Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.Jch weiß nicht ob ich mich irre, wenn ich, so sehr alle vier Sammlungen in Einem Geiste gearbeitet sind, die Umrisse zum Aeschylus für die vorzüglichsten halte, die der Künstler vielleicht durch die vorhergehenden Studien geübt, zuletzt unternahm. Es giebt ihnen schon einigen Vorzug, daß die Platten, deren Format übrigens nicht bey allen dasselbe ist, sondern sich nach den Bedürfnissen der Anordnung richtet, die größten sind. Die Gestalten des Aeschylus gehn eigentlich alle über Lebensgröße hinaus; man kann sagen, daß er, wie Sophokles die Heroen und Heroinen, die Götter am besten dargestellt habe, und unter diesen zwar die alten, die Titanen, wie Prometheus und die Eumeniden. Jener scheint mir auf dem letzten der zu dieser Tragödie gehörigen Umrisse im größesten Charakter gerathen zu seyn: die unbezwingliche Kraft ist nicht durch übermäßige Schwellung der Muskeln sondern durch ihre Derbheit und scharfe Bezeichnung erreicht. Merkur ist eben nach der letzten vergeblichen Bothschaft weggeflogen, Prometheus erwartet mit drohend herumgewandtem Gesichte das Ungewitter; sein Trotz, der die gespreizten Glieder, ungeachtet der Ketten, gewaltsam aufregt und die Fäuste ballt, wird durch die weiche Trostlosigkeit und Angst der zu seinen Füßen zusammengeschmiegten Oceaniden noch mehr gehoben. Hiezu passen die etwas volleren Formen, welche der Künstler den nackten oder halbbekleideten Nymphen gegeben hat, um ihr Element anzuzeigen, so wie auch ein paar von ihnen auf dem Blatt, wo sie herzufliegen, die Arme fast wie zum Schwimmen bewegen. Die Flügel, die sie haben, stehen Jch weiß nicht ob ich mich irre, wenn ich, so sehr alle vier Sammlungen in Einem Geiste gearbeitet sind, die Umrisse zum Aeschylus fuͤr die vorzuͤglichsten halte, die der Kuͤnstler vielleicht durch die vorhergehenden Studien geuͤbt, zuletzt unternahm. Es giebt ihnen schon einigen Vorzug, daß die Platten, deren Format uͤbrigens nicht bey allen dasselbe ist, sondern sich nach den Beduͤrfnissen der Anordnung richtet, die groͤßten sind. Die Gestalten des Aeschylus gehn eigentlich alle uͤber Lebensgroͤße hinaus; man kann sagen, daß er, wie Sophokles die Heroen und Heroinen, die Goͤtter am besten dargestellt habe, und unter diesen zwar die alten, die Titanen, wie Prometheus und die Eumeniden. Jener scheint mir auf dem letzten der zu dieser Tragoͤdie gehoͤrigen Umrisse im groͤßesten Charakter gerathen zu seyn: die unbezwingliche Kraft ist nicht durch uͤbermaͤßige Schwellung der Muskeln sondern durch ihre Derbheit und scharfe Bezeichnung erreicht. Merkur ist eben nach der letzten vergeblichen Bothschaft weggeflogen, Prometheus erwartet mit drohend herumgewandtem Gesichte das Ungewitter; sein Trotz, der die gespreizten Glieder, ungeachtet der Ketten, gewaltsam aufregt und die Faͤuste ballt, wird durch die weiche Trostlosigkeit und Angst der zu seinen Fuͤßen zusammengeschmiegten Oceaniden noch mehr gehoben. Hiezu passen die etwas volleren Formen, welche der Kuͤnstler den nackten oder halbbekleideten Nymphen gegeben hat, um ihr Element anzuzeigen, so wie auch ein paar von ihnen auf dem Blatt, wo sie herzufliegen, die Arme fast wie zum Schwimmen bewegen. Die Fluͤgel, die sie haben, stehen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0251" n="241"/> <p>Jch