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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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wenigstens durch mechanische Sauberkeit und Eleganz das Auge.

Aber wer wird unsern Kupferblättchen eine so verwerfliche Absicht Schuld geben, schnöde wie sie meistens hingekratzt sind? Dann die ungünstige Oktavform. Skizzen darin zu machen, wäre ein gutes Studium zu solchen Altarblättern, wo der Mahler wenig Breite hat, und in eine unverhältnißmäßige Höhe gehen muß. Und endlich: was stellen sie gewöhnlich zur Schau? Figuren und Szenen, die einem gebildeten Menschen in der Wirklichkeit sehr gleichgültig seyn müßten, oder denen er gern aus dem Wege ginge, wenn es wegen ihrer unendlichen Alltäglichkeit nur möglich wäre. Jn der That, es wird darauf gerechnet, daß bey weitem die Meisten, für welche diese Arbeiten bestimmt sind, in ihrem Leben kein ordentliches Kunstwerk gesehen haben: denn wiewohl manche Stadt Deutschlands herrliche Schätze der Kunst verwahrt, so reisen die Deutschen doch selbst in ihrem Vaterlande zu wenig, um diese Gelegenheit zu benutzen. Wie müßte einem zu Muthe werden, der in seiner demüthigen Abgeschiedenheit jenes Gekritzel in den Almanachen immer für die edle Zeichen- und Mahlerkunst gehalten hätte, und auf einmal in eine Gallerie, oder auch nur in ein Zimmer voll großer und schöner Kupferstiche träte. Aber soll nicht Kunstsinn und Kunstliebe einstweilen durch kleine Reize angeregt werden? -- Der dürftige Bücherzierrath ist dazu ungefähr eben so tauglich, als Heiligenbilder, aus Marzipan gebacken, die Kinder zur Religiosität vorzubereiten.

wenigstens durch mechanische Sauberkeit und Eleganz das Auge.

Aber wer wird unsern Kupferblaͤttchen eine so verwerfliche Absicht Schuld geben, schnoͤde wie sie meistens hingekratzt sind? Dann die unguͤnstige Oktavform. Skizzen darin zu machen, waͤre ein gutes Studium zu solchen Altarblaͤttern, wo der Mahler wenig Breite hat, und in eine unverhaͤltnißmaͤßige Hoͤhe gehen muß. Und endlich: was stellen sie gewoͤhnlich zur Schau? Figuren und Szenen, die einem gebildeten Menschen in der Wirklichkeit sehr gleichguͤltig seyn muͤßten, oder denen er gern aus dem Wege ginge, wenn es wegen ihrer unendlichen Alltaͤglichkeit nur moͤglich waͤre. Jn der That, es wird darauf gerechnet, daß bey weitem die Meisten, fuͤr welche diese Arbeiten bestimmt sind, in ihrem Leben kein ordentliches Kunstwerk gesehen haben: denn wiewohl manche Stadt Deutschlands herrliche Schaͤtze der Kunst verwahrt, so reisen die Deutschen doch selbst in ihrem Vaterlande zu wenig, um diese Gelegenheit zu benutzen. Wie muͤßte einem zu Muthe werden, der in seiner demuͤthigen Abgeschiedenheit jenes Gekritzel in den Almanachen immer fuͤr die edle Zeichen- und Mahlerkunst gehalten haͤtte, und auf einmal in eine Gallerie, oder auch nur in ein Zimmer voll großer und schoͤner Kupferstiche traͤte. Aber soll nicht Kunstsinn und Kunstliebe einstweilen durch kleine Reize angeregt werden? — Der duͤrftige Buͤcherzierrath ist dazu ungefaͤhr eben so tauglich, als Heiligenbilder, aus Marzipan gebacken, die Kinder zur Religiositaͤt vorzubereiten.

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[194/0204] wenigstens durch mechanische Sauberkeit und Eleganz das Auge. Aber wer wird unsern Kupferblaͤttchen eine so verwerfliche Absicht Schuld geben, schnoͤde wie sie meistens hingekratzt sind? Dann die unguͤnstige Oktavform. Skizzen darin zu machen, waͤre ein gutes Studium zu solchen Altarblaͤttern, wo der Mahler wenig Breite hat, und in eine unverhaͤltnißmaͤßige Hoͤhe gehen muß. Und endlich: was stellen sie gewoͤhnlich zur Schau? Figuren und Szenen, die einem gebildeten Menschen in der Wirklichkeit sehr gleichguͤltig seyn muͤßten, oder denen er gern aus dem Wege ginge, wenn es wegen ihrer unendlichen Alltaͤglichkeit nur moͤglich waͤre. Jn der That, es wird darauf gerechnet, daß bey weitem die Meisten, fuͤr welche diese Arbeiten bestimmt sind, in ihrem Leben kein ordentliches Kunstwerk gesehen haben: denn wiewohl manche Stadt Deutschlands herrliche Schaͤtze der Kunst verwahrt, so reisen die Deutschen doch selbst in ihrem Vaterlande zu wenig, um diese Gelegenheit zu benutzen. Wie muͤßte einem zu Muthe werden, der in seiner demuͤthigen Abgeschiedenheit jenes Gekritzel in den Almanachen immer fuͤr die edle Zeichen- und Mahlerkunst gehalten haͤtte, und auf einmal in eine Gallerie, oder auch nur in ein Zimmer voll großer und schoͤner Kupferstiche traͤte. Aber soll nicht Kunstsinn und Kunstliebe einstweilen durch kleine Reize angeregt werden? — Der duͤrftige Buͤcherzierrath ist dazu ungefaͤhr eben so tauglich, als Heiligenbilder, aus Marzipan gebacken, die Kinder zur Religiositaͤt vorzubereiten.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/204>, abgerufen am 24.11.2024.