Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.Entfaltung und Steigerung, und vor allem jene Umgestaltung, durch die, was uns schon bekannt war, nun wieder neu erscheint, sind Eigenschaften, die jedes Gleichniß, Beyspiel oder Bild besitzen muß, ohne Rücksicht auf das Einzelne und die besondre Art. Aus diesem Gesichtspunkte hat das Bruchstück des Hermestanax noch außer seiner elegischen Vortrefflichkeit eine gleichsam eigenthümlichere und selbständigere: denn an Zierlichkeit und Zartheit der poetischen Mahlerey dürfte diese Reihe kleiner Kunstwerke wohl vor allen den Kranz erhalten. Wenn die Beschreibungen der alten Tragödie reich und groß gegliedert mit architektonischer Festigkeit wie für die Ewigkeit dastehn; wenn in der Pindarischen Poesie oft eine hohe Gestalt von einfachen und allgemeinen Zügen sanft vor uns zu ruhen oder in mildem Glanz zu schweben scheint: so möchte man diese Bilder des Hermestanax an sorgloser Lebensfülle mit den erhobenen Arbeiten, an zierlicher Sorgfalt mit den geschnittnen Steinen des Alterthums vergleichen. III. Das Bad der Pallas von Kallimachos. Dieses in der Sprache und auch durch eine gewisse Vorliebe für gymnastische Bilder zum dorischen Styl sich neigende Gelegenheitsgedicht war für ein Fest von der Gattung bestimmt, in welchen eine Handlung der Gottheit vorgestellt ward, bloß wie zum Spiel ohne alle Bedeutsamkeit und Beziehung auf ihre Geheimnisse, Entfaltung und Steigerung, und vor allem jene Umgestaltung, durch die, was uns schon bekannt war, nun wieder neu erscheint, sind Eigenschaften, die jedes Gleichniß, Beyspiel oder Bild besitzen muß, ohne Ruͤcksicht auf das Einzelne und die besondre Art. Aus diesem Gesichtspunkte hat das Bruchstuͤck des Hermestanax noch außer seiner elegischen Vortrefflichkeit eine gleichsam eigenthuͤmlichere und selbstaͤndigere: denn an Zierlichkeit und Zartheit der poetischen Mahlerey duͤrfte diese Reihe kleiner Kunstwerke wohl vor allen den Kranz erhalten. Wenn die Beschreibungen der alten Tragoͤdie reich und groß gegliedert mit architektonischer Festigkeit wie fuͤr die Ewigkeit dastehn; wenn in der Pindarischen Poesie oft eine hohe Gestalt von einfachen und allgemeinen Zuͤgen sanft vor uns zu ruhen oder in mildem Glanz zu schweben scheint: so moͤchte man diese Bilder des Hermestanax an sorgloser Lebensfuͤlle mit den erhobenen Arbeiten, an zierlicher Sorgfalt mit den geschnittnen Steinen des Alterthums vergleichen. III. Das Bad der Pallas von Kallimachos. Dieses in der Sprache und auch durch eine gewisse Vorliebe fuͤr gymnastische Bilder zum dorischen Styl sich neigende Gelegenheitsgedicht war fuͤr ein Fest von der Gattung bestimmt, in welchen eine Handlung der Gottheit vorgestellt ward, bloß wie zum Spiel ohne alle Bedeutsamkeit und Beziehung auf ihre Geheimnisse, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0140" n="129"/> Entfaltung und Steigerung, und vor allem jene Umgestaltung, durch die, was uns schon bekannt war, nun wieder neu erscheint, sind Eigenschaften, die jedes Gleichniß, Beyspiel oder Bild besitzen muß, ohne Ruͤcksicht auf das Einzelne und die besondre Art. Aus diesem Gesichtspunkte hat das Bruchstuͤck des Hermestanax noch außer seiner elegischen Vortrefflichkeit eine gleichsam eigenthuͤmlichere und selbstaͤndigere: denn an Zierlichkeit und Zartheit der poetischen Mahlerey duͤrfte diese Reihe kleiner Kunstwerke wohl vor allen den Kranz erhalten. Wenn die Beschreibungen der alten Tragoͤdie reich und groß gegliedert mit architektonischer Festigkeit wie fuͤr die Ewigkeit dastehn; wenn in der Pindarischen Poesie oft eine hohe Gestalt von einfachen und allgemeinen Zuͤgen sanft vor uns zu ruhen oder in mildem Glanz zu schweben scheint: so moͤchte man diese Bilder des Hermestanax an sorgloser Lebensfuͤlle mit den erhobenen Arbeiten, an zierlicher Sorgfalt mit den geschnittnen Steinen des Alterthums vergleichen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Das Bad der Pallas von Kallimachos.</hi> </head><lb/> <p>Dieses in der Sprache und auch durch eine gewisse Vorliebe fuͤr gymnastische Bilder zum dorischen Styl sich neigende Gelegenheitsgedicht war fuͤr ein Fest von der Gattung bestimmt, in welchen eine Handlung der Gottheit vorgestellt ward, bloß wie zum Spiel ohne alle Bedeutsamkeit und Beziehung auf ihre Geheimnisse,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [129/0140]
Entfaltung und Steigerung, und vor allem jene Umgestaltung, durch die, was uns schon bekannt war, nun wieder neu erscheint, sind Eigenschaften, die jedes Gleichniß, Beyspiel oder Bild besitzen muß, ohne Ruͤcksicht auf das Einzelne und die besondre Art. Aus diesem Gesichtspunkte hat das Bruchstuͤck des Hermestanax noch außer seiner elegischen Vortrefflichkeit eine gleichsam eigenthuͤmlichere und selbstaͤndigere: denn an Zierlichkeit und Zartheit der poetischen Mahlerey duͤrfte diese Reihe kleiner Kunstwerke wohl vor allen den Kranz erhalten. Wenn die Beschreibungen der alten Tragoͤdie reich und groß gegliedert mit architektonischer Festigkeit wie fuͤr die Ewigkeit dastehn; wenn in der Pindarischen Poesie oft eine hohe Gestalt von einfachen und allgemeinen Zuͤgen sanft vor uns zu ruhen oder in mildem Glanz zu schweben scheint: so moͤchte man diese Bilder des Hermestanax an sorgloser Lebensfuͤlle mit den erhobenen Arbeiten, an zierlicher Sorgfalt mit den geschnittnen Steinen des Alterthums vergleichen.
III. Das Bad der Pallas von Kallimachos.
Dieses in der Sprache und auch durch eine gewisse Vorliebe fuͤr gymnastische Bilder zum dorischen Styl sich neigende Gelegenheitsgedicht war fuͤr ein Fest von der Gattung bestimmt, in welchen eine Handlung der Gottheit vorgestellt ward, bloß wie zum Spiel ohne alle Bedeutsamkeit und Beziehung auf ihre Geheimnisse,
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