weiß nicht ob ich mich irre, wenn ich, so sehr alle vier Sammlungen in Einem Geiste gearbeitet sind, die Umrisse zum Aeschylus fuͤr die vorzuͤglichsten halte, die der Kuͤnstler vielleicht durch die vorhergehenden Studien geuͤbt, zuletzt unternahm. Es giebt ihnen schon einigen Vorzug, daß die Platten, deren Format uͤbrigens nicht bey allen dasselbe ist, sondern sich nach den Beduͤrfnissen der Anordnung richtet, die groͤßten sind. Die Gestalten des Aeschylus gehn eigentlich alle uͤber Lebensgroͤße hinaus; man kann sagen, daß er, wie Sophokles die Heroen und Heroinen, die Goͤtter am besten dargestellt habe, und unter diesen zwar die alten, die Titanen, wie Prometheus und die Eumeniden. Jener scheint mir auf dem letzten der zu dieser Tragoͤdie gehoͤrigen Umrisse im groͤßesten Charakter gerathen zu seyn: die unbezwingliche Kraft ist nicht durch uͤbermaͤßige Schwellung der Muskeln sondern durch ihre Derbheit und scharfe Bezeichnung erreicht. Merkur ist eben nach der letzten vergeblichen Bothschaft weggeflogen, Prometheus erwartet mit drohend herumgewandtem Gesichte das Ungewitter; sein Trotz, der die gespreizten Glieder, ungeachtet der Ketten, gewaltsam aufregt und die Faͤuste ballt, wird durch die weiche Trostlosigkeit und Angst der zu seinen Fuͤßen zusammengeschmiegten Oceaniden noch mehr gehoben. Hiezu passen die etwas volleren Formen, welche der Kuͤnstler den nackten oder halbbekleideten Nymphen gegeben hat, um ihr Element anzuzeigen, so wie auch ein paar von ihnen auf dem Blatt, wo sie herzufliegen, die Arme fast wie zum Schwimmen bewegen. Die Fluͤgel, die sie haben, stehen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [241/0251]
Jch weiß nicht ob ich mich irre, wenn ich, so sehr alle vier Sammlungen in Einem Geiste gearbeitet sind, die Umrisse zum Aeschylus fuͤr die vorzuͤglichsten halte, die der Kuͤnstler vielleicht durch die vorhergehenden Studien geuͤbt, zuletzt unternahm. Es giebt ihnen schon einigen Vorzug, daß die Platten, deren Format uͤbrigens nicht bey allen dasselbe ist, sondern sich nach den Beduͤrfnissen der Anordnung richtet, die groͤßten sind. Die Gestalten des Aeschylus gehn eigentlich alle uͤber Lebensgroͤße hinaus; man kann sagen, daß er, wie Sophokles die Heroen und Heroinen, die Goͤtter am besten dargestellt habe, und unter diesen zwar die alten, die Titanen, wie Prometheus und die Eumeniden. Jener scheint mir auf dem letzten der zu dieser Tragoͤdie gehoͤrigen Umrisse im groͤßesten Charakter gerathen zu seyn: die unbezwingliche Kraft ist nicht durch uͤbermaͤßige Schwellung der Muskeln sondern durch ihre Derbheit und scharfe Bezeichnung erreicht. Merkur ist eben nach der letzten vergeblichen Bothschaft weggeflogen, Prometheus erwartet mit drohend herumgewandtem Gesichte das Ungewitter; sein Trotz, der die gespreizten Glieder, ungeachtet der Ketten, gewaltsam aufregt und die Faͤuste ballt, wird durch die weiche Trostlosigkeit und Angst der zu seinen Fuͤßen zusammengeschmiegten Oceaniden noch mehr gehoben. Hiezu passen die etwas volleren Formen, welche der Kuͤnstler den nackten oder halbbekleideten Nymphen gegeben hat, um ihr Element anzuzeigen, so wie auch ein paar von ihnen auf dem Blatt, wo sie herzufliegen, die Arme fast wie zum Schwimmen bewegen. Die Fluͤgel, die sie haben, stehen
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