war es nur, weil ich das Organ dazu noch suche. Doch weiß ich, daß ichs nur in der Poesie finden kann, denn in Gestalt der Philosophie oder gar eines Systems wird der Realismus nie wieder auftreten können. Und selbst nach einer allgemeinen Tradition ist es zu erwarten, daß dieser neue Realismus, weil er doch idealischen Ursprungs seyn, und gleichsam auf idealischem Grund und Boden schweben muß, als Poesie erscheinen wird, die ja auf der Harmonie des Jdeellen und Reellen beruhen soll. Spinosa, scheint mirs, hat ein gleiches Schicksal, wie der gute alte Saturn der Fabel. Die neuen Götter haben den Herrlichen vom hohen Thron der Wissenschaft fuͤr den Gang des Ganzen erwarten lassen, darin kann unsre Erwartung nicht getaͤuscht werden. Der Jdealismus in jeder Form muß auf eine oder die andre Art aus sich herausgehn, um in sich zuruͤckkehren zu koͤnnen, und zu bleiben was er ist. Deswegen muß und wird sich aus seinem Schooß ein neuer eben so graͤnzenloser Realismus erheben; und der Jdealismus also nicht bloß in seiner Entstehungsart ein Beyspiel fuͤr die neue Mythologie, sondern selbst auf indirekte Art Quelle derselben werden. Die Spuren einer aͤhnlichen Tendenz koͤnnt ihr schon jetzt fast uͤberall wahrnehmen; besonders in der Physik, der es an nichts mehr zu fehlen scheint, als an einer mythologischen Ansicht der Natur. Auch ich trage schon lange das Jdeal eines solchen Realismus in mir, und wenn es bisher nicht zur Mittheilung gekommen ist, so war es nur, weil ich das Organ dazu noch suche. Doch weiß ich, daß ichs nur in der Poesie finden kann, denn in Gestalt der Philosophie oder gar eines Systems wird der Realismus nie wieder auftreten koͤnnen. Und selbst nach einer allgemeinen Tradition ist es zu erwarten, daß dieser neue Realismus, weil er doch idealischen Ursprungs seyn, und gleichsam auf idealischem Grund und Boden schweben muß, als Poesie erscheinen wird, die ja auf der Harmonie des Jdeellen und Reellen beruhen soll. Spinosa, scheint mirs, hat ein gleiches Schicksal, wie der gute alte Saturn der Fabel. Die neuen Goͤtter haben den Herrlichen vom hohen Thron der Wissenschaft <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0107" n="99"/> fuͤr den Gang des Ganzen erwarten lassen, darin kann unsre Erwartung nicht getaͤuscht werden. Der Jdealismus in jeder Form muß auf eine oder die andre Art aus sich herausgehn, um in sich zuruͤckkehren zu koͤnnen, und zu bleiben was er ist. Deswegen muß und wird sich aus seinem Schooß ein neuer eben so graͤnzenloser Realismus erheben; und der Jdealismus also nicht bloß in seiner Entstehungsart ein Beyspiel fuͤr die neue Mythologie, sondern selbst auf indirekte Art Quelle derselben werden. Die Spuren einer aͤhnlichen Tendenz koͤnnt ihr schon jetzt fast uͤberall wahrnehmen; besonders in der Physik, der es an nichts mehr zu fehlen scheint, als an einer mythologischen Ansicht der Natur.</p><lb/> <p>Auch ich trage schon lange das Jdeal eines solchen Realismus in mir, und wenn es bisher nicht zur Mittheilung gekommen ist, so war es nur, weil ich das Organ dazu noch suche. Doch weiß ich, daß ichs nur in der Poesie finden kann, denn in Gestalt der Philosophie oder gar eines Systems wird der Realismus nie wieder auftreten koͤnnen. Und selbst nach einer allgemeinen Tradition ist es zu erwarten, daß dieser neue <choice><sic>Realismns</sic><corr>Realismus</corr></choice>, weil er doch idealischen Ursprungs seyn, und gleichsam auf idealischem Grund und Boden schweben muß, als Poesie erscheinen wird, die ja auf der Harmonie des Jdeellen und Reellen beruhen soll.</p><lb/> <p>Spinosa, scheint mirs, hat ein gleiches Schicksal, wie der gute alte Saturn der Fabel. Die neuen Goͤtter haben den Herrlichen vom hohen Thron der Wissenschaft </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [99/0107]
fuͤr den Gang des Ganzen erwarten lassen, darin kann unsre Erwartung nicht getaͤuscht werden. Der Jdealismus in jeder Form muß auf eine oder die andre Art aus sich herausgehn, um in sich zuruͤckkehren zu koͤnnen, und zu bleiben was er ist. Deswegen muß und wird sich aus seinem Schooß ein neuer eben so graͤnzenloser Realismus erheben; und der Jdealismus also nicht bloß in seiner Entstehungsart ein Beyspiel fuͤr die neue Mythologie, sondern selbst auf indirekte Art Quelle derselben werden. Die Spuren einer aͤhnlichen Tendenz koͤnnt ihr schon jetzt fast uͤberall wahrnehmen; besonders in der Physik, der es an nichts mehr zu fehlen scheint, als an einer mythologischen Ansicht der Natur.
Auch ich trage schon lange das Jdeal eines solchen Realismus in mir, und wenn es bisher nicht zur Mittheilung gekommen ist, so war es nur, weil ich das Organ dazu noch suche. Doch weiß ich, daß ichs nur in der Poesie finden kann, denn in Gestalt der Philosophie oder gar eines Systems wird der Realismus nie wieder auftreten koͤnnen. Und selbst nach einer allgemeinen Tradition ist es zu erwarten, daß dieser neue Realismus, weil er doch idealischen Ursprungs seyn, und gleichsam auf idealischem Grund und Boden schweben muß, als Poesie erscheinen wird, die ja auf der Harmonie des Jdeellen und Reellen beruhen soll.
Spinosa, scheint mirs, hat ein gleiches Schicksal, wie der gute alte Saturn der Fabel. Die neuen Goͤtter haben den Herrlichen vom hohen Thron der Wissenschaft
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |