Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

seyn; sie bedarf also niemals das übelklingende. Glaubst du, die Stärke beruhe mehr auf der Stimme oder auf dem Geräusch? Bey den gehäuften Schlußkonsonanten hört man nur das letzte.

Franzose. Die Stärke einer Sprache in die Häufung und Rauhigkeit der Konsonanten zu setzen, kommt mir so vor als glaubte man, die Tapferkeit der alten Ritter hätte in ihrer rasselnden Rüstung gesteckt.

Jtaliäner. Wenn der Klang Mitausdruck ist so hat sich eure Sprach, so heißt es ja noch jetzt in einigen Mundarten, durch diese Benennung drollig genug charakterisirt. Sp ist die Bezeichnung des Bestandes, der Festigkeit, der ruhenden Kraft; Str des angestrengten; Spr der plötzlichlosbrechenden, wie in Springen, Sprützen, Spreizen; alsdann kommt der gedehnte breite Vokal, und endlich ein rauher Hauch. Klopstock leitet es ja auch selbst von brechen durch das verstärkende S ab.

Franzose. So daß es also ein wahres Losbrechen wäre.

Deutscher. Eine so weichliche Sprache wie deine, Jtaliäner, darf gegen unsre männliche gar nicht den Mund öffnen.

Grieche. Gut, daß du des Weichlichen erwähnst: dieser Punkt blieb mir noch übrig. Die zusammentreffenden Diphthongen sollen bey mir Rauhigkeit, die Vokale in gleichem Falle Weichheit hervorbringen. Wie stimmt dieß zusammen; wenn es nicht vor allem auf die Beschaffenheit der sich folgenden Vokale ankommt,

seyn; sie bedarf also niemals das uͤbelklingende. Glaubst du, die Staͤrke beruhe mehr auf der Stimme oder auf dem Geraͤusch? Bey den gehaͤuften Schlußkonsonanten hoͤrt man nur das letzte.

Franzose. Die Staͤrke einer Sprache in die Haͤufung und Rauhigkeit der Konsonanten zu setzen, kommt mir so vor als glaubte man, die Tapferkeit der alten Ritter haͤtte in ihrer rasselnden Ruͤstung gesteckt.

Jtaliaͤner. Wenn der Klang Mitausdruck ist so hat sich eure Sprach, so heißt es ja noch jetzt in einigen Mundarten, durch diese Benennung drollig genug charakterisirt. Sp ist die Bezeichnung des Bestandes, der Festigkeit, der ruhenden Kraft; Str des angestrengten; Spr der ploͤtzlichlosbrechenden, wie in Springen, Spruͤtzen, Spreizen; alsdann kommt der gedehnte breite Vokal, und endlich ein rauher Hauch. Klopstock leitet es ja auch selbst von brechen durch das verstaͤrkende S ab.

Franzose. So daß es also ein wahres Losbrechen waͤre.

Deutscher. Eine so weichliche Sprache wie deine, Jtaliaͤner, darf gegen unsre maͤnnliche gar nicht den Mund oͤffnen.

Grieche. Gut, daß du des Weichlichen erwaͤhnst: dieser Punkt blieb mir noch uͤbrig. Die zusammentreffenden Diphthongen sollen bey mir Rauhigkeit, die Vokale in gleichem Falle Weichheit hervorbringen. Wie stimmt dieß zusammen; wenn es nicht vor allem auf die Beschaffenheit der sich folgenden Vokale ankommt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0039" n="28"/>
seyn; sie bedarf also niemals das u&#x0364;belklingende. Glaubst du, die Sta&#x0364;rke beruhe mehr auf der Stimme oder auf dem Gera&#x0364;usch? Bey den geha&#x0364;uften Schlußkonsonanten ho&#x0364;rt man nur das letzte.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Franzose.</hi> Die Sta&#x0364;rke einer Sprache in die Ha&#x0364;ufung und Rauhigkeit der Konsonanten zu setzen, kommt mir so vor als glaubte man, die Tapferkeit der alten Ritter ha&#x0364;tte in ihrer rasselnden Ru&#x0364;stung gesteckt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jtalia&#x0364;ner.</hi> Wenn der Klang Mitausdruck ist so hat sich eure Sprach, so heißt es ja noch jetzt in einigen Mundarten, durch diese Benennung drollig genug charakterisirt. <hi rendition="#g">Sp</hi> ist die Bezeichnung des Bestandes, der Festigkeit, der ruhenden Kraft; <hi rendition="#g">Str</hi> des angestrengten; <hi rendition="#g">Spr</hi> der plo&#x0364;tzlichlosbrechenden, wie in <hi rendition="#g">Springen, Spru&#x0364;tzen, Spreizen;</hi> alsdann kommt der gedehnte breite Vokal, und endlich ein rauher Hauch. Klopstock leitet es ja auch selbst von brechen durch das versta&#x0364;rkende S ab.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Franzose.</hi> So daß es also ein wahres Losbrechen wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Eine so weichliche Sprache wie deine, Jtalia&#x0364;ner, darf gegen unsre ma&#x0364;nnliche gar nicht den Mund o&#x0364;ffnen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Grieche.</hi> Gut, daß du des Weichlichen erwa&#x0364;hnst: dieser Punkt blieb mir noch u&#x0364;brig. Die zusammentreffenden Diphthongen sollen bey mir Rauhigkeit, die Vokale in gleichem Falle Weichheit hervorbringen. Wie stimmt dieß zusammen; wenn es nicht vor allem auf die Beschaffenheit der sich folgenden Vokale ankommt,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0039] seyn; sie bedarf also niemals das uͤbelklingende. Glaubst du, die Staͤrke beruhe mehr auf der Stimme oder auf dem Geraͤusch? Bey den gehaͤuften Schlußkonsonanten hoͤrt man nur das letzte. Franzose. Die Staͤrke einer Sprache in die Haͤufung und Rauhigkeit der Konsonanten zu setzen, kommt mir so vor als glaubte man, die Tapferkeit der alten Ritter haͤtte in ihrer rasselnden Ruͤstung gesteckt. Jtaliaͤner. Wenn der Klang Mitausdruck ist so hat sich eure Sprach, so heißt es ja noch jetzt in einigen Mundarten, durch diese Benennung drollig genug charakterisirt. Sp ist die Bezeichnung des Bestandes, der Festigkeit, der ruhenden Kraft; Str des angestrengten; Spr der ploͤtzlichlosbrechenden, wie in Springen, Spruͤtzen, Spreizen; alsdann kommt der gedehnte breite Vokal, und endlich ein rauher Hauch. Klopstock leitet es ja auch selbst von brechen durch das verstaͤrkende S ab. Franzose. So daß es also ein wahres Losbrechen waͤre. Deutscher. Eine so weichliche Sprache wie deine, Jtaliaͤner, darf gegen unsre maͤnnliche gar nicht den Mund oͤffnen. Grieche. Gut, daß du des Weichlichen erwaͤhnst: dieser Punkt blieb mir noch uͤbrig. Die zusammentreffenden Diphthongen sollen bey mir Rauhigkeit, die Vokale in gleichem Falle Weichheit hervorbringen. Wie stimmt dieß zusammen; wenn es nicht vor allem auf die Beschaffenheit der sich folgenden Vokale ankommt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/39
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/39>, abgerufen am 21.11.2024.