Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.
sind, wird sein Verdienst als Uebersetzer und Sprachkünstler, der eine neue Gegend mit unsäglicher Kraft und Ausdauer urbar gemacht, um so heller glänzen, je mehr seine vorläufigen Arbeiten durch nachfolgende, bessere übertroffen werden, weil man dann einsehn wird, daß diese nur durch jene möglich gemacht worden waren. Marcus. Bey den Alten gab es auch im eigentlichsten Sinne Schulen der Poesie. Und ich will es nicht leugnen, ich hege die Hoffnung, daß dieß noch jetzt möglich sey. Was ist wohl ausführbarer, und was zugleich wünschenswürdiger, als ein gründlicher Unterricht in der metrischen Kunst? Aus dem Theater kann gewiß nicht eher etwas rechtes werden, bis ein Dichter das Ganze dirigirt, und viele in einem Geiste dafür arbeiten. Jch deute nur auf einige Wege zur Möglichkeit, meine Jdee auszuführen. Es könnte in der That das Ziel meines Ehrgeizes seyn, eine solche Schule zu vereinigen und so wenigstens einige Arten und einige Mittel der Poesie in einen gründlichen Zustand zu bringen. Amalia. Warum wieder nur Arten und Mittel? -- Warum nicht die ganze eine und untheilbare Poesie? -- Unser Freund kann gar nicht von seiner alten Unart lassen; er muß immer sondern und theilen, wo doch nur das Ganze in ungetheilter Kraft wirken und befriedigen kann. Und ich hoffe, Sie werden doch Jhre Schule nicht so ganz allein stiften wollen? Camilla. Sonst mag er auch sein eigner Schüler sind, wird sein Verdienst als Uebersetzer und Sprachkuͤnstler, der eine neue Gegend mit unsaͤglicher Kraft und Ausdauer urbar gemacht, um so heller glaͤnzen, je mehr seine vorlaͤufigen Arbeiten durch nachfolgende, bessere uͤbertroffen werden, weil man dann einsehn wird, daß diese nur durch jene moͤglich gemacht worden waren. Marcus. Bey den Alten gab es auch im eigentlichsten Sinne Schulen der Poesie. Und ich will es nicht leugnen, ich hege die Hoffnung, daß dieß noch jetzt moͤglich sey. Was ist wohl ausfuͤhrbarer, und was zugleich wuͤnschenswuͤrdiger, als ein gruͤndlicher Unterricht in der metrischen Kunst? Aus dem Theater kann gewiß nicht eher etwas rechtes werden, bis ein Dichter das Ganze dirigirt, und viele in einem Geiste dafuͤr arbeiten. Jch deute nur auf einige Wege zur Moͤglichkeit, meine Jdee auszufuͤhren. Es koͤnnte in der That das Ziel meines Ehrgeizes seyn, eine solche Schule zu vereinigen und so wenigstens einige Arten und einige Mittel der Poesie in einen gruͤndlichen Zustand zu bringen. Amalia. Warum wieder nur Arten und Mittel? — Warum nicht die ganze eine und untheilbare Poesie? — Unser Freund kann gar nicht von seiner alten Unart lassen; er muß immer sondern und theilen, wo doch nur das Ganze in ungetheilter Kraft wirken und befriedigen kann. Und ich hoffe, Sie werden doch Jhre Schule nicht so ganz allein stiften wollen? Camilla. Sonst mag er auch sein eigner Schuͤler <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0100" n="92"/> sind, wird sein Verdienst als Uebersetzer und Sprachkuͤnstler, der eine neue Gegend mit unsaͤglicher Kraft und Ausdauer urbar gemacht, um so heller glaͤnzen, je mehr seine vorlaͤufigen Arbeiten durch nachfolgende, bessere uͤbertroffen werden, weil man dann einsehn wird, daß diese nur durch jene moͤglich gemacht worden waren.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Marcus</hi>. Bey den Alten gab es auch im eigentlichsten Sinne Schulen der Poesie. Und ich will es nicht leugnen, ich hege die Hoffnung, daß dieß noch jetzt moͤglich sey. Was ist wohl ausfuͤhrbarer, und was zugleich wuͤnschenswuͤrdiger, als ein gruͤndlicher Unterricht in der metrischen Kunst? Aus dem Theater kann gewiß nicht eher etwas rechtes werden, bis ein Dichter das Ganze dirigirt, und viele in einem Geiste dafuͤr arbeiten. Jch deute nur auf einige Wege zur Moͤglichkeit, meine Jdee auszufuͤhren. Es koͤnnte in der That das Ziel meines Ehrgeizes seyn, eine solche Schule zu vereinigen und so wenigstens einige Arten und einige Mittel der Poesie in einen gruͤndlichen Zustand zu bringen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Amalia</hi>. Warum wieder nur Arten und Mittel? — Warum nicht die ganze eine und untheilbare Poesie? — Unser Freund kann gar nicht von seiner alten Unart lassen; er muß immer sondern und theilen, wo doch nur das Ganze in ungetheilter Kraft wirken und befriedigen kann. Und ich hoffe, Sie werden doch Jhre Schule nicht so ganz allein stiften wollen?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Camilla</hi>. Sonst mag er auch sein eigner Schuͤler </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0100]
sind, wird sein Verdienst als Uebersetzer und Sprachkuͤnstler, der eine neue Gegend mit unsaͤglicher Kraft und Ausdauer urbar gemacht, um so heller glaͤnzen, je mehr seine vorlaͤufigen Arbeiten durch nachfolgende, bessere uͤbertroffen werden, weil man dann einsehn wird, daß diese nur durch jene moͤglich gemacht worden waren.
Marcus. Bey den Alten gab es auch im eigentlichsten Sinne Schulen der Poesie. Und ich will es nicht leugnen, ich hege die Hoffnung, daß dieß noch jetzt moͤglich sey. Was ist wohl ausfuͤhrbarer, und was zugleich wuͤnschenswuͤrdiger, als ein gruͤndlicher Unterricht in der metrischen Kunst? Aus dem Theater kann gewiß nicht eher etwas rechtes werden, bis ein Dichter das Ganze dirigirt, und viele in einem Geiste dafuͤr arbeiten. Jch deute nur auf einige Wege zur Moͤglichkeit, meine Jdee auszufuͤhren. Es koͤnnte in der That das Ziel meines Ehrgeizes seyn, eine solche Schule zu vereinigen und so wenigstens einige Arten und einige Mittel der Poesie in einen gruͤndlichen Zustand zu bringen.
Amalia. Warum wieder nur Arten und Mittel? — Warum nicht die ganze eine und untheilbare Poesie? — Unser Freund kann gar nicht von seiner alten Unart lassen; er muß immer sondern und theilen, wo doch nur das Ganze in ungetheilter Kraft wirken und befriedigen kann. Und ich hoffe, Sie werden doch Jhre Schule nicht so ganz allein stiften wollen?
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| Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/100>, abgerufen am 23.11.2024. |
