Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.zu werden, von wegen des Keuschheitsgelübdes; und daß eine Wittwe sich hüten muß, mit goldenen Buchstaben auf das öffentliche Denkmahl ihres verstorbenen Mannes zu schreiben, daß sie niemals die Frau eines andern werden wolle; weil beyde nicht sicher seyn können, ob es sie nicht einmal gereuen wird. Die bisher in Deutschland gangbare Uebersetzung des Don Quixote war ganz spaßhaft zu lesen, nur fehlte -- die Poesie, sowohl die in Versen als die der Prosa; und somit der Zusammenhang des Werks, in dem eben nicht viel mehr aber auch nicht weniger Zusammenhang ist wie in einer Composition der Musik oder der Mahlerey. Don Quixote's schöner Jähzorn und hochtrabende Gelassenheit verlor oft die feinsten Züge und Sancho nähert sich dem niedersächsischen Bauer. Ein Dichter und vertrauter Freund der alten romantischen Poesie wie Tieck muß es seyn, der diesen Mangel ersetzen und den Eindruck und Geist des Ganzen im Deutschen wiedergeben und nachbilden will. Er hat den Versuch angefangen und der erste Theil seiner Uebersetzung zeigt zur Genüge, wie sehr es ihm gelingt, den Ton und die Farbe des Originals nachzuahmen, und so weit es möglich ist, zu erreichen. Auch viele Stellen von denen die fast unübersetzlich scheinen können, sind überraschend glücklich ausgedrückt. zu werden, von wegen des Keuschheitsgeluͤbdes; und daß eine Wittwe sich huͤten muß, mit goldenen Buchstaben auf das oͤffentliche Denkmahl ihres verstorbenen Mannes zu schreiben, daß sie niemals die Frau eines andern werden wolle; weil beyde nicht sicher seyn koͤnnen, ob es sie nicht einmal gereuen wird. Die bisher in Deutschland gangbare Uebersetzung des Don Quixote war ganz spaßhaft zu lesen, nur fehlte — die Poesie, sowohl die in Versen als die der Prosa; und somit der Zusammenhang des Werks, in dem eben nicht viel mehr aber auch nicht weniger Zusammenhang ist wie in einer Composition der Musik oder der Mahlerey. Don Quixote's schoͤner Jaͤhzorn und hochtrabende Gelassenheit verlor oft die feinsten Zuͤge und Sancho naͤhert sich dem niedersaͤchsischen Bauer. Ein Dichter und vertrauter Freund der alten romantischen Poesie wie Tieck muß es seyn, der diesen Mangel ersetzen und den Eindruck und Geist des Ganzen im Deutschen wiedergeben und nachbilden will. Er hat den Versuch angefangen und der erste Theil seiner Uebersetzung zeigt zur Genuͤge, wie sehr es ihm gelingt, den Ton und die Farbe des Originals nachzuahmen, und so weit es moͤglich ist, zu erreichen. Auch viele Stellen von denen die fast unuͤbersetzlich scheinen koͤnnen, sind uͤberraschend gluͤcklich ausgedruͤckt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0334" n="324"/> zu werden, von wegen des Keuschheitsgeluͤbdes; und daß eine Wittwe sich huͤten muß, mit goldenen Buchstaben auf das oͤffentliche Denkmahl ihres verstorbenen Mannes zu schreiben, daß sie niemals die Frau eines andern werden wolle; weil beyde nicht sicher seyn koͤnnen, ob es sie nicht einmal gereuen wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die bisher in Deutschland gangbare Uebersetzung des <hi rendition="#g">Don Quixote</hi> war ganz spaßhaft zu lesen, nur fehlte — die <hi rendition="#g">Poesie</hi>, sowohl die in Versen als die der Prosa; und somit der Zusammenhang des Werks, in dem eben nicht viel mehr aber auch nicht weniger Zusammenhang ist wie in einer Composition der Musik oder der Mahlerey. Don Quixote's schoͤner Jaͤhzorn und hochtrabende Gelassenheit verlor oft die feinsten Zuͤge und Sancho naͤhert sich dem niedersaͤchsischen Bauer.</p><lb/> <p>Ein Dichter und vertrauter Freund der alten romantischen Poesie wie <hi rendition="#g">Tieck</hi> muß es seyn, der diesen Mangel ersetzen und den Eindruck und Geist des Ganzen im Deutschen wiedergeben und nachbilden will. Er hat den Versuch angefangen und der erste Theil seiner Uebersetzung zeigt zur Genuͤge, wie sehr es ihm gelingt, den Ton und die Farbe des Originals nachzuahmen, und so weit es moͤglich ist, zu erreichen. Auch viele Stellen von denen die fast unuͤbersetzlich scheinen koͤnnen, sind uͤberraschend gluͤcklich ausgedruͤckt. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [324/0334]
zu werden, von wegen des Keuschheitsgeluͤbdes; und daß eine Wittwe sich huͤten muß, mit goldenen Buchstaben auf das oͤffentliche Denkmahl ihres verstorbenen Mannes zu schreiben, daß sie niemals die Frau eines andern werden wolle; weil beyde nicht sicher seyn koͤnnen, ob es sie nicht einmal gereuen wird.
Die bisher in Deutschland gangbare Uebersetzung des Don Quixote war ganz spaßhaft zu lesen, nur fehlte — die Poesie, sowohl die in Versen als die der Prosa; und somit der Zusammenhang des Werks, in dem eben nicht viel mehr aber auch nicht weniger Zusammenhang ist wie in einer Composition der Musik oder der Mahlerey. Don Quixote's schoͤner Jaͤhzorn und hochtrabende Gelassenheit verlor oft die feinsten Zuͤge und Sancho naͤhert sich dem niedersaͤchsischen Bauer.
Ein Dichter und vertrauter Freund der alten romantischen Poesie wie Tieck muß es seyn, der diesen Mangel ersetzen und den Eindruck und Geist des Ganzen im Deutschen wiedergeben und nachbilden will. Er hat den Versuch angefangen und der erste Theil seiner Uebersetzung zeigt zur Genuͤge, wie sehr es ihm gelingt, den Ton und die Farbe des Originals nachzuahmen, und so weit es moͤglich ist, zu erreichen. Auch viele Stellen von denen die fast unuͤbersetzlich scheinen koͤnnen, sind uͤberraschend gluͤcklich ausgedruͤckt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |