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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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pflegen. Aber auch sie mögen glauben, es giebt in der Natur keine Verzerrungen, und Niemand lacht daher anders, als aus Freude und Wohlgefallen, so gewiß er sich nur gerührt findet, und seine Lippe sich bewegt zum sichtbaren Ausdrucke des Jnnern. Könnten die Menschen nur erst begreifen, daß sie nie aus einem Worte etwas herausnehmen, was sie nicht selbst zuerst hineinlegten; so würden sie behutsamer in ihren Urtheilen seyn, und keine Voraussetzungen machen, die sich auf bloßes Hörensagen, und darum auf Gewohnheit und Vorurtheil gründen. Jeder hat in sich selbst seine ganze Erfahrung zu rechtfertigen, und soll ihm dies möglich bleiben, so muß er jede Erscheinung in allen ihren Verknüpfungen d. i. in ihrer wahren und nothwendigen Beziehung vor Augen behalten. Dann nur kann er frei und unbefangen urtheilen. Aber darin gerade versehen es die Menschen. Sie reißen etwas, das nicht anders wirklich ist, als nur im Zusammenhange des Ganzen, aus diesem Zusammenhange heraus, und haben nun also nichts weiter, als ihren leeren Gedanken, den sie nothwendig auch eben so leer beurtheilen.

Sind aber alle Menschen sich gleich, höre ich mir sagen, warum genüget Dir dennoch der Umgang mit einem oft unendlich mehr, als der mit tausend andern? Man ergreift mich auf der That, und ohne Zweifel ist dies ein Punkt, auf den ein jeder sich wohl stützet, der eine Ungleichheit unter den Menschen behaupten zu müssen glaubt.

Jch antworte dieses: Allerdings weiß ich wohl, daß ich immer nur durch einen Menschen in Verbindung

pflegen. Aber auch sie moͤgen glauben, es giebt in der Natur keine Verzerrungen, und Niemand lacht daher anders, als aus Freude und Wohlgefallen, so gewiß er sich nur geruͤhrt findet, und seine Lippe sich bewegt zum sichtbaren Ausdrucke des Jnnern. Koͤnnten die Menschen nur erst begreifen, daß sie nie aus einem Worte etwas herausnehmen, was sie nicht selbst zuerst hineinlegten; so wuͤrden sie behutsamer in ihren Urtheilen seyn, und keine Voraussetzungen machen, die sich auf bloßes Hoͤrensagen, und darum auf Gewohnheit und Vorurtheil gruͤnden. Jeder hat in sich selbst seine ganze Erfahrung zu rechtfertigen, und soll ihm dies moͤglich bleiben, so muß er jede Erscheinung in allen ihren Verknuͤpfungen d. i. in ihrer wahren und nothwendigen Beziehung vor Augen behalten. Dann nur kann er frei und unbefangen urtheilen. Aber darin gerade versehen es die Menschen. Sie reißen etwas, das nicht anders wirklich ist, als nur im Zusammenhange des Ganzen, aus diesem Zusammenhange heraus, und haben nun also nichts weiter, als ihren leeren Gedanken, den sie nothwendig auch eben so leer beurtheilen.

Sind aber alle Menschen sich gleich, hoͤre ich mir sagen, warum genuͤget Dir dennoch der Umgang mit einem oft unendlich mehr, als der mit tausend andern? Man ergreift mich auf der That, und ohne Zweifel ist dies ein Punkt, auf den ein jeder sich wohl stuͤtzet, der eine Ungleichheit unter den Menschen behaupten zu muͤssen glaubt.

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[179/0187] pflegen. Aber auch sie moͤgen glauben, es giebt in der Natur keine Verzerrungen, und Niemand lacht daher anders, als aus Freude und Wohlgefallen, so gewiß er sich nur geruͤhrt findet, und seine Lippe sich bewegt zum sichtbaren Ausdrucke des Jnnern. Koͤnnten die Menschen nur erst begreifen, daß sie nie aus einem Worte etwas herausnehmen, was sie nicht selbst zuerst hineinlegten; so wuͤrden sie behutsamer in ihren Urtheilen seyn, und keine Voraussetzungen machen, die sich auf bloßes Hoͤrensagen, und darum auf Gewohnheit und Vorurtheil gruͤnden. Jeder hat in sich selbst seine ganze Erfahrung zu rechtfertigen, und soll ihm dies moͤglich bleiben, so muß er jede Erscheinung in allen ihren Verknuͤpfungen d. i. in ihrer wahren und nothwendigen Beziehung vor Augen behalten. Dann nur kann er frei und unbefangen urtheilen. Aber darin gerade versehen es die Menschen. Sie reißen etwas, das nicht anders wirklich ist, als nur im Zusammenhange des Ganzen, aus diesem Zusammenhange heraus, und haben nun also nichts weiter, als ihren leeren Gedanken, den sie nothwendig auch eben so leer beurtheilen. Sind aber alle Menschen sich gleich, hoͤre ich mir sagen, warum genuͤget Dir dennoch der Umgang mit einem oft unendlich mehr, als der mit tausend andern? Man ergreift mich auf der That, und ohne Zweifel ist dies ein Punkt, auf den ein jeder sich wohl stuͤtzet, der eine Ungleichheit unter den Menschen behaupten zu muͤssen glaubt. Jch antworte dieses: Allerdings weiß ich wohl, daß ich immer nur durch einen Menschen in Verbindung

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/187>, abgerufen am 27.11.2024.