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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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man muß sich keinesweges einen prahlenden Sonnenaufgang dabey denken. Das Auge wird im Vorgrunde durch die Schatten, worin dieser und die Felsen ruhn, geschont, und in der Ferne durch die stille Behandlung des Glänzenden. Man entdeckt nicht einmal die Sonnenscheibe sogleich, und der Tag scheint erst höher herauf, indem man vor dem Bilde steht.

Wie ganz anders ist Ruisdael und doch wie vortrefflich, selbst in seiner Beschränktheit! Hier ist eins seiner größeren Stücke, eine durchsichtige Baumgegend auf wasserreichem Moorgrunde. Jeder Stamm sondert sich von dem andern, und weicht bis zu der fernen Helle, unter dem Laubwerke hin, zurück. Eine glänzende Wolke, halb hinter den Wipfeln der Bäume versteckt, wirft die herrlichsten Wiederscheine zwischen sie auf den Boden hinunter, welche das breite Gewässer des Vorgrundes nochmals in einen dunkeln Spiegel aufnimmt. Dieses ist mit Pflanzen und Gesträuch durchwachsen, die seine Schatten vertiefen, und zugleich durch die Reflexion der kleinsten wie der großen Gegenstände ganz durchsichtig machen. Die vorderen Stämme heben sich um so mehr hervor, weil es meistens Buchen mit weißer Rinde sind; der ansehnlichste darunter ist völlig nackt, und stellt sich, besonders wo er oben herunter schräg abgespaltet ist, sehr täuschend dar. Die durch Verschiedenheit der Töne äußerst mannichfaltigen Baumpartien sind mit so viel Freyheit als Fleiß gearbeitet. Jn einigen bräuneren Tinten zeigt sich der nahende Herbst. Das Laub selbst hat wenig Abwechselung. Ruisdael kannte nur

man muß sich keinesweges einen prahlenden Sonnenaufgang dabey denken. Das Auge wird im Vorgrunde durch die Schatten, worin dieser und die Felsen ruhn, geschont, und in der Ferne durch die stille Behandlung des Glaͤnzenden. Man entdeckt nicht einmal die Sonnenscheibe sogleich, und der Tag scheint erst hoͤher herauf, indem man vor dem Bilde steht.

Wie ganz anders ist Ruisdael und doch wie vortrefflich, selbst in seiner Beschraͤnktheit! Hier ist eins seiner groͤßeren Stuͤcke, eine durchsichtige Baumgegend auf wasserreichem Moorgrunde. Jeder Stamm sondert sich von dem andern, und weicht bis zu der fernen Helle, unter dem Laubwerke hin, zuruͤck. Eine glaͤnzende Wolke, halb hinter den Wipfeln der Baͤume versteckt, wirft die herrlichsten Wiederscheine zwischen sie auf den Boden hinunter, welche das breite Gewaͤsser des Vorgrundes nochmals in einen dunkeln Spiegel aufnimmt. Dieses ist mit Pflanzen und Gestraͤuch durchwachsen, die seine Schatten vertiefen, und zugleich durch die Reflexion der kleinsten wie der großen Gegenstaͤnde ganz durchsichtig machen. Die vorderen Staͤmme heben sich um so mehr hervor, weil es meistens Buchen mit weißer Rinde sind; der ansehnlichste darunter ist voͤllig nackt, und stellt sich, besonders wo er oben herunter schraͤg abgespaltet ist, sehr taͤuschend dar. Die durch Verschiedenheit der Toͤne aͤußerst mannichfaltigen Baumpartien sind mit so viel Freyheit als Fleiß gearbeitet. Jn einigen braͤuneren Tinten zeigt sich der nahende Herbst. Das Laub selbst hat wenig Abwechselung. Ruisdael kannte nur

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[60/0068] man muß sich keinesweges einen prahlenden Sonnenaufgang dabey denken. Das Auge wird im Vorgrunde durch die Schatten, worin dieser und die Felsen ruhn, geschont, und in der Ferne durch die stille Behandlung des Glaͤnzenden. Man entdeckt nicht einmal die Sonnenscheibe sogleich, und der Tag scheint erst hoͤher herauf, indem man vor dem Bilde steht. Wie ganz anders ist Ruisdael und doch wie vortrefflich, selbst in seiner Beschraͤnktheit! Hier ist eins seiner groͤßeren Stuͤcke, eine durchsichtige Baumgegend auf wasserreichem Moorgrunde. Jeder Stamm sondert sich von dem andern, und weicht bis zu der fernen Helle, unter dem Laubwerke hin, zuruͤck. Eine glaͤnzende Wolke, halb hinter den Wipfeln der Baͤume versteckt, wirft die herrlichsten Wiederscheine zwischen sie auf den Boden hinunter, welche das breite Gewaͤsser des Vorgrundes nochmals in einen dunkeln Spiegel aufnimmt. Dieses ist mit Pflanzen und Gestraͤuch durchwachsen, die seine Schatten vertiefen, und zugleich durch die Reflexion der kleinsten wie der großen Gegenstaͤnde ganz durchsichtig machen. Die vorderen Staͤmme heben sich um so mehr hervor, weil es meistens Buchen mit weißer Rinde sind; der ansehnlichste darunter ist voͤllig nackt, und stellt sich, besonders wo er oben herunter schraͤg abgespaltet ist, sehr taͤuschend dar. Die durch Verschiedenheit der Toͤne aͤußerst mannichfaltigen Baumpartien sind mit so viel Freyheit als Fleiß gearbeitet. Jn einigen braͤuneren Tinten zeigt sich der nahende Herbst. Das Laub selbst hat wenig Abwechselung. Ruisdael kannte nur

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/68>, abgerufen am 25.11.2024.