Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.so eine zum Urtheile nothwendige Voraussetzung in und während dem Urtheile selbst wieder aufheben. Jch bin nämlich nur wirklich als Mensch unter Menschen, und was ich als solcher bin, ist daher in meinem Wesen eines und unzertrennlich. Jetzt will ich von diesem meinen Daseyn abstrahiren, und an seine Stelle das Daseyn eines andern setzen. Aber indem ich dieses thue, thue ich schon jenes wieder nicht, denn sonst könnte ich nicht sagen, daß der angenommene andere mir vor oder nach, und mehr oder weniger als ich sey. Jch thue es aber darum nicht, weil eben dies Abstrahiren von meinem eigenen Daseyn gerade jetzt eine Bestimmung meines Daseyns ist, und folglich selbst mit zu meiner Wirklichkeit gehört. Demnach hebt mich keine Handlung aus dieser meiner Sphäre, welches auch nothwendig ist, wenn sie das ganze wirkliche Daseyn des Menschen unter Menschen begreifen soll. Unser Urtheil von einer wirklichen Ungleichheit unter den Menschen ist selbst indessen wirklich, und soll es eine Täuschung seyn, so müssen wir wenigstens fragen, wie dieselbe überhaupt auch nur möglich sey, wenn die Gleichheit unter den Menschen nothwendig ist. Darauf ist folgendes zu antworten. Einmal würde die Behauptung von einer Ungleichheit unter den Menschen allerdings unmöglich seyn, wenn ihr das Urtheil von einer nothwendigen Gleichheit nicht zum Grunde läge. Denn ohne diesen Maßstab könnten wir gar nicht bestimmen, worin die Ungleichheit bestehe. Zeigen wir also diese, so zeigen so eine zum Urtheile nothwendige Voraussetzung in und waͤhrend dem Urtheile selbst wieder aufheben. Jch bin naͤmlich nur wirklich als Mensch unter Menschen, und was ich als solcher bin, ist daher in meinem Wesen eines und unzertrennlich. Jetzt will ich von diesem meinen Daseyn abstrahiren, und an seine Stelle das Daseyn eines andern setzen. Aber indem ich dieses thue, thue ich schon jenes wieder nicht, denn sonst koͤnnte ich nicht sagen, daß der angenommene andere mir vor oder nach, und mehr oder weniger als ich sey. Jch thue es aber darum nicht, weil eben dies Abstrahiren von meinem eigenen Daseyn gerade jetzt eine Bestimmung meines Daseyns ist, und folglich selbst mit zu meiner Wirklichkeit gehoͤrt. Demnach hebt mich keine Handlung aus dieser meiner Sphaͤre, welches auch nothwendig ist, wenn sie das ganze wirkliche Daseyn des Menschen unter Menschen begreifen soll. Unser Urtheil von einer wirklichen Ungleichheit unter den Menschen ist selbst indessen wirklich, und soll es eine Taͤuschung seyn, so muͤssen wir wenigstens fragen, wie dieselbe uͤberhaupt auch nur moͤglich sey, wenn die Gleichheit unter den Menschen nothwendig ist. Darauf ist folgendes zu antworten. Einmal wuͤrde die Behauptung von einer Ungleichheit unter den Menschen allerdings unmoͤglich seyn, wenn ihr das Urtheil von einer nothwendigen Gleichheit nicht zum Grunde laͤge. Denn ohne diesen Maßstab koͤnnten wir gar nicht bestimmen, worin die Ungleichheit bestehe. Zeigen wir also diese, so zeigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0176" n="168"/> so eine zum Urtheile nothwendige Voraussetzung in und waͤhrend dem Urtheile selbst wieder aufheben.</p><lb/> <p>Jch bin naͤmlich nur <hi rendition="#g">wirklich</hi> als Mensch unter Menschen, und <hi rendition="#g">was</hi> ich als solcher bin, ist daher in meinem Wesen eines und unzertrennlich. Jetzt will ich von diesem meinen Daseyn abstrahiren, und an seine Stelle das Daseyn eines andern setzen. Aber indem ich dieses thue, thue ich schon jenes wieder nicht, denn sonst koͤnnte ich nicht sagen, daß der angenommene andere <hi rendition="#g">mir</hi> vor oder nach, und mehr oder weniger als <hi rendition="#g">ich</hi> sey. Jch thue es aber darum nicht, weil eben dies Abstrahiren von meinem eigenen Daseyn gerade jetzt eine Bestimmung meines Daseyns ist, und folglich selbst mit zu meiner Wirklichkeit gehoͤrt. Demnach hebt mich keine Handlung aus dieser meiner Sphaͤre, welches auch nothwendig ist, wenn sie das ganze wirkliche Daseyn des Menschen unter Menschen begreifen soll.</p><lb/> <p>Unser Urtheil von einer wirklichen Ungleichheit unter den Menschen ist selbst indessen wirklich, und soll es eine Taͤuschung seyn, so muͤssen wir wenigstens fragen, wie dieselbe uͤberhaupt auch nur moͤglich sey, wenn die Gleichheit unter den Menschen nothwendig ist. Darauf ist folgendes zu antworten.</p><lb/> <p>Einmal wuͤrde die Behauptung von einer Ungleichheit unter den Menschen allerdings unmoͤglich seyn, wenn ihr das Urtheil von einer nothwendigen Gleichheit nicht zum Grunde laͤge. Denn ohne diesen Maßstab koͤnnten wir gar nicht bestimmen, worin die Ungleichheit bestehe. Zeigen wir also diese, so zeigen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0176]
so eine zum Urtheile nothwendige Voraussetzung in und waͤhrend dem Urtheile selbst wieder aufheben.
Jch bin naͤmlich nur wirklich als Mensch unter Menschen, und was ich als solcher bin, ist daher in meinem Wesen eines und unzertrennlich. Jetzt will ich von diesem meinen Daseyn abstrahiren, und an seine Stelle das Daseyn eines andern setzen. Aber indem ich dieses thue, thue ich schon jenes wieder nicht, denn sonst koͤnnte ich nicht sagen, daß der angenommene andere mir vor oder nach, und mehr oder weniger als ich sey. Jch thue es aber darum nicht, weil eben dies Abstrahiren von meinem eigenen Daseyn gerade jetzt eine Bestimmung meines Daseyns ist, und folglich selbst mit zu meiner Wirklichkeit gehoͤrt. Demnach hebt mich keine Handlung aus dieser meiner Sphaͤre, welches auch nothwendig ist, wenn sie das ganze wirkliche Daseyn des Menschen unter Menschen begreifen soll.
Unser Urtheil von einer wirklichen Ungleichheit unter den Menschen ist selbst indessen wirklich, und soll es eine Taͤuschung seyn, so muͤssen wir wenigstens fragen, wie dieselbe uͤberhaupt auch nur moͤglich sey, wenn die Gleichheit unter den Menschen nothwendig ist. Darauf ist folgendes zu antworten.
Einmal wuͤrde die Behauptung von einer Ungleichheit unter den Menschen allerdings unmoͤglich seyn, wenn ihr das Urtheil von einer nothwendigen Gleichheit nicht zum Grunde laͤge. Denn ohne diesen Maßstab koͤnnten wir gar nicht bestimmen, worin die Ungleichheit bestehe. Zeigen wir also diese, so zeigen
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