Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.ihres Eigenthümers hinreichend zu legitimiren, so lange sie bloß nach Außen gerichtet ist. Nur wenn sie auch auf das Jnnere angewandt wäre, wenn eine Philosophie ihren Geist selbst kritisirte, und ihren Buchstaben auf dem Schleifstein und mit der Feile der Polemik selbst bildete, könnte sie zu logischer Correctheit führen. Es giebt noch gar keinen Skeptizismus, der den Nahmen verdient. Ein solcher müßte mit der Behauptung und Forderung unendlich vieler Widersprüche anfangen und endigen. Daß Konsequenz in ihm vollkommne Selbstvernichtung nach sich ziehen würde, ist nichts Karakteristisches. Das hat diese logische Krankheit mit aller Unphilosophie gemein. Respekt vor der Mathematik, und Appelliren an den gesunden Menschenverstand sind die diagnostischen Zeichen des halben unächten Skeptizismus. Um jemand zu verstehn, der sich selbst nur halb versteht, muß man ihn erst ganz und besser als er selbst, dann aber auch nur halb und grade so gut wie er selbst verstehn. Bey der Frage von der Möglichkeit, die alten Dichter zu übersetzen, kömmts eigentlich darauf an, ob das treu aber in das reinste Deutsch übersetzte nicht etwa immer noch griechisch sey. Nach dem Eindruck auf die Layen, welche am meisten Sinn und Geist haben, zu urtheilen, sollte man das vermuthen. ihres Eigenthuͤmers hinreichend zu legitimiren, so lange sie bloß nach Außen gerichtet ist. Nur wenn sie auch auf das Jnnere angewandt waͤre, wenn eine Philosophie ihren Geist selbst kritisirte, und ihren Buchstaben auf dem Schleifstein und mit der Feile der Polemik selbst bildete, koͤnnte sie zu logischer Correctheit fuͤhren. Es giebt noch gar keinen Skeptizismus, der den Nahmen verdient. Ein solcher muͤßte mit der Behauptung und Forderung unendlich vieler Widerspruͤche anfangen und endigen. Daß Konsequenz in ihm vollkommne Selbstvernichtung nach sich ziehen wuͤrde, ist nichts Karakteristisches. Das hat diese logische Krankheit mit aller Unphilosophie gemein. Respekt vor der Mathematik, und Appelliren an den gesunden Menschenverstand sind die diagnostischen Zeichen des halben unaͤchten Skeptizismus. Um jemand zu verstehn, der sich selbst nur halb versteht, muß man ihn erst ganz und besser als er selbst, dann aber auch nur halb und grade so gut wie er selbst verstehn. Bey der Frage von der Moͤglichkeit, die alten Dichter zu uͤbersetzen, koͤmmts eigentlich darauf an, ob das treu aber in das reinste Deutsch uͤbersetzte nicht etwa immer noch griechisch sey. Nach dem Eindruck auf die Layen, welche am meisten Sinn und Geist haben, zu urtheilen, sollte man das vermuthen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0312" n="123"/> ihres Eigenthuͤmers hinreichend zu legitimiren, so lange sie bloß nach Außen gerichtet ist. Nur wenn sie auch auf das Jnnere angewandt waͤre, wenn eine Philosophie ihren Geist selbst kritisirte, und ihren Buchstaben auf dem Schleifstein und mit der Feile der Polemik selbst bildete, koͤnnte sie zu logischer Correctheit fuͤhren.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Es giebt noch gar keinen Skeptizismus, der den Nahmen verdient. Ein solcher muͤßte mit der Behauptung und Forderung unendlich vieler Widerspruͤche anfangen und endigen. Daß Konsequenz in ihm vollkommne Selbstvernichtung nach sich ziehen wuͤrde, ist nichts Karakteristisches. Das hat diese logische Krankheit mit aller Unphilosophie gemein. Respekt vor der Mathematik, und Appelliren an den gesunden Menschenverstand sind die diagnostischen Zeichen des halben unaͤchten Skeptizismus.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Um jemand zu verstehn, der sich selbst nur halb versteht, muß man ihn erst ganz und besser als er selbst, dann aber auch nur halb und grade so gut wie er selbst verstehn.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Bey der Frage von der Moͤglichkeit, die alten Dichter zu uͤbersetzen, koͤmmts eigentlich darauf an, ob das treu aber in das reinste Deutsch uͤbersetzte nicht etwa immer noch griechisch sey. Nach dem Eindruck auf die Layen, welche am meisten Sinn und Geist haben, zu urtheilen, sollte man das vermuthen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0312]
ihres Eigenthuͤmers hinreichend zu legitimiren, so lange sie bloß nach Außen gerichtet ist. Nur wenn sie auch auf das Jnnere angewandt waͤre, wenn eine Philosophie ihren Geist selbst kritisirte, und ihren Buchstaben auf dem Schleifstein und mit der Feile der Polemik selbst bildete, koͤnnte sie zu logischer Correctheit fuͤhren.
Es giebt noch gar keinen Skeptizismus, der den Nahmen verdient. Ein solcher muͤßte mit der Behauptung und Forderung unendlich vieler Widerspruͤche anfangen und endigen. Daß Konsequenz in ihm vollkommne Selbstvernichtung nach sich ziehen wuͤrde, ist nichts Karakteristisches. Das hat diese logische Krankheit mit aller Unphilosophie gemein. Respekt vor der Mathematik, und Appelliren an den gesunden Menschenverstand sind die diagnostischen Zeichen des halben unaͤchten Skeptizismus.
Um jemand zu verstehn, der sich selbst nur halb versteht, muß man ihn erst ganz und besser als er selbst, dann aber auch nur halb und grade so gut wie er selbst verstehn.
Bey der Frage von der Moͤglichkeit, die alten Dichter zu uͤbersetzen, koͤmmts eigentlich darauf an, ob das treu aber in das reinste Deutsch uͤbersetzte nicht etwa immer noch griechisch sey. Nach dem Eindruck auf die Layen, welche am meisten Sinn und Geist haben, zu urtheilen, sollte man das vermuthen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |