Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.oder wir kümmern uns auch nicht darum. Und wie nnbedeutend ist die Annäherung gegen diese charakteristischen Eigenheiten des Jtaliänischen Verses, die ich nur zum Theil oben beschrieb, und die wir schlechterdings nicht erreichen können! -- Endlich wird niemand, der in diesem Fache Erfahrungen gemacht hat, behaupten, die Sprache lasse es einem durch Gefügigkeit und Ueberfluß an metrischen Mitteln und Freyheiten leicht werden. Die Armuth an Reimen ist unter andern von der Art, daß sie einem Uebersetzer des rasenden Roland, der nicht eher loskommen sollte als bis er fertig wäre, Flüche und Verwünschungen abdringen könnte, wie die Verdammten sie ausstoßen. Um nicht in diese tragische Lage zu gerathen, erkläre ich ausdrücklich, daß mich der Einfall mit diesem Gesange zu nichts weiter verpflichten soll. Jch bin jetzt gar nicht gesonnen, diese Bravurarie mit ihren sechs und vierzig Variazionen zu Ende zu singen. Vielleicht kehre ich bey grauen Haaren einmal zum Ariost zurück, er ist recht dazu gemacht die frostigen Jahre zu erwärmen: und wenn ich dann jährlich einen Gesang fertige, so kann ich es zu einem ehrwürdigen Alter bringen. Leben Sie indessen wohl, grüßen Sie den Sternbald, den ich von Rom glücklich nach seiner Heimath zurückgeführt zu sehen wünsche, und fahren Sie fort in Jhrer Mühle des guten Geschmacks von unsern Schriftstellern besonders die nur beliebten zu walken. oder wir kuͤmmern uns auch nicht darum. Und wie nnbedeutend ist die Annaͤherung gegen diese charakteristischen Eigenheiten des Jtaliaͤnischen Verses, die ich nur zum Theil oben beschrieb, und die wir schlechterdings nicht erreichen koͤnnen! — Endlich wird niemand, der in diesem Fache Erfahrungen gemacht hat, behaupten, die Sprache lasse es einem durch Gefuͤgigkeit und Ueberfluß an metrischen Mitteln und Freyheiten leicht werden. Die Armuth an Reimen ist unter andern von der Art, daß sie einem Uebersetzer des rasenden Roland, der nicht eher loskommen sollte als bis er fertig waͤre, Fluͤche und Verwuͤnschungen abdringen koͤnnte, wie die Verdammten sie ausstoßen. Um nicht in diese tragische Lage zu gerathen, erklaͤre ich ausdruͤcklich, daß mich der Einfall mit diesem Gesange zu nichts weiter verpflichten soll. Jch bin jetzt gar nicht gesonnen, diese Bravurarie mit ihren sechs und vierzig Variazionen zu Ende zu singen. Vielleicht kehre ich bey grauen Haaren einmal zum Ariost zuruͤck, er ist recht dazu gemacht die frostigen Jahre zu erwaͤrmen: und wenn ich dann jaͤhrlich einen Gesang fertige, so kann ich es zu einem ehrwuͤrdigen Alter bringen. Leben Sie indessen wohl, gruͤßen Sie den Sternbald, den ich von Rom gluͤcklich nach seiner Heimath zuruͤckgefuͤhrt zu sehen wuͤnsche, und fahren Sie fort in Jhrer Muͤhle des guten Geschmacks von unsern Schriftstellern besonders die nur beliebten zu walken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0294" n="284"/> oder wir kuͤmmern uns auch nicht darum. Und wie nnbedeutend ist die Annaͤherung gegen diese charakteristischen Eigenheiten des Jtaliaͤnischen Verses, die ich nur zum Theil oben beschrieb, und die wir schlechterdings nicht erreichen koͤnnen! — Endlich wird niemand, der in diesem Fache Erfahrungen gemacht hat, behaupten, die Sprache lasse es einem durch Gefuͤgigkeit und Ueberfluß an metrischen Mitteln und Freyheiten leicht werden. Die Armuth an Reimen ist unter andern von der Art, daß sie einem Uebersetzer des rasenden Roland, der nicht eher loskommen sollte als bis er fertig waͤre, Fluͤche und Verwuͤnschungen abdringen koͤnnte, wie die Verdammten sie ausstoßen.</p><lb/> <p>Um nicht in diese tragische Lage zu gerathen, erklaͤre ich ausdruͤcklich, daß mich der Einfall mit diesem Gesange zu nichts weiter verpflichten soll. Jch bin jetzt gar nicht gesonnen, diese Bravurarie mit ihren sechs und vierzig Variazionen zu Ende zu singen. Vielleicht kehre ich bey grauen Haaren einmal zum Ariost zuruͤck, er ist recht dazu gemacht die frostigen Jahre zu erwaͤrmen: und wenn ich dann jaͤhrlich einen Gesang fertige, so kann ich es zu einem ehrwuͤrdigen Alter bringen. Leben Sie indessen wohl, gruͤßen Sie den Sternbald, den ich von Rom gluͤcklich nach seiner Heimath zuruͤckgefuͤhrt zu sehen wuͤnsche, und fahren Sie fort in Jhrer Muͤhle des guten Geschmacks von unsern Schriftstellern besonders die nur beliebten zu walken.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [284/0294]
oder wir kuͤmmern uns auch nicht darum. Und wie nnbedeutend ist die Annaͤherung gegen diese charakteristischen Eigenheiten des Jtaliaͤnischen Verses, die ich nur zum Theil oben beschrieb, und die wir schlechterdings nicht erreichen koͤnnen! — Endlich wird niemand, der in diesem Fache Erfahrungen gemacht hat, behaupten, die Sprache lasse es einem durch Gefuͤgigkeit und Ueberfluß an metrischen Mitteln und Freyheiten leicht werden. Die Armuth an Reimen ist unter andern von der Art, daß sie einem Uebersetzer des rasenden Roland, der nicht eher loskommen sollte als bis er fertig waͤre, Fluͤche und Verwuͤnschungen abdringen koͤnnte, wie die Verdammten sie ausstoßen.
Um nicht in diese tragische Lage zu gerathen, erklaͤre ich ausdruͤcklich, daß mich der Einfall mit diesem Gesange zu nichts weiter verpflichten soll. Jch bin jetzt gar nicht gesonnen, diese Bravurarie mit ihren sechs und vierzig Variazionen zu Ende zu singen. Vielleicht kehre ich bey grauen Haaren einmal zum Ariost zuruͤck, er ist recht dazu gemacht die frostigen Jahre zu erwaͤrmen: und wenn ich dann jaͤhrlich einen Gesang fertige, so kann ich es zu einem ehrwuͤrdigen Alter bringen. Leben Sie indessen wohl, gruͤßen Sie den Sternbald, den ich von Rom gluͤcklich nach seiner Heimath zuruͤckgefuͤhrt zu sehen wuͤnsche, und fahren Sie fort in Jhrer Muͤhle des guten Geschmacks von unsern Schriftstellern besonders die nur beliebten zu walken.
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/294>, abgerufen am 16.02.2025. |