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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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erkannte nun, daß das, was er bisher für seine lebhafte Einbildungskraft gehalten, bloße Hämorrhoiden gewesen; er gestand auch mit vieler Beschämung, daß seine neueren Schriften, worin er sich wie ein Blutigel an die Werke der vortrefflichsten Zeitgenossen, eines Göthe, Schiller, Kant, Fichte, Schelling, u. a. anzusaugen versucht, jedesmal aber kraftlos abgefallen, bloß aus einer mit dunklem Bewußtseyn verknüpften Nachahmung des Arzneymittels, welches ihm fehlte, entstanden seyn müßten, und bat, das Andenken dieser Krankheits-Symptome wo möglich auszulöschen. Die Akademie will dem Vernehmen nach das ihrige thun, um jene Schriften dem Auge des Publicums zu entziehen, und sie in dieser Absicht unter ihre eignen Memoires aufnehmen.




Anfrage.

Man wünscht belehrt zu werden, wie sich eine gelehrte Zeitung ohne alle Anonymität einrichten ließe. Es ist zwar nicht unbekannt, daß kürzlich bey einer solchen Anstalt die Nennung der Recensenten zum Gesetz gemacht worden; dies hat aber zur Folge gehabt (was man eben vermeiden möchte), daß plötzlich sowohl die recensirten Schriften als die darüber gesagten Dinge anonym wurden; die vielen anonymen Namen der Beurtheiler nicht einmal gerechnet.




Sachen, so zu verkaufen.

Bei der allgemeinen Revision einer Handlung ergiebt es sich bisweilen, daß sehr gute Artikel von altem Schrot und Korn auf dem Lager geblieben sind, bloß deswegen, weil das belehrungliebende Publikum nicht weiß, daß sie noch zu haben sind. Als einen Anhang zu seiner Handbibliothek macht Herr Fr. Nikolai hiemit bekannt: daß noch für junge Gelehrte eine ansehnliche Parthie von seinen überverdienstlichen Jahren zu haben ist, die er mit verhältnißmäßigen Portionen von seiner lebhaften Einbildungskraft und seinem Streben mit der Zeit fortzuschreiten, indem diese Artikel nicht getrennt werden dürfen, zusammen verkaufen will: alles aus Liebe zur deutschen Litteratur und besonderer Umstände wegen, auf kurze Zeit um einen sehr billigen Preis.




erkannte nun, daß das, was er bisher fuͤr seine lebhafte Einbildungskraft gehalten, bloße Haͤmorrhoiden gewesen; er gestand auch mit vieler Beschaͤmung, daß seine neueren Schriften, worin er sich wie ein Blutigel an die Werke der vortrefflichsten Zeitgenossen, eines Goͤthe, Schiller, Kant, Fichte, Schelling, u. a. anzusaugen versucht, jedesmal aber kraftlos abgefallen, bloß aus einer mit dunklem Bewußtseyn verknuͤpften Nachahmung des Arzneymittels, welches ihm fehlte, entstanden seyn muͤßten, und bat, das Andenken dieser Krankheits-Symptome wo moͤglich auszuloͤschen. Die Akademie will dem Vernehmen nach das ihrige thun, um jene Schriften dem Auge des Publicums zu entziehen, und sie in dieser Absicht unter ihre eignen Mémoires aufnehmen.




Anfrage.

Man wuͤnscht belehrt zu werden, wie sich eine gelehrte Zeitung ohne alle Anonymitaͤt einrichten ließe. Es ist zwar nicht unbekannt, daß kuͤrzlich bey einer solchen Anstalt die Nennung der Recensenten zum Gesetz gemacht worden; dies hat aber zur Folge gehabt (was man eben vermeiden moͤchte), daß ploͤtzlich sowohl die recensirten Schriften als die daruͤber gesagten Dinge anonym wurden; die vielen anonymen Namen der Beurtheiler nicht einmal gerechnet.




Sachen, so zu verkaufen.

Bei der allgemeinen Revision einer Handlung ergiebt es sich bisweilen, daß sehr gute Artikel von altem Schrot und Korn auf dem Lager geblieben sind, bloß deswegen, weil das belehrungliebende Publikum nicht weiß, daß sie noch zu haben sind. Als einen Anhang zu seiner Handbibliothek macht Herr Fr. Nikolai hiemit bekannt: daß noch fuͤr junge Gelehrte eine ansehnliche Parthie von seinen uͤberverdienstlichen Jahren zu haben ist, die er mit verhaͤltnißmaͤßigen Portionen von seiner lebhaften Einbildungskraft und seinem Streben mit der Zeit fortzuschreiten, indem diese Artikel nicht getrennt werden duͤrfen, zusammen verkaufen will: alles aus Liebe zur deutschen Litteratur und besonderer Umstaͤnde wegen, auf kurze Zeit um einen sehr billigen Preis.




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[338/0348] erkannte nun, daß das, was er bisher fuͤr seine lebhafte Einbildungskraft gehalten, bloße Haͤmorrhoiden gewesen; er gestand auch mit vieler Beschaͤmung, daß seine neueren Schriften, worin er sich wie ein Blutigel an die Werke der vortrefflichsten Zeitgenossen, eines Goͤthe, Schiller, Kant, Fichte, Schelling, u. a. anzusaugen versucht, jedesmal aber kraftlos abgefallen, bloß aus einer mit dunklem Bewußtseyn verknuͤpften Nachahmung des Arzneymittels, welches ihm fehlte, entstanden seyn muͤßten, und bat, das Andenken dieser Krankheits-Symptome wo moͤglich auszuloͤschen. Die Akademie will dem Vernehmen nach das ihrige thun, um jene Schriften dem Auge des Publicums zu entziehen, und sie in dieser Absicht unter ihre eignen Mémoires aufnehmen. Anfrage. Man wuͤnscht belehrt zu werden, wie sich eine gelehrte Zeitung ohne alle Anonymitaͤt einrichten ließe. Es ist zwar nicht unbekannt, daß kuͤrzlich bey einer solchen Anstalt die Nennung der Recensenten zum Gesetz gemacht worden; dies hat aber zur Folge gehabt (was man eben vermeiden moͤchte), daß ploͤtzlich sowohl die recensirten Schriften als die daruͤber gesagten Dinge anonym wurden; die vielen anonymen Namen der Beurtheiler nicht einmal gerechnet. Sachen, so zu verkaufen. Bei der allgemeinen Revision einer Handlung ergiebt es sich bisweilen, daß sehr gute Artikel von altem Schrot und Korn auf dem Lager geblieben sind, bloß deswegen, weil das belehrungliebende Publikum nicht weiß, daß sie noch zu haben sind. Als einen Anhang zu seiner Handbibliothek macht Herr Fr. Nikolai hiemit bekannt: daß noch fuͤr junge Gelehrte eine ansehnliche Parthie von seinen uͤberverdienstlichen Jahren zu haben ist, die er mit verhaͤltnißmaͤßigen Portionen von seiner lebhaften Einbildungskraft und seinem Streben mit der Zeit fortzuschreiten, indem diese Artikel nicht getrennt werden duͤrfen, zusammen verkaufen will: alles aus Liebe zur deutschen Litteratur und besonderer Umstaͤnde wegen, auf kurze Zeit um einen sehr billigen Preis.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/348>, abgerufen am 16.07.2024.