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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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Louise. Von diesem unbedeutenden Jugendwerke? Lassen wir die auf ihrem Sopha sitzen und ihre ewig lange Rolle durchlesen oder wenigstens mit zierlichen Fingern halten. Sie ist eben so wenig hingerissen, aber nicht so naiv als ein Jtaliänisches Mädchen, von dem man mir erzählt hat, die in einer geistlichen Komödie, welche geringe Leute unter sich aufführten, die Rolle der Magdalena spielte. Sie kommt gerührt aus der Predigt des Heilandes, legt ihren Schmuck ab, nimmt ihren Spiegel zur Hand, und stößt tausend Verwünschungen gegen ihn aus. Als diese zu Ende sind, legt sie ihn wieder sorgfältig auf einen Stuhl. Es entsteht ein allgemeines Gelächter, sie läßt sich nicht aus der Fassung bringen, und sagt gegen das Parterre: "Jch weiß wohl, meine Herren, daß es in der Geschichte anders ist; sie muß den Spiegel an die Erde werfen, aber wir haben ihn von der Marchesa da drüben in dem großen Hause geliehen, ich durfte ihn also nicht zerbrechen."

Waller. Jch erwähnte die Magdalena von Mengs wirklich nur zum Scherze, und ihrer vielen blonden Haare wegen. Weswegen müssen nur alle Magdalenen blond seyn? Jst es wahr, was ein Englischer Dichter sagt:

Bereuen ist die Tugend schwacher Seelen, so ist das ja recht schmählig für die Blondinen.

Louise. Eine schöne unchristliche Sentenz! Als ob nicht Fallen und Vergebung erlangen der ganze Sinn des liebevollsten Glaubens wäre, der je der menschlichen Schwäche entgegen kam. Magdalena

Louise. Von diesem unbedeutenden Jugendwerke? Lassen wir die auf ihrem Sopha sitzen und ihre ewig lange Rolle durchlesen oder wenigstens mit zierlichen Fingern halten. Sie ist eben so wenig hingerissen, aber nicht so naiv als ein Jtaliaͤnisches Maͤdchen, von dem man mir erzaͤhlt hat, die in einer geistlichen Komoͤdie, welche geringe Leute unter sich auffuͤhrten, die Rolle der Magdalena spielte. Sie kommt geruͤhrt aus der Predigt des Heilandes, legt ihren Schmuck ab, nimmt ihren Spiegel zur Hand, und stoͤßt tausend Verwuͤnschungen gegen ihn aus. Als diese zu Ende sind, legt sie ihn wieder sorgfaͤltig auf einen Stuhl. Es entsteht ein allgemeines Gelaͤchter, sie laͤßt sich nicht aus der Fassung bringen, und sagt gegen das Parterre: “Jch weiß wohl, meine Herren, daß es in der Geschichte anders ist; sie muß den Spiegel an die Erde werfen, aber wir haben ihn von der Marchesa da druͤben in dem großen Hause geliehen, ich durfte ihn also nicht zerbrechen.”

Waller. Jch erwaͤhnte die Magdalena von Mengs wirklich nur zum Scherze, und ihrer vielen blonden Haare wegen. Weswegen muͤssen nur alle Magdalenen blond seyn? Jst es wahr, was ein Englischer Dichter sagt:

Bereuen ist die Tugend schwacher Seelen, so ist das ja recht schmaͤhlig fuͤr die Blondinen.

Louise. Eine schoͤne unchristliche Sentenz! Als ob nicht Fallen und Vergebung erlangen der ganze Sinn des liebevollsten Glaubens waͤre, der je der menschlichen Schwaͤche entgegen kam. Magdalena

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[96/0104] Louise. Von diesem unbedeutenden Jugendwerke? Lassen wir die auf ihrem Sopha sitzen und ihre ewig lange Rolle durchlesen oder wenigstens mit zierlichen Fingern halten. Sie ist eben so wenig hingerissen, aber nicht so naiv als ein Jtaliaͤnisches Maͤdchen, von dem man mir erzaͤhlt hat, die in einer geistlichen Komoͤdie, welche geringe Leute unter sich auffuͤhrten, die Rolle der Magdalena spielte. Sie kommt geruͤhrt aus der Predigt des Heilandes, legt ihren Schmuck ab, nimmt ihren Spiegel zur Hand, und stoͤßt tausend Verwuͤnschungen gegen ihn aus. Als diese zu Ende sind, legt sie ihn wieder sorgfaͤltig auf einen Stuhl. Es entsteht ein allgemeines Gelaͤchter, sie laͤßt sich nicht aus der Fassung bringen, und sagt gegen das Parterre: “Jch weiß wohl, meine Herren, daß es in der Geschichte anders ist; sie muß den Spiegel an die Erde werfen, aber wir haben ihn von der Marchesa da druͤben in dem großen Hause geliehen, ich durfte ihn also nicht zerbrechen.” Waller. Jch erwaͤhnte die Magdalena von Mengs wirklich nur zum Scherze, und ihrer vielen blonden Haare wegen. Weswegen muͤssen nur alle Magdalenen blond seyn? Jst es wahr, was ein Englischer Dichter sagt: Bereuen ist die Tugend schwacher Seelen, so ist das ja recht schmaͤhlig fuͤr die Blondinen. Louise. Eine schoͤne unchristliche Sentenz! Als ob nicht Fallen und Vergebung erlangen der ganze Sinn des liebevollsten Glaubens waͤre, der je der menschlichen Schwaͤche entgegen kam. Magdalena

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/104>, abgerufen am 23.11.2024.