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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Man redet immer von der Störung, welche die Zergliederung des Kunstschönen dem Genuß des Liebhabers verursachen soll. So der rechte Liebhaber läßt sich wohl nicht stören!



Uebersichten des Ganzen, wie sie jetzt Mode sind, entstehen, wenn einer alles Einzelne übersieht, und dann summirt.



Sollte es mit der Bevölkerung nicht seyn wie mit der Wahrheit, wo das Streben, wie man sagt, mehr werth ist als die Resultate?



Nach dem verderbten Sprachgebrauche bedeutet Wahrscheinlich so viel, als Beynah wahr, oder Etwas wahr, oder was noch vielleicht einmal wahr werden kann. Das alles kann das Wort aber schon seiner Bildung nach, gar nicht bezeichnen. Was wahr scheint, braucht darum auch nicht im kleinsten Grade wahr zu seyn: aber es muß doch positiv scheinen. Das Wahrscheinliche ist der Gegenstand der Klugheit, des Vermögens unter den möglichen Folgen freyer Handlungen die wirklichen zu errathen, und etwas durchaus subjektives. Was einige Logiker so genannt und zu berechnen versucht haben, ist Möglichkeit.



Die formale Logik und die empirische Psychologie sind philosophische Grotesken. Denn das Jnteressante einer Arithmetik der vier Species oder einer

Man redet immer von der Stoͤrung, welche die Zergliederung des Kunstschoͤnen dem Genuß des Liebhabers verursachen soll. So der rechte Liebhaber laͤßt sich wohl nicht stoͤren!



Uebersichten des Ganzen, wie sie jetzt Mode sind, entstehen, wenn einer alles Einzelne uͤbersieht, und dann summirt.



Sollte es mit der Bevoͤlkerung nicht seyn wie mit der Wahrheit, wo das Streben, wie man sagt, mehr werth ist als die Resultate?



Nach dem verderbten Sprachgebrauche bedeutet Wahrscheinlich so viel, als Beynah wahr, oder Etwas wahr, oder was noch vielleicht einmal wahr werden kann. Das alles kann das Wort aber schon seiner Bildung nach, gar nicht bezeichnen. Was wahr scheint, braucht darum auch nicht im kleinsten Grade wahr zu seyn: aber es muß doch positiv scheinen. Das Wahrscheinliche ist der Gegenstand der Klugheit, des Vermoͤgens unter den moͤglichen Folgen freyer Handlungen die wirklichen zu errathen, und etwas durchaus subjektives. Was einige Logiker so genannt und zu berechnen versucht haben, ist Moͤglichkeit.



Die formale Logik und die empirische Psychologie sind philosophische Grotesken. Denn das Jnteressante einer Arithmetik der vier Species oder einer

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[19/0208] Man redet immer von der Stoͤrung, welche die Zergliederung des Kunstschoͤnen dem Genuß des Liebhabers verursachen soll. So der rechte Liebhaber laͤßt sich wohl nicht stoͤren! Uebersichten des Ganzen, wie sie jetzt Mode sind, entstehen, wenn einer alles Einzelne uͤbersieht, und dann summirt. Sollte es mit der Bevoͤlkerung nicht seyn wie mit der Wahrheit, wo das Streben, wie man sagt, mehr werth ist als die Resultate? Nach dem verderbten Sprachgebrauche bedeutet Wahrscheinlich so viel, als Beynah wahr, oder Etwas wahr, oder was noch vielleicht einmal wahr werden kann. Das alles kann das Wort aber schon seiner Bildung nach, gar nicht bezeichnen. Was wahr scheint, braucht darum auch nicht im kleinsten Grade wahr zu seyn: aber es muß doch positiv scheinen. Das Wahrscheinliche ist der Gegenstand der Klugheit, des Vermoͤgens unter den moͤglichen Folgen freyer Handlungen die wirklichen zu errathen, und etwas durchaus subjektives. Was einige Logiker so genannt und zu berechnen versucht haben, ist Moͤglichkeit. Die formale Logik und die empirische Psychologie sind philosophische Grotesken. Denn das Jnteressante einer Arithmetik der vier Species oder einer

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/208>, abgerufen am 22.11.2024.