Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.Weil er im Thrakischen Volke zuerst die männliche Liebe, 10 Hatte gelehrt, und nicht weibliches Sehnen erfüllt. Und sie hieben sein Haupt mit dem Erz ab, warfen alsbald es Jn die Thrakische See hin mit der Laute zugleich, Fest mit dem Nagel daran es heftend, daß in dem Meere Beyde zusammen genetzt schwommen von blaulicher Flut. 15 An die heilige Lesbos nun spülte sie dunkel das Meer an. Da sich der Leyer Getön über die Wellen erhob An die Jnseln und Küsten, die salzbeschäumten, begruben Männer das hell vordem tönenden Orphische Haupt; Legten die Laut' ins Grab, die klingende, welche die stummen 20 Felsen, des Phorkos *).sogar grause Gewässer besiegt. Seitdem waltet Gesang und der Saiten gefällige Kunst dort, Unter den Jnseln ist keine so liederbegabt. Als die streitbaren Thraker der Frau'n feindselige Thaten Hörten, und alle darum schrecklicher Kummer befiel: *) Phorkos, sonst Phorkyn, ein Meergott
Weil er im Thrakischen Volke zuerst die maͤnnliche Liebe, 10 Hatte gelehrt, und nicht weibliches Sehnen erfuͤllt. Und sie hieben sein Haupt mit dem Erz ab, warfen alsbald es Jn die Thrakische See hin mit der Laute zugleich, Fest mit dem Nagel daran es heftend, daß in dem Meere Beyde zusammen genetzt schwommen von blaulicher Flut. 15 An die heilige Lesbos nun spuͤlte sie dunkel das Meer an. Da sich der Leyer Getoͤn uͤber die Wellen erhob An die Jnseln und Kuͤsten, die salzbeschaͤumten, begruben Maͤnner das hell vordem toͤnenden Orphische Haupt; Legten die Laut' ins Grab, die klingende, welche die stummen 20 Felsen, des Phorkos *).sogar grause Gewaͤsser besiegt. Seitdem waltet Gesang und der Saiten gefaͤllige Kunst dort, Unter den Jnseln ist keine so liederbegabt. Als die streitbaren Thraker der Frau'n feindselige Thaten Hoͤrten, und alle darum schrecklicher Kummer befiel: *) Phorkos, sonst Phorkyn, ein Meergott
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0124" n="113"/> <l>Weil er im Thrakischen Volke zuerst die maͤnnliche Liebe,<lb/></l><lb/> <l>10 Hatte gelehrt, und nicht weibliches Sehnen erfuͤllt.<lb/></l><lb/> <l>Und sie hieben sein Haupt mit dem Erz ab, warfen alsbald es<lb/></l><lb/> <l>Jn die Thrakische See hin mit der Laute zugleich,<lb/></l><lb/> <l>Fest mit dem Nagel daran es heftend, daß in dem Meere<lb/></l><lb/> <l>Beyde zusammen genetzt schwommen von blaulicher Flut.<lb/></l><lb/> <l>15 An die heilige Lesbos nun spuͤlte sie dunkel das Meer an.<lb/></l><lb/> <l>Da sich der Leyer Getoͤn uͤber die Wellen erhob<lb/></l><lb/> <l>An die Jnseln und Kuͤsten, die salzbeschaͤumten, begruben<lb/></l><lb/> <l>Maͤnner das hell vordem toͤnenden Orphische Haupt;<lb/></l><lb/> <l>Legten die Laut' ins Grab, die klingende, welche die stummen<lb/></l><lb/> <l>20 Felsen, des Phorkos <note place="foot" n="*)"> Phorkos, sonst Phorkyn, ein Meergott</note>.sogar grause Gewaͤsser besiegt.<lb/></l><lb/> <l>Seitdem waltet Gesang und der Saiten gefaͤllige Kunst dort,<lb/></l><lb/> <l>Unter den Jnseln ist keine so liederbegabt.<lb/></l><lb/> <l>Als die streitbaren Thraker der Frau'n feindselige Thaten<lb/></l><lb/> <l>Hoͤrten, und alle darum schrecklicher Kummer befiel:<lb/></l><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0124]
Weil er im Thrakischen Volke zuerst die maͤnnliche Liebe,
10 Hatte gelehrt, und nicht weibliches Sehnen erfuͤllt.
Und sie hieben sein Haupt mit dem Erz ab, warfen alsbald es
Jn die Thrakische See hin mit der Laute zugleich,
Fest mit dem Nagel daran es heftend, daß in dem Meere
Beyde zusammen genetzt schwommen von blaulicher Flut.
15 An die heilige Lesbos nun spuͤlte sie dunkel das Meer an.
Da sich der Leyer Getoͤn uͤber die Wellen erhob
An die Jnseln und Kuͤsten, die salzbeschaͤumten, begruben
Maͤnner das hell vordem toͤnenden Orphische Haupt;
Legten die Laut' ins Grab, die klingende, welche die stummen
20 Felsen, des Phorkos *).sogar grause Gewaͤsser besiegt.
Seitdem waltet Gesang und der Saiten gefaͤllige Kunst dort,
Unter den Jnseln ist keine so liederbegabt.
Als die streitbaren Thraker der Frau'n feindselige Thaten
Hoͤrten, und alle darum schrecklicher Kummer befiel:
*) Phorkos, sonst Phorkyn, ein Meergott
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |