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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Turnus schüttelt sein Haupt: nicht deine flammenden

Worte

Schrecken, wütender, mich, mich schrecken die Götter

und der mir

Zürnet, Jupiter!

Warum nicht.

Jener schüttelnd das Haupt: Nicht deine brausenden

Worte

Schrecken mich, Wilder, mich schrecken die Götter und

Jupiters Zürnen.

Du siehst, die einzelnen Fälle beweisen weder für noch wider die größere Kürze einer Sprache; es mischt sich da zu viel Zufälliges hinein. Man muß auf ihren Bau zurückgehn.

Deutscher. "Gut, die meinige hat kürzere Worte."

Engländer. Wenn es darauf ankommt, so nehmt es einmal mit mir auf.

Römer. Soll die Sprachkürze dichterischen Werth haben, so muß sie der Schönheit nicht Eintrag thun. Das thut aber die Einsylbigkeit. Zur Würde gehört ein gewisser Umfang der Worte. Die Schönheit liebt tönende und durch den Wohlklang beflügelte Vielsylbigkeit. Alles beruht darauf, daß eine Sprache die Theile der Gedanken in große Massen zusammenfasse, und daß sie kühn auslassen dürfe.

Deutscher. Dieß hat Klopstock selbst dadurch angedeutet, daß er die Vereinung mit Harmosis und dann mit Ellipsis den Wettstreit der Kürze halten läßt.

Turnus schuͤttelt sein Haupt: nicht deine flammenden

Worte

Schrecken, wuͤtender, mich, mich schrecken die Goͤtter

und der mir

Zuͤrnet, Jupiter!

Warum nicht.

Jener schuͤttelnd das Haupt: Nicht deine brausenden

Worte

Schrecken mich, Wilder, mich schrecken die Goͤtter und

Jupiters Zuͤrnen.

Du siehst, die einzelnen Faͤlle beweisen weder fuͤr noch wider die groͤßere Kuͤrze einer Sprache; es mischt sich da zu viel Zufaͤlliges hinein. Man muß auf ihren Bau zuruͤckgehn.

Deutscher. „Gut, die meinige hat kuͤrzere Worte.“

Englaͤnder. Wenn es darauf ankommt, so nehmt es einmal mit mir auf.

Roͤmer. Soll die Sprachkuͤrze dichterischen Werth haben, so muß sie der Schoͤnheit nicht Eintrag thun. Das thut aber die Einsylbigkeit. Zur Wuͤrde gehoͤrt ein gewisser Umfang der Worte. Die Schoͤnheit liebt toͤnende und durch den Wohlklang befluͤgelte Vielsylbigkeit. Alles beruht darauf, daß eine Sprache die Theile der Gedanken in große Massen zusammenfasse, und daß sie kuͤhn auslassen duͤrfe.

Deutscher. Dieß hat Klopstock selbst dadurch angedeutet, daß er die Vereinung mit Harmosis und dann mit Ellipsis den Wettstreit der Kuͤrze halten laͤßt.

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[55/0066] Turnus schuͤttelt sein Haupt: nicht deine flammenden Worte Schrecken, wuͤtender, mich, mich schrecken die Goͤtter und der mir Zuͤrnet, Jupiter! Warum nicht. Jener schuͤttelnd das Haupt: Nicht deine brausenden Worte Schrecken mich, Wilder, mich schrecken die Goͤtter und Jupiters Zuͤrnen. Du siehst, die einzelnen Faͤlle beweisen weder fuͤr noch wider die groͤßere Kuͤrze einer Sprache; es mischt sich da zu viel Zufaͤlliges hinein. Man muß auf ihren Bau zuruͤckgehn. Deutscher. „Gut, die meinige hat kuͤrzere Worte.“ Englaͤnder. Wenn es darauf ankommt, so nehmt es einmal mit mir auf. Roͤmer. Soll die Sprachkuͤrze dichterischen Werth haben, so muß sie der Schoͤnheit nicht Eintrag thun. Das thut aber die Einsylbigkeit. Zur Wuͤrde gehoͤrt ein gewisser Umfang der Worte. Die Schoͤnheit liebt toͤnende und durch den Wohlklang befluͤgelte Vielsylbigkeit. Alles beruht darauf, daß eine Sprache die Theile der Gedanken in große Massen zusammenfasse, und daß sie kuͤhn auslassen duͤrfe. Deutscher. Dieß hat Klopstock selbst dadurch angedeutet, daß er die Vereinung mit Harmosis und dann mit Ellipsis den Wettstreit der Kuͤrze halten laͤßt.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/66>, abgerufen am 22.11.2024.