Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.könne; und das jetzt erschienene sechste Bändchen beschließt man mit der Ueberzeugung, daß das Werk seiner innern Einrichtung nach niemals ein Ende zu nehmen braucht. Doch weit entfernt in dieser Art von Unsterblichkeit etwas furchtbares zu finden, wird man sich gern bequemen, von Zeit zu Zeit mit dem Bf. einen Streifzug in der Provenze zu machen, ja wenn hier der Stoff erschöpft seyn sollte, über das Meer setzen, und bis in die Barbarey nach unterhaltenden Figuren jagen. Die einzelnen Partien sind artig ausgeführt, aber in dem Ganzen ist nicht mehr Komposizion, als Zusammenhang unter den Abentheuern einer wirklichen Reise zu seyn pflegt, wo auch zuweilen eine reizende Aussicht für Stunden Weges durch die Haide entschädigen muß. Diese Sorglosigkeit der Verknüpfung äußert sich auch in kleineren Theilen: die eingestreuten Verse sind poetische Spaziergänge aufs Gerathewohl, und manchmal artet das Fortleiten der Gedanken an den Reimen in ein Englisches steeple-hunting aus. An drolligen Einfällen und Erfindungen fehlt es nicht: nur manchmal scheint in kleinen Umständen etwas nicht richtig zu seyn, was dann der Anschaulichkeit in den Weg tritt, da doch der Romanendichter immer nur Großhandel mit Unwahrscheinlichkeiten treiben, im Detail aber äußerst sorgfältig und genau seyn sollte. -- Wie sich ein Berlinischer Visitator und seine Nichten beym Anfange ihrer ersten Seefahrt, wodurch sie einer großen Erbschaft entgegen reisen, benehmen, erfährt man mit nicht geringem Behagen; allein die Diatribe des Landedelmanns gegen den guten Geschmack ist zugleich eine Sünde dagegen, koͤnne; und das jetzt erschienene sechste Baͤndchen beschließt man mit der Ueberzeugung, daß das Werk seiner innern Einrichtung nach niemals ein Ende zu nehmen braucht. Doch weit entfernt in dieser Art von Unsterblichkeit etwas furchtbares zu finden, wird man sich gern bequemen, von Zeit zu Zeit mit dem Bf. einen Streifzug in der Provenze zu machen, ja wenn hier der Stoff erschoͤpft seyn sollte, uͤber das Meer setzen, und bis in die Barbarey nach unterhaltenden Figuren jagen. Die einzelnen Partien sind artig ausgefuͤhrt, aber in dem Ganzen ist nicht mehr Komposizion, als Zusammenhang unter den Abentheuern einer wirklichen Reise zu seyn pflegt, wo auch zuweilen eine reizende Aussicht fuͤr Stunden Weges durch die Haide entschaͤdigen muß. Diese Sorglosigkeit der Verknuͤpfung aͤußert sich auch in kleineren Theilen: die eingestreuten Verse sind poetische Spaziergaͤnge aufs Gerathewohl, und manchmal artet das Fortleiten der Gedanken an den Reimen in ein Englisches steeple-hunting aus. An drolligen Einfaͤllen und Erfindungen fehlt es nicht: nur manchmal scheint in kleinen Umstaͤnden etwas nicht richtig zu seyn, was dann der Anschaulichkeit in den Weg tritt, da doch der Romanendichter immer nur Großhandel mit Unwahrscheinlichkeiten treiben, im Detail aber aͤußerst sorgfaͤltig und genau seyn sollte. — Wie sich ein Berlinischer Visitator und seine Nichten beym Anfange ihrer ersten Seefahrt, wodurch sie einer großen Erbschaft entgegen reisen, benehmen, erfaͤhrt man mit nicht geringem Behagen; allein die Diatribe des Landedelmanns gegen den guten Geschmack ist zugleich eine Suͤnde dagegen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0330" n="320"/> koͤnne; und das jetzt erschienene sechste Baͤndchen beschließt man mit der Ueberzeugung, daß das Werk seiner innern Einrichtung nach niemals ein Ende zu nehmen braucht. Doch weit entfernt in dieser Art von Unsterblichkeit etwas furchtbares zu finden, wird man sich gern bequemen, von Zeit zu Zeit mit dem Bf. einen Streifzug in der Provenze zu machen, ja wenn hier der Stoff erschoͤpft seyn sollte, uͤber das Meer setzen, und bis in die Barbarey nach unterhaltenden Figuren jagen. Die einzelnen Partien sind artig ausgefuͤhrt, aber in dem Ganzen ist nicht mehr Komposizion, als Zusammenhang unter den Abentheuern einer wirklichen Reise zu seyn pflegt, wo auch zuweilen eine reizende Aussicht fuͤr Stunden Weges durch die Haide entschaͤdigen muß. Diese Sorglosigkeit der Verknuͤpfung aͤußert sich auch in kleineren Theilen: die eingestreuten Verse sind poetische Spaziergaͤnge aufs Gerathewohl, und manchmal artet das Fortleiten der Gedanken an den Reimen in ein Englisches steeple-hunting aus. An drolligen Einfaͤllen und Erfindungen fehlt es nicht: nur manchmal scheint in kleinen Umstaͤnden etwas nicht richtig zu seyn, was dann der Anschaulichkeit in den Weg tritt, da doch der Romanendichter immer nur Großhandel mit Unwahrscheinlichkeiten treiben, im Detail aber aͤußerst sorgfaͤltig und genau seyn sollte. — Wie sich ein Berlinischer Visitator und seine Nichten beym Anfange ihrer ersten Seefahrt, wodurch sie einer großen Erbschaft entgegen reisen, benehmen, erfaͤhrt man mit nicht geringem Behagen; allein die Diatribe des Landedelmanns gegen den guten Geschmack ist zugleich eine Suͤnde dagegen, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [320/0330]
koͤnne; und das jetzt erschienene sechste Baͤndchen beschließt man mit der Ueberzeugung, daß das Werk seiner innern Einrichtung nach niemals ein Ende zu nehmen braucht. Doch weit entfernt in dieser Art von Unsterblichkeit etwas furchtbares zu finden, wird man sich gern bequemen, von Zeit zu Zeit mit dem Bf. einen Streifzug in der Provenze zu machen, ja wenn hier der Stoff erschoͤpft seyn sollte, uͤber das Meer setzen, und bis in die Barbarey nach unterhaltenden Figuren jagen. Die einzelnen Partien sind artig ausgefuͤhrt, aber in dem Ganzen ist nicht mehr Komposizion, als Zusammenhang unter den Abentheuern einer wirklichen Reise zu seyn pflegt, wo auch zuweilen eine reizende Aussicht fuͤr Stunden Weges durch die Haide entschaͤdigen muß. Diese Sorglosigkeit der Verknuͤpfung aͤußert sich auch in kleineren Theilen: die eingestreuten Verse sind poetische Spaziergaͤnge aufs Gerathewohl, und manchmal artet das Fortleiten der Gedanken an den Reimen in ein Englisches steeple-hunting aus. An drolligen Einfaͤllen und Erfindungen fehlt es nicht: nur manchmal scheint in kleinen Umstaͤnden etwas nicht richtig zu seyn, was dann der Anschaulichkeit in den Weg tritt, da doch der Romanendichter immer nur Großhandel mit Unwahrscheinlichkeiten treiben, im Detail aber aͤußerst sorgfaͤltig und genau seyn sollte. — Wie sich ein Berlinischer Visitator und seine Nichten beym Anfange ihrer ersten Seefahrt, wodurch sie einer großen Erbschaft entgegen reisen, benehmen, erfaͤhrt man mit nicht geringem Behagen; allein die Diatribe des Landedelmanns gegen den guten Geschmack ist zugleich eine Suͤnde dagegen,
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