Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.zerstört, die Konsonanten behält, und kaum nothdürftig Vokale übrig läßt. Deutscher. O weh! das sind wir. Grieche. Die Poesie, Deutscher, hat auch hier bewährt, daß ihr Wesen Wahrheit ist. Sie hat, ohne es zu wollen, meine Sache geführt, und ich kann mich nun kurz fassen. Klopstock hat behauptet, der Klang des Griechischen arte nicht selten durch gehäufte Diphthongen und übelvereinte Konsonanten in Rauhigkeit, auf der andern Seite durch allzuviele Vokale in Weichheit aus. Deutscher. Richtig, und jenes habe unsre Sprache mit eurer gemein, von der letzten schlimmeren Ausartung sey sie frey. Grieche. Von den Diphthongen habe ich schon genug gesagt. Die harten Zusammenstellungen der Konsonanten, die mir Klopstock vorwirft, stehn zu Anfange der Sylben, wo sie sehr leidlich sind, weil das Ohr bey dem darauf folgenden Vokale wieder ausruht. Deutscher. Dieß mildert nur, aber es hebt nicht auf. Grieche. Überdieß sind sie gar nicht häufig. Jene Milderung gilt auch von den in der Mitte zweyer Sylben zusammentreffenden Konsonanten: der vorangehende und der folgende theilen sich in sie. Und was sind sie gegen die bey euch vorkommenden? Finde doch im Griechischen Wörter wie Gesichtskreis. Deutscher. Jhr endigt auch oft das Wort mit mehren Konsonanten. zerstoͤrt, die Konsonanten behaͤlt, und kaum nothduͤrftig Vokale uͤbrig laͤßt. Deutscher. O weh! das sind wir. Grieche. Die Poesie, Deutscher, hat auch hier bewaͤhrt, daß ihr Wesen Wahrheit ist. Sie hat, ohne es zu wollen, meine Sache gefuͤhrt, und ich kann mich nun kurz fassen. Klopstock hat behauptet, der Klang des Griechischen arte nicht selten durch gehaͤufte Diphthongen und uͤbelvereinte Konsonanten in Rauhigkeit, auf der andern Seite durch allzuviele Vokale in Weichheit aus. Deutscher. Richtig, und jenes habe unsre Sprache mit eurer gemein, von der letzten schlimmeren Ausartung sey sie frey. Grieche. Von den Diphthongen habe ich schon genug gesagt. Die harten Zusammenstellungen der Konsonanten, die mir Klopstock vorwirft, stehn zu Anfange der Sylben, wo sie sehr leidlich sind, weil das Ohr bey dem darauf folgenden Vokale wieder ausruht. Deutscher. Dieß mildert nur, aber es hebt nicht auf. Grieche. Überdieß sind sie gar nicht haͤufig. Jene Milderung gilt auch von den in der Mitte zweyer Sylben zusammentreffenden Konsonanten: der vorangehende und der folgende theilen sich in sie. Und was sind sie gegen die bey euch vorkommenden? Finde doch im Griechischen Woͤrter wie Gesichtskreis. Deutscher. Jhr endigt auch oft das Wort mit mehren Konsonanten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0036" n="25"/> zerstoͤrt, die Konsonanten behaͤlt, und kaum nothduͤrftig Vokale uͤbrig laͤßt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> O weh! das sind wir.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grieche.</hi> Die Poesie, Deutscher, hat auch hier bewaͤhrt, daß ihr Wesen Wahrheit ist. Sie hat, ohne es zu wollen, meine Sache gefuͤhrt, und ich kann mich nun kurz fassen. Klopstock hat behauptet, der Klang des Griechischen arte nicht selten durch gehaͤufte Diphthongen und uͤbelvereinte Konsonanten in Rauhigkeit, auf der andern Seite durch allzuviele Vokale in Weichheit aus.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Richtig, und jenes habe unsre Sprache mit eurer gemein, von der letzten schlimmeren Ausartung sey sie frey.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grieche.</hi> Von den Diphthongen habe ich schon genug gesagt. Die harten Zusammenstellungen der Konsonanten, die mir Klopstock vorwirft, stehn zu Anfange der Sylben, wo sie sehr leidlich sind, weil das Ohr bey dem darauf folgenden Vokale wieder ausruht.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Dieß mildert nur, aber es hebt nicht auf.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grieche.</hi> Überdieß sind sie gar nicht haͤufig. Jene Milderung gilt auch von den in der Mitte zweyer Sylben zusammentreffenden Konsonanten: der vorangehende und der folgende theilen sich in sie. Und was sind sie gegen die bey euch vorkommenden? Finde doch im Griechischen Woͤrter wie <hi rendition="#g">Gesichtskreis.</hi></p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Jhr endigt auch oft das Wort mit mehren Konsonanten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0036]
zerstoͤrt, die Konsonanten behaͤlt, und kaum nothduͤrftig Vokale uͤbrig laͤßt.
Deutscher. O weh! das sind wir.
Grieche. Die Poesie, Deutscher, hat auch hier bewaͤhrt, daß ihr Wesen Wahrheit ist. Sie hat, ohne es zu wollen, meine Sache gefuͤhrt, und ich kann mich nun kurz fassen. Klopstock hat behauptet, der Klang des Griechischen arte nicht selten durch gehaͤufte Diphthongen und uͤbelvereinte Konsonanten in Rauhigkeit, auf der andern Seite durch allzuviele Vokale in Weichheit aus.
Deutscher. Richtig, und jenes habe unsre Sprache mit eurer gemein, von der letzten schlimmeren Ausartung sey sie frey.
Grieche. Von den Diphthongen habe ich schon genug gesagt. Die harten Zusammenstellungen der Konsonanten, die mir Klopstock vorwirft, stehn zu Anfange der Sylben, wo sie sehr leidlich sind, weil das Ohr bey dem darauf folgenden Vokale wieder ausruht.
Deutscher. Dieß mildert nur, aber es hebt nicht auf.
Grieche. Überdieß sind sie gar nicht haͤufig. Jene Milderung gilt auch von den in der Mitte zweyer Sylben zusammentreffenden Konsonanten: der vorangehende und der folgende theilen sich in sie. Und was sind sie gegen die bey euch vorkommenden? Finde doch im Griechischen Woͤrter wie Gesichtskreis.
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/36>, abgerufen am 16.02.2025. |