Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.konnten Sie in dieser poetischen Gallerie die holde Magdalena auslassen? Waller. Jch habe sie nicht vergessen, allein ich wollte sie nicht grade zu in jene heilige Reihe stellen. Bemerkten Sie doch selbst vorher, daß man über diesen Gegenstand so leicht frivol wird. Jn unbewahrter Jugend frischer Blüthe Riß Magdalenen ihre Schönheit hin; Den edlen Geist berückt ein weicher Sinn, Daß sie in ungeweihten Flammen glühte. Sie hört den Heiland, und die ernste Güte, Die aus ihm spricht, wird ihres Heils Beginn. Zu seinen Füßen sinkt die Sünderinn, Mit tief zerrißnem schmachtenden Gemüthe. Entblößt vom Schmucke liebt sie nun, allein, Den Arm gelehnt an blaß geweinte Wangen, Betrachtungen der Buße nachzuhangen. Ja, fromme Huldin! flieh in Wüsteneyn, Verbirg der Welt den Anblick Deiner Schmerzen: Denn sonst bethört noch Deine Reu die Herzen. Louise. Bis zur letzten Zeile haben Sie sich streng' gehalten, und wer weiß, wenn das Sonett nicht einen Schluß hätte haben müssen, Sie wären ohne alle Weltlichkeit durchgeschlüpft. Was aber die übrigen Stücke betrifft, warnen Sie nur wieder vor konnten Sie in dieser poetischen Gallerie die holde Magdalena auslassen? Waller. Jch habe sie nicht vergessen, allein ich wollte sie nicht grade zu in jene heilige Reihe stellen. Bemerkten Sie doch selbst vorher, daß man uͤber diesen Gegenstand so leicht frivol wird. Jn unbewahrter Jugend frischer Bluͤthe Riß Magdalenen ihre Schoͤnheit hin; Den edlen Geist beruͤckt ein weicher Sinn, Daß sie in ungeweihten Flammen gluͤhte. Sie hoͤrt den Heiland, und die ernste Guͤte, Die aus ihm spricht, wird ihres Heils Beginn. Zu seinen Fuͤßen sinkt die Suͤnderinn, Mit tief zerrißnem schmachtenden Gemuͤthe. Entbloͤßt vom Schmucke liebt sie nun, allein, Den Arm gelehnt an blaß geweinte Wangen, Betrachtungen der Buße nachzuhangen. Ja, fromme Huldin! flieh in Wuͤsteneyn, Verbirg der Welt den Anblick Deiner Schmerzen: Denn sonst bethoͤrt noch Deine Reu die Herzen. Louise. Bis zur letzten Zeile haben Sie sich streng' gehalten, und wer weiß, wenn das Sonett nicht einen Schluß haͤtte haben muͤssen, Sie waͤren ohne alle Weltlichkeit durchgeschluͤpft. Was aber die uͤbrigen Stuͤcke betrifft, warnen Sie nur wieder vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0151" n="143"/> konnten Sie in dieser poetischen Gallerie die holde Magdalena auslassen?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Waller</hi>. Jch habe sie nicht vergessen, allein ich wollte sie nicht grade zu in jene heilige Reihe stellen. Bemerkten Sie doch selbst vorher, daß man uͤber diesen Gegenstand so leicht frivol wird.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Jn unbewahrter Jugend frischer Bluͤthe</l><lb/> <l>Riß Magdalenen ihre Schoͤnheit hin;</l><lb/> <l>Den edlen Geist beruͤckt ein weicher Sinn,</l><lb/> <l>Daß sie in ungeweihten Flammen gluͤhte.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sie hoͤrt den Heiland, und die ernste Guͤte,</l><lb/> <l>Die aus ihm spricht, wird ihres Heils Beginn.</l><lb/> <l>Zu seinen Fuͤßen sinkt die Suͤnderinn,</l><lb/> <l>Mit tief zerrißnem schmachtenden Gemuͤthe.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Entbloͤßt vom Schmucke liebt sie nun, allein,</l><lb/> <l>Den Arm gelehnt an blaß geweinte Wangen,</l><lb/> <l>Betrachtungen der Buße nachzuhangen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ja, fromme Huldin! flieh in Wuͤsteneyn,</l><lb/> <l>Verbirg der Welt den Anblick Deiner Schmerzen:</l><lb/> <l>Denn sonst bethoͤrt noch Deine Reu die Herzen.</l> </lg> </lg><lb/> <p><hi rendition="#g">Louise</hi>. Bis zur letzten Zeile haben Sie sich streng' gehalten, und wer weiß, wenn das Sonett nicht einen Schluß haͤtte haben muͤssen, Sie waͤren ohne alle Weltlichkeit durchgeschluͤpft. Was aber die uͤbrigen Stuͤcke betrifft, warnen Sie nur wieder vor </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0151]
konnten Sie in dieser poetischen Gallerie die holde Magdalena auslassen?
Waller. Jch habe sie nicht vergessen, allein ich wollte sie nicht grade zu in jene heilige Reihe stellen. Bemerkten Sie doch selbst vorher, daß man uͤber diesen Gegenstand so leicht frivol wird.
Jn unbewahrter Jugend frischer Bluͤthe
Riß Magdalenen ihre Schoͤnheit hin;
Den edlen Geist beruͤckt ein weicher Sinn,
Daß sie in ungeweihten Flammen gluͤhte.
Sie hoͤrt den Heiland, und die ernste Guͤte,
Die aus ihm spricht, wird ihres Heils Beginn.
Zu seinen Fuͤßen sinkt die Suͤnderinn,
Mit tief zerrißnem schmachtenden Gemuͤthe.
Entbloͤßt vom Schmucke liebt sie nun, allein,
Den Arm gelehnt an blaß geweinte Wangen,
Betrachtungen der Buße nachzuhangen.
Ja, fromme Huldin! flieh in Wuͤsteneyn,
Verbirg der Welt den Anblick Deiner Schmerzen:
Denn sonst bethoͤrt noch Deine Reu die Herzen.
Louise. Bis zur letzten Zeile haben Sie sich streng' gehalten, und wer weiß, wenn das Sonett nicht einen Schluß haͤtte haben muͤssen, Sie waͤren ohne alle Weltlichkeit durchgeschluͤpft. Was aber die uͤbrigen Stuͤcke betrifft, warnen Sie nur wieder vor
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/151>, abgerufen am 16.02.2025. |