Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.12.
Wer Amaryllis preiset und NeärenUnd Galaten, die flücht'ge, schweige still: Denn keine war so schön, ich will's bewähren; Jhr müßt verzeihen, Thyrsis und Myrtill! Die Schöne wählt nun aus der Schaar der Mähren Sich eine aus, die sie am liebsten will. Es steigen jetzt Gedanken in ihr auf, Nach Morgenland zu lenken ihren Lauf. 13.
Doch Rüdiger, der nichts hat unterlassen,Und lang' umsonst gehofft, sie zu erbitten, Muß endlich ins Unmögliche sich fassen, Und merkt, sie sey schon fern von seinen Tritten. Er geht dahin, wo er sein Pferd gelassen, Für Himmel und für Erde gleich beritten; Und findet, daß es, nach zerrißnem Zügel, Sich in die Luft erhebt auf freyem Flügel. 14.
Es war ein großer Zuwachs seiner Schmerzen,Daß er nunmehr den Greifen auch vermißt. Zur Qual gereichts nicht minder seinem Herzen Als die an ihm gelungne Weiberlist. Allein am wenigsten kann er verschmerzen, Daß ihm der theure Ring verlohren ist, So sehr nicht um die Kräfte, die drin leben, Als weil sein Fräulein ihm dieß Pfand gegeben. 12.
Wer Amaryllis preiset und NeaͤrenUnd Galaten, die fluͤcht'ge, schweige still: Denn keine war so schoͤn, ich will's bewaͤhren; Jhr muͤßt verzeihen, Thyrsis und Myrtill! Die Schoͤne waͤhlt nun aus der Schaar der Maͤhren Sich eine aus, die sie am liebsten will. Es steigen jetzt Gedanken in ihr auf, Nach Morgenland zu lenken ihren Lauf. 13.
Doch Ruͤdiger, der nichts hat unterlassen,Und lang' umsonst gehofft, sie zu erbitten, Muß endlich ins Unmoͤgliche sich fassen, Und merkt, sie sey schon fern von seinen Tritten. Er geht dahin, wo er sein Pferd gelassen, Fuͤr Himmel und fuͤr Erde gleich beritten; Und findet, daß es, nach zerrißnem Zuͤgel, Sich in die Luft erhebt auf freyem Fluͤgel. 14.
Es war ein großer Zuwachs seiner Schmerzen,Daß er nunmehr den Greifen auch vermißt. Zur Qual gereichts nicht minder seinem Herzen Als die an ihm gelungne Weiberlist. Allein am wenigsten kann er verschmerzen, Daß ihm der theure Ring verlohren ist, So sehr nicht um die Kraͤfte, die drin leben, Als weil sein Fraͤulein ihm dieß Pfand gegeben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0263" n="253"/> <lg n="12"> <head> <hi rendition="#c">12.</hi> </head> <l>Wer Amaryllis preiset und Neaͤren</l><lb/> <l>Und Galaten, die fluͤcht'ge, schweige still:</l><lb/> <l>Denn keine war so schoͤn, ich will's bewaͤhren;</l><lb/> <l>Jhr muͤßt verzeihen, Thyrsis und Myrtill!</l><lb/> <l>Die Schoͤne waͤhlt nun aus der Schaar der Maͤhren</l><lb/> <l>Sich eine aus, die sie am liebsten will.</l><lb/> <l>Es steigen jetzt Gedanken in ihr auf,</l><lb/> <l>Nach Morgenland zu lenken ihren Lauf.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <head> <hi rendition="#c">13.</hi> </head> <l>Doch Ruͤdiger, der nichts hat unterlassen,</l><lb/> <l>Und lang' umsonst gehofft, sie zu erbitten,</l><lb/> <l>Muß endlich ins Unmoͤgliche sich fassen,</l><lb/> <l>Und merkt, sie sey schon fern von seinen Tritten.</l><lb/> <l>Er geht dahin, wo er sein Pferd gelassen,</l><lb/> <l>Fuͤr Himmel und fuͤr Erde gleich beritten;</l><lb/> <l>Und findet, daß es, nach zerrißnem Zuͤgel,</l><lb/> <l>Sich in die Luft erhebt auf freyem Fluͤgel.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <head> <hi rendition="#c">14.</hi> </head> <l>Es war ein großer Zuwachs seiner Schmerzen,</l><lb/> <l>Daß er nunmehr den Greifen auch vermißt.</l><lb/> <l>Zur Qual gereichts nicht minder seinem Herzen</l><lb/> <l>Als die an ihm gelungne Weiberlist.</l><lb/> <l>Allein am wenigsten kann er verschmerzen,</l><lb/> <l>Daß ihm der theure Ring verlohren ist,</l><lb/> <l>So sehr nicht um die Kraͤfte, die drin leben,</l><lb/> <l>Als weil sein Fraͤulein ihm dieß Pfand gegeben.</l> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [253/0263]
12. Wer Amaryllis preiset und Neaͤren
Und Galaten, die fluͤcht'ge, schweige still:
Denn keine war so schoͤn, ich will's bewaͤhren;
Jhr muͤßt verzeihen, Thyrsis und Myrtill!
Die Schoͤne waͤhlt nun aus der Schaar der Maͤhren
Sich eine aus, die sie am liebsten will.
Es steigen jetzt Gedanken in ihr auf,
Nach Morgenland zu lenken ihren Lauf.
13. Doch Ruͤdiger, der nichts hat unterlassen,
Und lang' umsonst gehofft, sie zu erbitten,
Muß endlich ins Unmoͤgliche sich fassen,
Und merkt, sie sey schon fern von seinen Tritten.
Er geht dahin, wo er sein Pferd gelassen,
Fuͤr Himmel und fuͤr Erde gleich beritten;
Und findet, daß es, nach zerrißnem Zuͤgel,
Sich in die Luft erhebt auf freyem Fluͤgel.
14. Es war ein großer Zuwachs seiner Schmerzen,
Daß er nunmehr den Greifen auch vermißt.
Zur Qual gereichts nicht minder seinem Herzen
Als die an ihm gelungne Weiberlist.
Allein am wenigsten kann er verschmerzen,
Daß ihm der theure Ring verlohren ist,
So sehr nicht um die Kraͤfte, die drin leben,
Als weil sein Fraͤulein ihm dieß Pfand gegeben.
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