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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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sollte. Darstellungen aus den Tragödien des Sophokles hätten sich mehr dem milderen gemäßigteren Styl der Homerischen nähern müssen. Was den Dante betrifft, so war das bekanntlich schon Michelangelo's Wahl, und Flaxman fand also den Gedanken dazu in der Kunstgeschichte aufgezeichnet. Allein an einem Engländischen Künstler beweist es doch eine ungewöhnlich hohe Bildung, daß er, da er einmal einen modernen christlichen Dichter wählen wollte, nicht bey seinem angebeteten Landsmann Milton stehen blieb, sondern den nach der gemeinen Meinung finstern und auf die geschmackloseste Art wunderlichen Jtaliäner vorzog. Dem unbefangenen Urtheil ist es allerdings einleuchtend, wie weit hier Milton, der das Christenthum klassisch idealisiren wollte, gegen den großen Propheten des Katholizismus zurückstehen muß. Die Figuren, womit Milton den Mahler versieht, lassen sich in einem Augenblick übersehen: die heilige Dreyeinigkeit, deren Personen jedoch aus dem kindlichen Anthropomorphismus schon sehr ins formlose erweitert sind; Adam und Eva mit ihrem langen Mantel von blonden Haaren; die protestantisch gewordnen Engel und Teufel, und ein paar allegorische Ungeheuer. Dante hingegen, bald der Raphael und bald der Michelangelo der Poesie (ich borge diesen Ausdruck von jemanden, der ihn von mir geborgt hat), wie seine Vision überhaupt nichts geringeres als das Universum umfaßt, so stellt er auch eine vollständige Gallerie aller menschlichen und göttlichen Charaktere auf.

Zu jeder der vier Sammlungen macht ein Titelblatt, mit bedeutenden Sinnbildern geziert, den Eingang.

sollte. Darstellungen aus den Tragoͤdien des Sophokles haͤtten sich mehr dem milderen gemaͤßigteren Styl der Homerischen naͤhern muͤssen. Was den Dante betrifft, so war das bekanntlich schon Michelangelo's Wahl, und Flaxman fand also den Gedanken dazu in der Kunstgeschichte aufgezeichnet. Allein an einem Englaͤndischen Kuͤnstler beweist es doch eine ungewoͤhnlich hohe Bildung, daß er, da er einmal einen modernen christlichen Dichter waͤhlen wollte, nicht bey seinem angebeteten Landsmann Milton stehen blieb, sondern den nach der gemeinen Meinung finstern und auf die geschmackloseste Art wunderlichen Jtaliaͤner vorzog. Dem unbefangenen Urtheil ist es allerdings einleuchtend, wie weit hier Milton, der das Christenthum klassisch idealisiren wollte, gegen den großen Propheten des Katholizismus zuruͤckstehen muß. Die Figuren, womit Milton den Mahler versieht, lassen sich in einem Augenblick uͤbersehen: die heilige Dreyeinigkeit, deren Personen jedoch aus dem kindlichen Anthropomorphismus schon sehr ins formlose erweitert sind; Adam und Eva mit ihrem langen Mantel von blonden Haaren; die protestantisch gewordnen Engel und Teufel, und ein paar allegorische Ungeheuer. Dante hingegen, bald der Raphael und bald der Michelangelo der Poesie (ich borge diesen Ausdruck von jemanden, der ihn von mir geborgt hat), wie seine Vision uͤberhaupt nichts geringeres als das Universum umfaßt, so stellt er auch eine vollstaͤndige Gallerie aller menschlichen und goͤttlichen Charaktere auf.

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[208/0218] sollte. Darstellungen aus den Tragoͤdien des Sophokles haͤtten sich mehr dem milderen gemaͤßigteren Styl der Homerischen naͤhern muͤssen. Was den Dante betrifft, so war das bekanntlich schon Michelangelo's Wahl, und Flaxman fand also den Gedanken dazu in der Kunstgeschichte aufgezeichnet. Allein an einem Englaͤndischen Kuͤnstler beweist es doch eine ungewoͤhnlich hohe Bildung, daß er, da er einmal einen modernen christlichen Dichter waͤhlen wollte, nicht bey seinem angebeteten Landsmann Milton stehen blieb, sondern den nach der gemeinen Meinung finstern und auf die geschmackloseste Art wunderlichen Jtaliaͤner vorzog. Dem unbefangenen Urtheil ist es allerdings einleuchtend, wie weit hier Milton, der das Christenthum klassisch idealisiren wollte, gegen den großen Propheten des Katholizismus zuruͤckstehen muß. Die Figuren, womit Milton den Mahler versieht, lassen sich in einem Augenblick uͤbersehen: die heilige Dreyeinigkeit, deren Personen jedoch aus dem kindlichen Anthropomorphismus schon sehr ins formlose erweitert sind; Adam und Eva mit ihrem langen Mantel von blonden Haaren; die protestantisch gewordnen Engel und Teufel, und ein paar allegorische Ungeheuer. Dante hingegen, bald der Raphael und bald der Michelangelo der Poesie (ich borge diesen Ausdruck von jemanden, der ihn von mir geborgt hat), wie seine Vision uͤberhaupt nichts geringeres als das Universum umfaßt, so stellt er auch eine vollstaͤndige Gallerie aller menschlichen und goͤttlichen Charaktere auf. Zu jeder der vier Sammlungen macht ein Titelblatt, mit bedeutenden Sinnbildern geziert, den Eingang.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/218>, abgerufen am 22.11.2024.